Skandal beim Gelben Engel:Stühlerücken beim ADAC

ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair muss nun auch gehen.

Nach Ex-Präsident Meyer und Ex-Medienchef Ramstetter muss nun auch Geschäftsführer Karl Obermair beim ADAC gehen.

(Foto: REUTERS)

Im ADAC-Skandal muss der dritte Mann gehen: Nach Präsident und Medienchef tritt nun auch Geschäftsführer Karl Obermair zurück. Der Autofahrer-Klub will einen echten Neuanfang - nur wie soll das bitte gelingen?

Von Bastian Obermayer und Uwe Ritzer

Sie waren das mächtige Triumvirat des ADAC, die drei Männer, die den 19-Millionen-Mitgliederverein dirigierten: Präsident Peter Meyer, Medienchef Michael Ramstetter und Geschäftsführer Karl Obermair. Nachdem die Manipulationsaffäre um den ADAC-Autopreis "Gelber Engel" schon Ramstetter und Meyer ihre Posten gekostet hat, muss nun auch Obermair gehen. Es soll einen echten Neuanfang geben, das ist die Botschaft. Einen anderen ADAC.

Man habe mit Karl Obermair, 50, "Gespräche über eine einvernehmliche Beendigung" seiner Tätigkeit aufgenommen, sagte der kommissarische ADAC-Präsident August Markl am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Und teilte gleich noch mit, dass nach 13 Jahren beim ADAC auch Stefan Weßling "einvernehmlich" geht, ebenfalls Mitglied der Geschäftsführung. Auch wenn beide, so Markl, nichts mit den Manipulationen zu tun hätten. Wenige Minuten später waren Namen und Fotos von Obermair und Weßling bereits von der ADAC-Internetseite verschwunden.

Vorgänger und Nachfolger

Fast beiläufig kam all dies daher, denn das eigentliche Thema der Pressekonferenz in der Münchner ADAC-Zentrale war ein anderes: Der Abschlussbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte sollte vorgestellt werden, die den wegen Manipulationen in Verruf geratenen ADAC-Autopreis "Gelber Engel" untersucht hat. Aber nicht Geschäftsführer Obermair trat vor die wartenden Journalisten, sondern ADAC-Interimspräsident Markl.

Der ließ sich zu Beginn noch nichts anmerken, als er dem Deloitte-Experten Frank Marzluff das Wort erteilte. Erst gegen Ende kam Markl auf die Trennung von Obermair und Weßling zu sprechen. Er dankte beiden ausdrücklich für ihre Arbeit und verkündete, dass Marion Ebentheuer ab 1. März in die Geschäftsführung aufrücken werde. Bislang ist sie Vizechefin der Schutzbrief- und der Rechtsschutzfirmen des ADAC. Ihre Beförderung sei schon im Dezember beschlossen worden, hieß es.

Neue, unverbrauchte Gesichter

Auf Obermair ist hingegen seit Bekanntgabe der Gelber-Engel-Manipulationen der Druck immer mehr gestiegen. Der 50-jährige Österreicher war 2003 vom dortigen Automobilklub ÖAMTC in die ADAC-Geschäftsführung gewechselt und im August 2012 zu deren Vorsitzenden ernannt worden. Obermair war es, der bei der Preisverleihung des Gelben Engel alle Trickserei-Vorwürfe brüsk zurückgewiesen und sich danach immer wieder in Widersprüche verwickelt hatte. Nach dem Rücktritt des ehrenamtlichen Präsidenten Meyer will man im ADAC, so einfach ist es manchmal, ein neues Gesicht auch an der Spitze der kommerziellen Aktivitäten.

Die angekündigte Demission Obermairs ließ den Abschlussbericht der Deloitte-Ermittler beinahe zur Nebensache werden. Sie haben den ADAC-Autopreis "Gelber Engel" untersucht und über die künstlich nach oben getriebenen Abstimmungszahlen in der Kategorie "Lieblingsauto der Deutschen" hinaus keine weiteren Manipulationen nachweisen können.

