Schiffstechnologie:Um die Welt mit Ökostrom

Zwei Franzosen wollen zeigen, dass motorisierte Seefahrt auch ohne schädliche Emissionen möglich ist. Dazu haben sie einen Katamaran mit Solarmodulen und Wasserstofftanks ausgerüstet.

Von Felix Reek

Während alle Welt von Elektroautos spricht, dominieren auf See noch immer Schweröl- oder Dieselmotoren, die die Luft Jahr für mit Jahr 20 Millionen Tonnen Schwefeloxid verpesten. Allein die 15 größten Schiffe der Welt produzieren nach Angaben des Naturschutzbund Deutschland (Nabu) so viele Schadstoffe wie 750 Millionen Autos. Trotzdem sind bisher umweltfreundliche Antriebe kaum ein Thema in der Seefahrt.

Die beiden Franzosen Victorien Erussard und Jérôme Delafosse wollen das nun ändern. In diesen Tagen werden sie mit ihrem Boot Energy Observer zur Weltumrundung aufbrechen. Das Besondere an ihrem Katamaran: Er nutzt die ihn umgebenden Elemente als Antriebsquelle - also die Sonne, das Wasser und die Luft. So bedecken allein 130 Quadratmeter Solarzellen das etwa 30 Meter lange Schiff und speisen per Sonnenenergie vergleichsweise kleine Batterien, die wiederum zwei Elektromotoren antreiben. Alternativ übernehmen zwei Windturbinen.

Der Wasserstoff wird direkt an Bord produziert - so muss der Katamaran nie an eine Tankstelle

Zusätzlich dazu produziert die Energy Observer Wasserstoff, der statt herkömmlicher Batterien als Energiespeicher dient. Diese Technologie ist bereits aus dem Automobilbau bekannt, doch im Gegensatz dazu muss der Katamaran nie an einer Tankstelle andocken. "Wir werden den Wasserstoff an Bord selbst produzieren, direkt aus dem Ozean", erklärte Delafosse in der britischen Ausgabe des Magazins Wired vor einiger Zeit. "Wir säubern das Wasser, elektrolysieren es und speichern es dann komprimiert in einem Tank."

Schiffstechnologie: Zwei Männer und ihr Boot: Jérôme Delafosse und Victorien Erussard wollen mit der Energy Observer die Welt umrunden.

Zwei Männer und ihr Boot: Jérôme Delafosse und Victorien Erussard wollen mit der Energy Observer die Welt umrunden.

(Foto: Damien Meyer/AFP)

Der Franzose ist Dokumentarfilmer und professioneller Taucher und kaufte zusammen mit seinem Partner Erussard, einem Marineoffizier und Wettkampfsegler, vor einigen Jahren für 500 000 Euro den Katamaran, aus dem die Energy Observer hervorgehen sollte. Die beiden wollen beweisen, dass sich eine solche Strecke ganz ohne fossile Brennstoffe zurücklegen lässt. Denn auch wenn Elektromotoren keine Abgase ausstoßen, kommt die elektrische Energie zu oft aus fossilen und zu selten aus regenerativen Energiequellen.

Schiffstechnologie: Grüner Katamaran: Die Energy Observer nutzt Sonne, Wasser und Luft als Antriebsquellen.

Grüner Katamaran: Die Energy Observer nutzt Sonne, Wasser und Luft als Antriebsquellen.

(Foto: Damien Meyer/AFP)

Zusammen mit ihrem 50-köpfigen Team bauten sie das ehemalige Wettkampfschiff, das unter anderem 1994 die Jules-Verne-Trophy für eine Nonstop-Weltumseglung gewann, in dreijähriger Arbeit um. Auf Deck wurden Solarpaneele angebracht und der Rumpf um sechs Meter verlängert. Das Ergebnis ist ein Schiff, das mit einem Gewicht von 30 Tonnen nur ein Drittel so viel wiegt wie das letzte Solarboot, das die Welt von 2010 bis 2012 in fast 585 Tagen umrundete: die MS Turanor Planet Solar. Deren Batterien allein wogen etwa elf Tonnen. Die Energy Observer ist wesentlich leichter - und die Wasserstofftanks können nach Angaben der Erbauer zwanzig Mal so viel Energie speichern wie herkömmliche Batterien.

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Kurz vor Ostern wurde das Schiff zu Wasser gelassen.

(Foto: imago/PanoramiC)

Dafür wird das Schiff der Franzosen nicht ganz so schnell reisen. Mit einer Geschwindigkeit von acht bis zehn Knoten (das sind etwa 15 bis 19 Kilometer pro Stunde) ist der Katamaran eher gemächlich unterwegs. Zwar könnte die Energy Observer mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von 78 Kilometer pro Stunde die Strecke viel schneller zurücklegen, doch darum geht es Erussard und Delafosse nicht. Sie wollen auf ihrer Weltumrundung, die in Saint-Malo in der Bretagne startete und sie dann über den Atlantik in den Pazifik führen soll, möglichst viele Häfen anlaufen. Um genau zu sein, sind exakt 101 Zwischenstopps in 50 Ländern eingeplant. Darunter Stationen auf Kuba, Goa, in Neukaledonien oder an der indischen Westküste. So wollen sie das Potenzial erneuerbarer Energien weltweit präsentieren.

Denn auch ganz normale Haushalte sollen von der Weltumrundung der beiden Franzosen profitieren. Das CEA Grenoble, ein Forschungszentrum der französischen Kommission für Atomenergie, hat überall auf der Energy Observer Sensoren angebracht. So können aus den gewonnenen Erkenntnissen direkt Rückschlüsse auf das alltägliche Leben gezogen werden. Ein Wasserstofftank könnte etwa auch in Haushalten Energie liefern: Im Sommer wird der Speicher aufgeladen, im Winter als Reserve genutzt. Doch bis es soweit ist, werden noch sechs Jahre vergehen. So lange haben Victorien Erussard und Jérôme Delafosse für ihre Weltumrundung eingeplant. In dieser Zeit wollen sie fast täglich von ihrer Reise berichten. An Bord ist ein Kameramann, der alles dokumentiert. So kann jeder das Experiment der beiden verfolgen und erleben, ob Seefahrt auch wirklich ohne Emissionen möglich ist.

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