Schon gefahren:Ziemlich cool

Mit dem neuen Mustang spekuliert Ford auf die Anziehungskraft der Legende aus einer anderen Zeit.

Von Felix Reek

Ganze sieben Minuten dauert die berühmte Verfolgungsjagd im Polizeithriller "Bullitt". Sie kommt ohne Musik, Worte, Tricktechnik und Explosionen aus. Nur das Grollen der V8-Motoren auf der Jagd durch San Francisco und das Umland ist zu hören. Und das Schreien der Reifen. Unvorstellbar im heutigen Kino.

War der Ford Mustang zu diesem Zeitpunkt schon ein Publikumserfolg, so sollte er 1968 nach seinem Auftritt in dem Spielfilm endgültig zur Ikone aufsteigen. Sein Fahrer, der "King Of Cool" Steve McQueen alias Lieutenant Frank Bullitt, hatte ihn geadelt, die atemberaubende Verfolgungsjagd mit einem Dodge Charger gilt heute noch als eine der besten der Filmgeschichte. Und sie erklärt viel von der Faszination, die dieses Auto bis heute ausmacht. Kaum ein Fahrzeug gilt als so amerikanisch und als so maskulin zugleich, die klassischen Pick-ups einmal ausgenommen. Was für die Pioniere Amerikas das Pferd war, ist für Nachfahren das "Pony Car". Zu entdecken gibt es zwar kaum noch was, doch die endlosen Weiten und das Abenteuer warten noch immer auf den Straßen der USA - nur eben hinter dem Steuer eines Mustang.

Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass Ford 2004 den Mustang optisch nah am Original wiederauflegte. Die amerikanische Autoindustrie lag danieder, das Muscle Car versprach, den Glanz der glorreichen Vergangenheit aufleben zu lassen. Dass der Konzern zuvor immer wieder eher erbärmliche Mustang-Modelle auf den Markt brachte, die kaum etwas mit den Klassikern der Sechziger- und Siebzigerjahre zu tun hatten, war den Fans schlagartig egal. Plötzlich war er wieder da, der Mustang, so wie man ihn liebte: kantig, bullig, mit der Ausstrahlung immenser Kraft. Steve McQueen hätte seine Freude daran gehabt. Und die Amerikaner hatten sie auch. Nur die Europäer blieben außen vor. Diese fünfte Mustang-Generation wurde diesseits des Atlantiks nie offiziell verkauft. Interessenten waren auf freie Importeure angewiesen.

Schon gefahren: Schneller Rücken: der neue Ford Mustang als Fastback - ein Macho auf Rädern, der letzte Bulle der Straße.

Schneller Rücken: der neue Ford Mustang als Fastback - ein Macho auf Rädern, der letzte Bulle der Straße.

(Foto: Ercin Filizli)

Das ändert sich jetzt. Der neue Mustang kann seit Sommer erstmals auch hierzulande regulär beim Ford-Händler gekauft werden. Die Wartelisten sind schon jetzt lang. Das Muscle Car gibt es mit vier Zylindern und 317 PS sowie mit einem Fünf-Liter-V8 und 421 PS. Bei einem Preisunterschied von gerade einmal 5000 Euro (42 000 statt 37 000 Euro) muss ein echter Mustang-Enthusiast nicht lange überlegen. Allein der Klang des Motors belohnt die Entscheidung. Dieses wohlige Dröhnen beherrscht nur ein echter V8.

Nach dem Einsteigen legen sich die Hände aufs Lenkrad, der Blick gleitet über die Motorhaube und die beiden typischen Kerben, die sich über das ganze Blech ziehen. Schwer löst sich die Handbremse, noch schwerer rasten die Gänge der manuellen Sechsgangbox ein, selbst der Blinker scheint langsamer zu ticken. Aber so ist das nun einmal in einem Mustang: Er gibt nicht einmal vor, etwas anderes zu sein als ein Auto für Männer. Ein Macho auf vier Rädern, der letzte Bulle der Straße. Der Motor heult auf, der Mustang tänzelt und schießt nach vorn. Und ja, man kann nicht anders, als es zuzugeben: Das macht Spaß.

Ford Mustang 5.0

V8-Benzinmotor mit 5,0 Litern Hubraum; Leistung 310 kW (421 PS); max. Drehmoment: 530 Nm bei 4250/min; Antrieb: Hinterachse; Getriebe: Sechsgang-Handschalter; Leergewicht: 1720 kg; Kofferraum: 408 l; 0 - 100 km/h: 4,8 s; Vmax: 250 km/h; Testverbrauch: 14,1 l / 100 km (lt. Werk: 13,5; CO₂-Ausstoß: 299 g/km); Euro 6; Grundpreis: 42 000 Euro, als Cabrio 46 000 Euro.

Auch, wenn es natürlich nicht vernünftig ist. Genauso wenig wie der Verbrauch. 14 Liter auf 100 Kilometer liegen jenseits von Gut und Böse, die Steuer ist dank Fünflitermotor und 299 Gramm CO₂ pro Kilometer gleich 23-mal so hoch wie bei einem Smart Fortwo. Und wer größer als ein Gartenzwerg ist, kann die Rücksitze sowieso nur als Gepäckablage nutzen.

Dafür wird man mit einem unbändigen Fahrgefühl belohnt. Auf der Straße entfaltet der Mustang eine Kraft, wie es nur ein Muscle Car kann - und schärft das Erlebnis gar mit einer exakten Lenkung und einer präzisen Schaltung. Zudem gönnen die Amerikaner dem Coupé endlich eine Einzelradaufhängung, sodass es sich weder bei der Fahrdynamik noch beim Federungskomfort hinter der europäischen Konkurrenz verstecken muss.

Auch die Verarbeitung der Innenausstattung mit viel Chrom und Leder ist ordentlich. Das war nicht immer so, im Gegenteil. In mancher Hinsicht entdeckt man im neuen Mustang sogar eine sehr spezielle Liebe zum Detail: Die Knöpfe in der Mitte des Armaturenbretts erinnern an einen Kampfjet, und beim Einsteigen projizieren Lämpchen in den Seitenspiegeln einen galoppierenden Mustang auf den Asphalt. Nun ja.

Sicher, andere Autos wären mit 421 PS und einem so gewaltigen Motor noch schneller unterwegs. Das lassen sich Audi, BMW und Co. aber auch entsprechend bezahlen. Gerade einmal 42 000 Euro kostet dagegen der Mustang mit einer üppigen Grundausstattung. Das reicht bei der Konkurrenz meist gerade mal für einen Vierzylinder mit halb so viel PS. Und außerdem fehlt denen das Charisma des Mustang. Das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein. Einen Traum zu fahren, den schon Generationen träumten. Oder sich zumindest für ein paar Minuten am Tag wie Steve McQueen in den Straßen von San Francisco zu fühlen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: