Seat Alhambra:Der Verstand fährt im Seat Alhambra mit

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Die neue Generation des Minivans kommt nur mit kosmetischen Veränderungen daher. Das ist auch gut so: So viel Platz bietet sonst keiner.

Ein Test von Felix Reek

Einfach nur praktisch darf heute kaum ein Auto sein. Stattdessen sollen sie Emotionen wecken, Fahrspaß vermitteln, ein Stückchen Lebensstil verkörpern. Nicht so der Seat Alhambra. 1995 erblickte er als Minivan die Welt, zwanzig Jahre später ist er noch immer genau das: ein Auto mit viel Platz. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Während sich die Begründer der Fahrzeugklasse in Richtung SUV verabschieden (man denke nur an den aktuellen Renault Espace), sieht der Alhambra noch immer aus wie ein Minivan.

Die Zielgruppe ist klar: Familien. Auf der Webseite von Seat steht ein junger Vater neben seinem Sohn samt Fahrrad und dem Alhambra. Selbst auf diesem Bild ist zu sehen, wie riesig der Seat ist. Das ist natürlich mittlerweile ein Anachronismus, denn bei statistischen 1,47 Kindern werden die wenigsten Deutschen je die bis zu sieben Sitze des Alhambra in Anspruch nehmen. Aber theoretisch ist es möglich. Und die 2430 Liter Kofferraum reichen nicht nur für Vater, Sohn und Fahrrad, sondern auch noch der halbe Hausstand.

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Test von Felix Reek

Die Neuerungen finden sich unter der Haube

Natürlich, eine Schönheit ist der Seat nicht. Darüber täuscht auch nicht der Name hinweg, der dem Weltkulturerbe im spanischen Grenada entliehen ist. Der Alhambra ist ein Kasten mit vier Rädern, ausschließlich Verstand, wenig Leidenschaft. Das hat sich auch nach dem Facelift nicht geändert. Die Unterschiede zum fünf Jahre alten Vorgänger sind von außen kaum zu erkennen. Nicht einmal die Scheinwerfer wurden angerührt. Stattdessen brachte VW den Minivan aus dem Konzernbaukasten auf den neuesten Stand. Unter der Haube arbeitet jetzt der 2,0-Liter-Dieselmotor mit 150 PS.

Der klingt so, wie das Auto aussieht: unspektakulär. Im Inneren des Alhambra ist kaum etwas vom Motor zu hören. Zu sportlichen Höhenflügen taugt der genügsame Diesel (7,5 Liter im Testdurchschnitt) trotz einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h nicht. Das wird auch beim Betätigen des Knopfes für ein sportlicheres Fahrwerk nicht besser. Wozu man den in einem Minivan braucht, weiß wohl nur Seat. Trotzdem: Der Diesel ist die vernünftige Wahl für ein vollkommen vernünftiges Auto.

Wie praktisch der Alhambra ist, zeigt sich vor allem im Innenraum. Hier ist so viel Platz wie in keinem anderen Auto. Die riesige Frontscheibe ragt bis weit nach vorn, die Armaturen darunter sind breit wie eine Schreibtischplatte. Die Kopffreiheit: beeindruckend. Füße ausstrecken auf der Rückbank: kein Problem. Leichter beladen und einsteigen? Dafür sorgen die Schiebetüren im Fond. Und am Ende der Fahrt erinnert das Display des Radios daran, dass Handy mitzunehmen.

Allzu genau sollte man sich den Innenraum aber nicht ansehen. Er ist in der Standardausstattung nüchtern bis fad. Wer mehr Wohnzimmeratmosphäre will, muss tiefer in die Tasche greifen. Aber das ist kein Vorwurf. Der Seat ist ein nützliches Auto. Er soll der Familie ein treuer Begleiter sein. Wer braucht da ein durchgestyltes Interieur? Im Alhambra werden sowieso vor allem Kinder sitzen, die essen und trinken. Oder mit Filzstiften die Innenverkleidung verschönern. Ihnen ist es egal, ob sie die Minions auf eine Verkleidung aus Leder oder Plastik malen.

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Der Seat lenkt mit

Doch es gibt ein Problem: Die Assistenzsysteme, die mit dem Update Einzug in den Alhambra gefunden haben. Insbesondere der Spurhalte-Assistent gibt Anlass zur Sorge. Er warnt nicht nur, wenn das Auto die Fahrbahn verlässt, er greift selbst ein. Das mag Sinn ergeben, wenn der Fahrer wirklich unachtsam ist oder einnickt. Gefährlich wird es aber, wenn das System die Markierungen der Fahrbahn nicht eindeutig zuordnen kann. In einer Baustelle bewegt sich dann das Lenkrad, weil es gelbe und weiße Linien nicht unterscheiden kann. Das System schaltet sich zwar aus, sobald das Lenkrad manuell betätigt wird, beim ersten Einsatz kann der daraus resultierende Schrecken aber schon reichen, um einen Unfall zu verursachen. Gerade wenn der Alhambra doch mal voll besetzt ist und sich fünf Kinder auf den Rücksitzen um das letzte Überraschungsei streiten.

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