Skandal um Automobilclub:ADAC im Crashtest

A car is frontal-crashing during a test at the laboratory of the German motor club ADAC in Landsberg am Lech

Crash-Test beim ADAC in Landsberg am Lech: Neue Vorwürfe an den Club

(Foto: REUTERS)

Jeden Tag kommt es derzeit dicke für den ADAC. Gerade erst steht der Club wegen des Verkaufs von Varta-Autobatterien unter Druck, dann muss sich Präsident Meyer wegen eines Werbegeschäfts unangenehme Fragen gefallen lassen. Nun erheben Mitglieder neue Vorwürfe wegen der Ambulanzflüge - und auch bei der Lkw-Pannenstatistik soll getrickst worden sein.

Heute Abend stellt sich der gerade unter Dauerbeschuss stehende ADAC-Präsident Peter Meyer der Diskussionrunde von Günther Jauch. Titel: "Totalschaden ADAC - Was ist das für ein Pannenverein?". Meyer diskutiert mit Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer und Uwe Ritzer von der Süddeutschen Zeitung. Ritzer hatte zusammen mit Bastian Obermayer als Erster über die gefälschte Umfrage bei der Wahl des ADAC-Preises "Gelber Engel" berichtet und damit die Affäre ins Rollen gebracht. Das könnte spannend werden.

Denn nun erheben Mitglieder im Spiegel tagesaktuell weitere Vorwürfe wegen der Ambulanzflüge des Clubs. Demnach habe der ADAC wiederholt Versicherte hingehalten, die im Ausland schwer erkrankten und einen Ambulanzflug in die Heimat benötigten. Mitarbeiter der Notrufzentrale des Clubs hätten sich zögerlich gezeigt, berichteten Betroffene. ADAC-Sprecher Christian Garrels nannte es am Sonntag absurd, anhand von Einzelfällen einen Pauschalverdacht zu erheben. "Ausnahmslos alle Ambulanzflüge werden nach medizinischer Notwendigkeit durchgeführt", sagte er. Dabei müsse auch geprüft werden, ob der Gesundheitszustand der Patienten Flüge zulasse. Letztlich entschieden Ärzte darüber. Der ADAC betreut im Jahr über 50.000 Deutsche, die im Ausland krank wurden oder sich schwer verletzt haben.

Der Autoclub ist seit dem SZ-Bericht vom 14. Januar in den Schlagzeilen. Zuletzt wurde der Verein auch wegen des Verkaufs von Batterien an liegengebliebene Autofahrer kritisiert. So bekommen laut SZ vom Wochenende die Pannenhelfer ein Grundgehalt, erhalten Sonderzahlungen, und bekommen Leistungsprämien. Für ein neues Mitglied, für ein Upgrade der Mitgliedschaft - und für Batterienverkauf. Wer wenig leistet, die Zielvorgaben verfehlt, wird nach Auskunft von Straßenwachtfahrern in Vier-Augen-Gesprächen zur Rechenschaft gezogen.

Verkaufte Seele des Vereins

Wer auch immer die Idee hatte, die "gelben Engel" für verkaufte Batterien zu belohnen, schrieb die SZ weiter in ihrer Wochenendausgabe, hat verkannt, was dabei in Wahrheit verkauft wird: die Seele des Vereins.

Dudenhöffer fordert wegen der Vorkommnisse im Allgemeinen und der Batterien-Geschichte im Besonderen nun, dass die Kartellwächter sich einschalten müssten. "Die Pannenhilfe ist nichts anderes als eine Versicherung, bei der 19 Millionen Kunden den ADAC in eine Monopolstellung gehoben haben", sagte er der Bild am Sonntag.

Tricksereien auch bei Lkw-Pannstatistik?

Der Spiegel berichtet zudem von Trickserein des ADAC bei der Lkw-Pannenstatistik. Der ADAC betreut jedes Jahr rund 105.000 Lkw-Pannen, davon fließt aber nur ein Bruchteil in die Pannenstatistik ein. Es fielen alle Pannen der "Industriepartner" heraus, zu denen etwa Mercedes-Benz gehört. Mit solchen Herstellern hat der ADAC eigene Serviceverträge abgeschlossen. Der ADAC wertet die Statistik nicht nach Herstellern aus, sondern nur nach Pannenarten. "Die Aussagekraft dieser Statistik ist mehr als fraglich", sagt Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft in Bergisch Gladbach, "würde der ADAC die Hersteller-Pannen mitzählen, dann würde es viel mehr um das Versagen der ganzen Elektrik gehen als um platte Pneus."

