Sicherheit beim Radfahren:Haftpflichtpflicht

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Bei Unfällen mit Fußgängern sind Fahrradfahrer die Hauptschuldigen, fast jeder zweite Radler gibt zu, über rote Ampeln zu fahren. Experten wollen die Radfahr-Rowdys jetzt in die Verantwortung nehmen.

Marion Zellner

Es sind scheinbar zwei Welten: Auf viele Autofahrer und Fußgänger wirken Radfahrer wie Kamikaze-Piloten, die sich nicht um Vorschriften scheren und so sich und andere gefährden. Die Radler dagegen fühlen sich als Opfer, benachteiligt gegenüber dem motorisierten Verkehr und gegängelt von starren Regeln.

Viele Fahrradfahrer nehmen es mit den Verkehrsregeln nicht allzu genau. Allerdings ist die Infrastruktur für Radler auch nicht immer so gut wie auf diesem Foto, das in Hannover aufgenommen worden ist. (Foto: Foto: dpa)

Das Ergebnis des Straßenkampfes zeigt die Statistik: 2007 wurden in Deutschland 425 Radfahrer getötet und 79.004 verletzt. Die Zahl der Todesopfer sank zwar innerhalb von 15 Jahren auf die Hälfte, dennoch bleibt Radfahren eine riskante Art der Fortbewegung. Beim 47.Deutschen Verkehrsgerichtstag am gestrigen Donnerstag in Goslar gingen Experten der Frage nach, wie die Verkehrsdisziplin und damit auch die Sicherheit der Radfahrer weiter verbessert werden könnten.

Dass Radler nicht immer Unschuldsengel sind, zeigt eine Forschungsarbeit, die die Planungsgemeinschaft Verkehr (PGV) in Hannover im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellt hat. "45 Prozent der befragten Radfahrer geben zu, bei Rot über die Ampel zu fahren", sagte Dankmar Alrutz, Chef der PGV. Allerdings: "Drei Viertel davon sagen auch, sie fänden das nicht gut."

13.000 Rotlichtverstößen pro Tag alleine in Münster

Was wie ein Widerspruch klingt, lässt sich erklären: Radler wissen sehr wohl, dass sie einen Regelverstoß begehen, schließlich haben 85 bis 90 Prozent von ihnen einen Führerschein.

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"Radfahrer wollen sicher und gut vorankommen, doch jede Unterbrechung, wie eine rote Ampel, reduziert das Durchschnittstempo", erklärte Roland Huhn vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). "Ich habe für jeden Radfahrer Verständnis, der bei einer roten Ampel nach rechts abbiegt, da kann nichts passieren." Deshalb müsse die Infrastruktur auch auf die Erfordernisse des Radverkehrs ausgelegt werden, forderte Huhn. So wären weniger Ampeln durchaus eine sinnvolle Sache.

Obligatorische Haftpflichtversicherung

Bei 13.000 Rotlichtverstößen pro Tag alleine in Münster sieht das Udo Weiss, Leiter der Direktion Verkehr beim Polizeipräsidium Münster, naturgemäß anders. Das Fahrrad sei das Verkehrsmittel der Zukunft und müsse gleichberechtigt betrachtet werden, sagte er. Doch das bedeute, dass auch für Radfahrer gleiche Rechte und Pflichten gelten müssten. Dass sich viele nicht an die Regeln halten, führte Weiss auf ihre Anonymität zurück. Er plädierte deshalb für eine Ausweispflicht ab 16 Jahren und eine obligatorische Haftpflichtversicherung. Denn Radler sind nicht nur Opfer: Bei Unfällen mit Fußgängern sind sie die Hauptschuldigen, so ein Ergebnis der PGV-Studie. Doch aus Angst vor Schadenersatzforderungen machen sich Radfahrer häufig aus dem Staub.

Bau von Radwegen

Burkhard Horn von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verlangte, die Politik müsse auch finanziell eine Gleichberechtigung des Fahrrads mit anderen Verkehrsmitteln herstellen. Schließlich seien Radfahrer heute in allen Schichten und Altersgruppen zu finden. Auch aus "aus umwelt-, klima- und verkehrspolitischen Gründen" werde das Fahrrad immer wichtiger. So zeige ein Blick nach Kopenhagen, dass gute Infrastruktur, etwa eine "grüne Welle für Radler", sowie Aufklärungsarbeit den Radverkehr fördern und sich positiv auf die Sicherheit auswirken.

Wie das finanziert werden soll, wusste Friedrich Denker, der Präsident des Verkehrsgerichtstages, zu sagen: mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket. Einen Teil davon sollten die Kommunen für den Bau von Radwegen einsetzen.

© SZ vom 30.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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