Süddeutsche Zeitung

Seat Inca:Ein spanischer Arbeiter

Neuer Impuls bei den Freizeitmobilen

(SZ vom 27.01.1996) Inca, eine Touristik- und Industriestadt auf Mallorca, der Hauptinsel der Balearen, diente zur Namensgebung der neuesten Kleinst-Transporter-Kreation von Seat auf Pkw-Niveau. Eine von der Ibiza/Cordoba-Baureihe abgeleitete Plattform und ein um 16 Zentimeter verlängerter Radstand bieten eine sehr gute Ausgangsbasis. Bisher hat Seat mit dem Terra, basierend auf dem kleinen Marbella, das Marktsegment der Kleinsttransporter zu erobern versucht.

Hier bei uns in Deutschland spielte er bisher eher eine untergeordnete Rolle. Ganz im Gegensatz zur Freizeit- und Urlaubsgewohnheit der Deutschen. Denn Mallorca wird in der Touristikbranche bereits als Kolonie Deutschlands bezeichnet. So stellt sich Seat auch die Marktpräsenz des Inca am deutschen Markt vor. Für dieses Jahr prognostiziert und wünscht sich Seat Deutschland einen Absatz von etwa 3500 Exemplaren. Nicht unrealistisch, wenn man bedenkt, daß zwei Grundversionen zielgruppenorientiert angeboten werden.

Einmal für bis zu fünf Personen als Kombi und dessen Verwendung in Beruf und Freizeit. Hierbei wird der Innenraum durch die großzügig dimensionierten Seitenscheiben des Laderaums mit viel Licht erhellt. Ausstellbare Seitenscheiben im Bereich der hinteren Sitzbank ermöglichen eine zusätzliche Belüftung des Innenraums. Dieser wartet in der Kombi- Version durch Komfort auf. Eine Serienausstattung, für diese Preisklasse überdurchschnittlich, fällt bei ersten Testkilometern angenehm auf. Einige Beispiele sind ein höhenverstellbares Lenkrad, serienmäßiger Fahrer- und Beifahrerairbag, Infrarot-Fernbedienung der Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber.

Bei der Konzeption des Inca Profi wurde grundsätzlich an den gewerblichen Einsatz gedacht. Dementsprechend wurde die Karosserie ohne seitliche Scheiben des Laderaums und mit einer Trennwand beziehungsweise mit einem Netz als Trennung der zwei vorderen Einzelsitze zum Laderaum versehen. Der Profi wie der Kombi haben eine servounterstützte Lenkung, die sich besonders im beladenen Zustand auf engstem Raum, zum Beispiel Stadtverkehr, positiv bemerkbar macht. Klapper- und Quietschgeräusche rühren von den Kunststoffverkleidungen der Türen her und lassen auf Verbesserung hoffen.

Rekordverdächtiger Nutzen

Sowohl als Nutz- wie auch als Freizeitfahrzeug ermöglicht der Seat Inca mit 2900 Liter Volumen und einer möglichen Zuladung von 625 Kilogramm rekordverdächtige Nutzungsvarianten. Einen besonderen Clou stellt die asymmetrisch geteilte Hecktür dar, deren rechter und linker Flügel 50 Zentimeter beziehungsweise 80 Zentimeter mißt. Dies ermöglicht ein Be- und Entladen auf beengtem Raum.

Verschiedene Motorisierungen erlauben dem Kunden eine bedarfsgerechte Entscheidung. Zum Antrieb stehen drei Motoren zur Verfügung, zwei Benziner und ein Diesel. Zum einen der Diesel, sicherlich für den Inca Profi als rein gewerblich genutztes Fahrzeug die ökonomisch sinnvollste Antriebseinheit. Damit die Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h erreicht wird, leistet der aus dem VW-Motorenregal bekannte 1,9-Liter-Diesel-Motor mit 47 kW (64 PS) und einem maximalen Drehmoment von 124 Nm bei 2000/min seine dieseltugendliche Arbeit unter der Motorhaube. Der kleinere Benzinverbrenner mit 1,4 Liter Hubraum erhielt eine elektrische Multi- Point-Einspritzanlage und leistet sein maximales Drehmoment von konstant 116 Nm zwischen 2800 und 3200/min. Seine maximale Leistung von 44 kW (60 PS) gibt er bei 4700/min ab und erreicht damit eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 145 km/h. Dank des runden Erscheinungsbildes, welches bewußt von den Designern von Seat so gewählt wurde, können die bis dahin von Kleinsttransportern her bekannten Windgeräusche fast vernachlässigt werden. Dadurch bleibt der Durst der drei verschiedenen Aggregate in einem wirklich erträglichen Maß. Selbst der 1,6-Liter-Motor mit 55 kW (75 PS) bewegt das etwa 1150 Kilogramm schwere Fahrzeug mit einem Drittelmix- Verbrauch von 8,9 Liter Normalbenzin.

Fahrverhalten optimiert

Das Fahrzeug überzeugte aus folgenden Gründen nicht ganz. Die Vorderachse, nach dem McPherson-Prinzip mit einzeln aufgehängten Vorderrädern, wird von verbesserten, aus dem Ibiza bekannten, Stoßdämpfer/Federbein-Komponenten gedämpft und mit einem Stabilisator geführt. Während die Hinterachsabstimmung dem Anforderungsschema beider Inca-Versionen Profi und Kombi unterschiedlich Rechnung tragen muß. Dabei hat Seat das Fahrverhalten zu optimieren versucht, indem man den unterschiedlichen Belastungszustand, leer wie auch vollbeladen, berücksichtigte. Man achtete leider ein wenig zuviel auf Komfort und nahm damit das Stuckern der Hinterachse, eine Doppel-Blattfeder-Starrachse, in Kauf.

Der spanischen Marke Seat, einer Tochter der VW-Gruppe, ist der passive und aktive Sicherheitsgedanke, wie bei all ihren anderen Modellen, sehr wichtig. Dies äußerst sich beim Kombi unter anderem durch Dreipunktgurte auf der Rücksitzbank in Verbindung mit Gurtstraffern, ebenso für Fahrer- und Beifahrersitz höhenverstellbare Dreipunktgurte mit Gurtstraffer. Außer der Standard- Version, mit der Bezeichnung 1,4 S, können alle Versionen mit einem Vierkanal- ABS bestellt und geliefert werden.

Der Nutz- und Freizeitwert wird bei dem Prototyp Weekender besonders hervorgehoben. Hierbei handelt es sich um eine Kombi-Version. Wir erinnern uns alle an die ehemalige Citroën-2-CV-Sonderversion mit Vorzelt, an der Hecktür befestigt, und einer Liegemöglichkeit auf der Ladefläche. So denkt auch Seat, hier junge Leute mit Drang zur Natur für dieses Konzept von etwa Mitte 1996 an zu gewinnen. Seit einigen Jahren in Vergessenheit geraten erscheint es wie ein Griff aus der Mottenkiste, ist aber sicherlich eine Möglichkeit, dem Marktsegment der Freizeitmobile einen neuen Impuls zu geben. Jetzt, nachdem auch die EU-Kommission in Brüssel Seat Spanien die Euro-Subventionen anerkannt hat, steht einem positiven Auftritt von Seat in Deutschland mit diesem neuen Konzept nichts mehr im Wege.

Wer sich für den vielseitigen Spanier entscheiden will, muß zwischen 19 995 Mark für den Profi Typ S und 23 845 Mark für den Kombi 1,9 D auf den Tisch des Hauses legen.

Von Detlef Krehl

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