Verkehrsminister Dobrindt schaltet sich ein

Nun schaltet sich auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt in die Affäre ein: "Der ADAC muss einen anderen Kurs einschlagen und sich von innen heraus erneuern", sagte der CSU-Mann dem Spiegel. Seiner Ansicht nach bedeutet das: "Der ADAC muss sich den eigentlichen Kernaufgaben widmen und sich um die tatsächlichen Interessen der Mitglieder kümmern." Zwar leisteten die Gelben Engel als Pannenhelfer eine großartige Arbeit, so Dobrindt. Doch "dieses Renommee darf nicht vollends aufs Spiel gesetzt werden".

Diskussionen im ADAC-Präsidium über die Geschäfte des Clubs gab laut SZ es über die Jahre immer wieder, wenn ADAC-Tester sich auf vermintes Gelände begaben, sprich: auf Geschäftsfelder des Vereins. Die Marschrichtung war klar: Es gab demnach die unmissverständliche Ansage, auf die Interessen der kommerziellen Töchter Rücksicht zu nehmen. "Man nannte es ,abstimmen'", wird der ehemalige ADAC-Pressechef Alfons Kifmann in der SZ am Wochenende zitiert, "wir von der Motorwelt sollten uns mit den Kollegen der Töchterfirmen abstimmen."

Ein Beispiel: Einer der ersten großen, europaweiten Tests des ADAC war der Fährentest, der Mitte der Neunzigerjahre eingeführt wurde. Nun fiel dem Präsidium auf, dass auch der ADAC über seine Reiseagentur Fährenpassagen anbot. Und man wollte die Geschäftspartner ja nicht verärgern. "Da wurde dann wirklich hin und her überlegt, bis man eine Lösung hatte", sagt Kifmann. Die lautete: Man testete immer auch Fähren, die mit Seelenverkäufern auf kaum frequentierten Strecken fuhren. So hatte man Testverlierer sicher, und verlor gleichzeitig keine Geschäftspartner.

Inzwischen mehren sich auch bei anderen Tests die Zweifel an der Objektivität von Tests und Testern. So soll der ADAC bei einem gemeinsamen Mietwagen-Test von ADAC und der ZDF-Sendung Wiso versucht haben, ein Auto aus der Wertung zu nehmen, das beim ADAC-Partner Sixt gebucht worden war. Es war dies ein Auto, das im Test eine fatale Beurteilung erhalten hatte, und das als im Grunde nicht verkehrstauglich eingestuft worden war.

Ein ehemaliger Mitarbeiter der Badewassertestreihe berichtet von Bestechlichkeit und Beeinflussung, ein anderer von absichtlicher Benachteiligung im Raststättentest. Automanager, die immer noch die Macht des ADAC fürchten, berichten über Sonderkonditionen, die sie dem Verein aus Angst vor negativen Tests bei verschiedenen Gelegenheiten gewährt hätten - als habe es sich um Schutzgeld-Zahlungen gehandelt.

Laut dem SZ-Bericht vom Wochenende gibt es seit den Achtzigerjahren auch Erhebungen darüber, dass sich nur eine Minderheit der ADAC-Mitglieder für Motorsport interessiert und gegen ein Tempolimit ist. Dennoch veranstaltet und promotet der ADAC Rennen, fördert Rennfahrer-Talente und versucht gerade für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag den Nürburgring zu kaufen - mit dem Geld der Mitglieder. Gegen ein Tempolimit ist der Verein noch immer.

Der Publizist Klaus Staeck hatte laut der SZ-Reportage einst eine Anti-ADAC-Schrift herausgegeben, die den Titel trug: ADAC ade. Doch die hatte keinen richtigen Erfolg. Laut Ex-ADAC-Mann Klifmann hatte es der Verein vom Markt gekauft.

Die vollständige Reportage über den ADAC lesen Sie in der aktuellen Wochenausgabe der SZ.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: