Saudi-Arabien:Führerschein-Verbot für Frauen

Seit 1990 ist nur Männern im Königreich Saudi Arabien das Autofahren erlaubt. Immer wieder regt sich Protest, doch die konservative Geistlichkeit hält dagegen.

Heiko Flottau

Überraschend ist es nicht, dass saudische Frauen anlässlich des Nationalfeiertages an König Abdallah eine Petition richteten, die, wieder einmal, das Recht der Frauen auf Fahren eines Autos einfordert. "Es ist an der Zeit", heißt es in der Petition, "den Frauen das ihnen zustehende Recht zum Autofahren einzuräumen". Nichts im Koran, argumentieren die Frauen und ihre Sprecherin, Fausia al-Ovouni, deute darauf hin, dass Frauen ein solches Recht verwehrt werden dürfe.

Frauen in Saudi-Arabien

In Saudi-Arabien wurden schon Frauen als Huren beschimpft, weil sie am Steuer eines Autos saßen.

(Foto: Foto: AFP)

Per Gesetz verboten ist den Frauen im konservativen Öl- und Wüstenkönigreich Saudi Arabien das Autofahren seit 1990. Bis dahin gab es nur eine gesellschaftliche Sanktion gegen das Autofahren von Frauen. Diese Konvention wurde aber weitgehend eingehalten.

Im November 1990 aber sahen viele saudische Frauen plötzlich amerikanische Soldatinnen, die ihre Militärjeeps steuerten. Es war das Jahr des amerikanischen Militäraufmarsches, der im Februar 1991 zur Vertreibung Saddam Husseins aus Kuwait führte. Eine Gruppe saudischer Frauen ließ sich von ihren amerikanischen Geschlechtsgenossinnen inspirieren, nahm ihre Familienautos und kreuzte mit ihnen durch das Zentrum der Hauptstadt Riad. Sie wurden von der Polizei aufgehalten und auf die Reviere gebracht. Entlassen wurden sie erst, nachdem ihre Ehemänner, Brüder oder Väter schriftlich versprochen hatten, dass die ihnen anvertrauten Frauen nie wieder fahren würden.

Unmittelbar darauf verloren jene Frauen, die beruflich tätig waren, ihre Positionen, ihre Pässe wurden einbehalten, in den Straßen der Hauptstadt erschienen Flugblätter, welche die Frauen als Huren beschimpften. Erst nach einem Jahr erhielten sie ihre Pässe wieder, sie durften auch auf ihre Arbeitsplätze zurückkehren, wurden aber oft bei Beförderungen übergangen.

Führerschein-Verbot für Frauen

Seitdem kommen etwa 20 Frauen jeweils Anfang November jedes Jahres in Riad zusammen, gedenken ihres Protestes vom November 1990 und tragen gelbe T-Shirts mit der Aufschrift "Ja zur Stärkung der Frauen." Vor zwei Jahren entfachte Professor Mohammed al-Zulfa, ein Historiker und Mitglied des vom König berufenen Konsultativrates, eine Debatte, als er feststellte, dass das Islamische Recht das Autofahren von Frauen keineswegs verbiete.

Mächtige Geistlichkeit

Der saudische Innenminister ließ seinerzeit vernehmen, das Königreich habe dringendere Probleme zu lösen als Frauen das Recht auf Autofahren zuzugestehen. Auch jetzt wird die Petition wohl scheitern. Denn die erzkonservative saudische Geistlichkeit ist noch immer eine der stärksten politischen Kräfte im Land. Doch ohne die Zustimmung des wahhabitischen Klerus sind in Saudi Arabien religiöse und gesellschaftliche Probleme (welche dieser Klerus als Einheit sieht) nicht zu lösen.

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