Süddeutsche Zeitung

Shell V-Power und Co. im Test:Was bringt der Formel-1-Sprit?

Edelkraftstoffe wie Shell V-Power oder Aral Ultimate sind teuer, sollen aber viele Vorteile bringen. Experten haben die Spritsorten auf ihre Wirksamkeit getestet.

Von Thomas Harloff

Die großen Tankstellenketten wie Aral oder Shell bieten an ihren Zapfsäulen Spritsorten an, die preislich weit über den Standardkraftstoffen Super 95 und Super Plus liegen. Für sie wurden wohlklingende Namen wie "V-Power" oder "Ultimate" erfunden, die Mineralölkonzerne schickten sie mit eindeutigen Versprechungen ins Rennen. Die Kraftstoffe bieten laut Herstellern bis zu zehn Prozent mehr Leistung und ein um fünf Prozent höheres Drehmoment, und das bei einem geringeren Spritverbrauch. Zudem behandle der Edelsprit, der angeblich auch in der Formel 1 (Shell V-Power) oder bei den Deutschen Tourenwagen Masters (Aral Ultimate) verwendet wird, das Innenleben des Motors besonders schonend und sorge für einen geringeren Schadstoffausstoß.

Mit Shell V-Power ist die älteste der Premium-Spritsorten site gut zehn Jahren auf dem Markt. Inzwischen haben sich sowohl die Automobil-Fachpresse als auch Automobilclubs wie der ADAC sowie Hochschulen mit den Spritsorten beschäftigt und getestet, ob sie halten, was sie versprechen. Alle Institutionen kommen zu dem gleichen Ergebnis: Die Kraftstoffe bieten zwar Vorteile gegenüber den Standardsorten, diese sind jedoch keinesfalls groß genug, um die hohen Aufpreise zu rechtfertigen.

Motoren können 100 Oktan nicht nutzen

Kraftstoffe wie Shell V-Power oder Aral Ultimate bieten eine Oktanzahl von mindestens 100, während Spritsorten wie Super oder Super Plus über 95 bzw. 98 Oktan verfügen. Die Oktanzahl beschreibt die Klopffestigkeit des Kraftstoffes. Je niedriger die Oktanzahl, umso früher kann es zu ungewollten Selbstzündungen des Kraftstoffes kommen. In dieser Hinsicht bieten die teuren Spritsorten also einen Vorteil. Allerdings können die meisten Motoren diesen nicht nutzen, da sie lediglich für eine Klopffestigkeit von 95 Oktan ausgelegt sind. Somit profitieren höchstens die Fahrer von leistungsstarken Sportwagen oder von Autos mit weitreichend leistungsgesteigerten und auf die hochwertigen Treibstoffsorten optimierten Motoren von dem Premiumsprit. In den meisten Fällen verpufft der Oktanvorteil aber nutzlos.

Doch wie sieht es mit Leistung, Drehmoment und Fahrleistungen aus? Das hat der ADAC anhand von vier Automodellen getestet: Audi A3 2.0 FSI, BMW 316i, Porsche Boxster und VW Golf 1.4 16V. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Wenn es Verbesserungen in puncto Leistung, Beschleunigung und Durchzug gab, dann in einem Bereich von weniger als zwei Prozent - und damit im statistisch nicht verwertbaren Messtoleranzbereich. Teilweise waren die Ergebnisse mit Premiumkraftstoff sogar schlechter als die mit dem vom Hersteller empfohlenen Sprit.

Selbst bei Sportwagen verpufft der Premiumsprit

Ebenfalls bemerkenswert: Beim Sportwagen Porsche Boxster wirkt sich das teure Benzin kaum positiv aus. Der lediglich 55 kW / 75 PS starke VW Golf profitiert noch am meisten, die Leistung steigt um 1,7 und die Elastizität um 2,1 Prozent. Doch auch diese Werte sind viel zu klein, um den teuren Aufpreis zu rechtfertigen.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Studenten der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, die einen vergleichbaren Test mit einem Audi S4 Avant 4.2, Baujahr 1993, durchgeführt haben. Der maximale Leistungsunterschied zwischen den Edelkraftstoffen und regulärem Super Plus mit 98 Oktan betrug dabei zwei Prozent, wobei das Auto sogar weniger Leistung zeigte, als Shell V-Power durch die Kraftstoffleitungen floss. Ähnlich überschaubar waren die Unterschiede bei der Elastizitäts- und Verbrauchsmessungen. Auch hier ist der Vorteil der teuren Spritsorten lediglich auf dem Papier vorhanden.

Den größten Leistungsunterschied konnte die Fachzeitschrift Autobild in einem Test erkennen. Allerdings auch nur an zwei von drei getesteten Autos und weit unterhalb der von den Mineralölgesellschaften in Aussicht gestellten zehn Prozent Mehrleistung.

Auch Premiumdiesel hält dem Test nicht Stand

Die angeblich so hochwertigen Kraftstoffe stehen nicht nur für Ottomotoren zur Verfügung. Shell und Aral bieten auch Diesel in einer V-Power- bzw. Ultimate-Ausführung an - mit ähnlich vollmundigen Versprechungen. Die Kraftstoffe optimieren die Verbrennung und senken damit Verbrauch, Emissionen und Geräuschentwicklung, so die Hersteller. Zudem sollen sie Leistungsreserven mobilisieren und Ablagerungen im Motor entfernen, wodurch dieser von innen gereinigt und vor Korrosion geschützt werde.

In einem Test ermittelte der ADAC zwar etwas bessere Ergebnisse als bei den Ottokraftstoffen, allerdings waren die Fortschritte bei Leistung, Verbrauch und Emission immer noch so gering, dass sich die Mehrkosten keineswegs lohnen.

Inzwischen hat Shell seinen Premiumkraftstoff überarbeitet, seit Juni 2013 bietet das Unternehmen die neueste V-Power-Generation an. Ob sich damit die versprochenen Fortschritte tatsächlich erzielen lassen, müssen künftige Tests zeigen. Skepsis ist allerdings angebracht, schließlich werden auch die herkömmlichen Spritsorten ebenfalls ständig weiterentwickelt.

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