Kein echter Befreiungsschlag

Trotzdem sind die anderen Kategorien des "Gelben Engels" keineswegs über jeden Zweifel erhaben. Zum einen kritisieren die Deloitte-Prüfer an etlichen Stellen die fehlende Transparenz und Konsistenz, und betonen zugleich, dass nur ein kleinerer Teil der Daten wirklich zur Prüfung vorlag, und andere wesentliche Teile ungeprüft übernommen wurden. Viel bleibt da nicht mehr übrig. Ein echter Befreiungsschlag, eine Ehrenrettung des "Gelben Engels" ist dieser Abschlussbericht nicht.

Zumal darin sowohl ein nachweislicher Manipulationsversuch als auch eine nachträglich veränderte Rangfolge dokumentiert sind, die offenbar gegen die Regularien vorgenommen wurde. Beides belegen, wie willkürlich der ADAC diese Preise in den vergangenen Jahren vergab.

Der Manipulationsversuch ging laut den Deloitte-Prüfern von eben jenem Mann aus, der schon die Publikumswahl verfälschte und damit für den ersten ADAC-Skandal verantwortlich war: Michael Ramstetter. Ihn habe die Rangfolge der Kategorie "Reiselimousine" gestört, und zwar ganz einfach, weil die Siegermarke BMW schon so viele "vordere Plätze" belege. Das habe er einem Mitarbeiter seiner "Test & Technik"-Redaktion mitgeteilt. Dieser schrieb ihm dann aber per Mail, er bekäme den von Ramstetter favorisierten Mercedes "auch mit noch so viel gutem Willen nicht vor den BMW". Der Grund: Die Tests, auf denen diese Bewertung erfolge, seinen bereits veröffentlicht. Sprich: Das Risiko, dass diese Manipulation auffliegen könnte, sei zu groß.

Widerspruch war nicht vorgesehen

Diese Episode zeigt vor allem eines: Wie unverfroren Ramstetter offenkundig beim "Gelben Engel" mit Plazierungen hantierte - und auf wie wenig echten Widerspruch er dabei traf. Wohlgemerkt: Sein Mitarbeiter hatte sich ja nicht aus Prinzip widersetzt, sondern mit dem Argument, die Daten seien schon veröffentlicht. Widerspruch war unter Ramstetter, das bestätigen ungezählte Mitarbeiter, nicht vorgesehen. Es sei denn, man nahm massive Probleme mit ihm in Kauf.

Wesentlich rätselhafter ist eine veränderte Rangfolge in der Kategorie "Auto der Zukunft". Dort wurden 2011 zwei der drei Erstplatzierten nach hinten verschoben beziehungsweise ganz gestrichen, ein Toyota und ein Honda. Nach vorne rückten, wie so oft unter Ramstetter, zwei deutsche Marken: ein VW und ein BMW. Die Deloitte-Prüfer finden das wenig anstößig, immerhin habe eine Jury diese Entscheidung getroffen, und zwar "aufgrund technischer Kriterien". Beim ausgebooteten Honda beispielsweise, dass dieser sich "unangenehm" fahre.

Keine Zukunft für den "Gelben Engel"

Nur: In der offiziellen ADAC-Publikation zum "Gelben Engel 2011" ist kein Wort davon zu lesen, dass eine Jury das letzte Wort habe. Dort heißt es: "Die Beurteilung der Fahrzeuge in dieser Kategorie basiert ausschließlich auf Daten und Fakten des ADAC Technik Zentrums, die in einem innovativen Berechnungsverfahren zusammengeführt wurden."

Ausschließlich? Offenbar nicht. Innovativ? Womöglich. Im besten Fall entstand diese neue Rangfolge durch eine Änderung der Spielregeln in letzter Minute. Im schlechtesten Fall wurde auch hier getrickst. Letztlich ist es mittlerweile egal. Denn der "Gelber Engel" wird wohl nicht mehr verliehen.

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