Ruf Greenster:Volle Ladung

Der Ruf Greenster, der 2010 auf den Markt kommen soll, verbindet imposante Leistung mit neuartigem technologischen Ansatz.

Helmut-Martin Jung

Etwas fehlt diesem Auto, bloß was es ist, darauf kommt man gar nicht so leicht. Möglicherweise deshalb, weil man es bei dem wuchtigen grünlackierten Sportwagen auf Basis des Porsche 911 Targa einfach nicht vermutet. Erst beim zweiten Blick fällt schließlich auf: Heckspoiler und Stoßstange des Autos vom Allgäuer Kleinserienhersteller Ruf sind komplett durchgezogen - kein Auspuff, nirgends. Dreht man den Schlüssel im Zündschloss, wird die Sache vollends klar. Da röchelt kein Sechszylinder im Leerlauf, aus dem Heck summt es bloß leise wie in einem Trafohäuschen - dieser Sportwagen tankt an der Steckdose.

Ruf Greenster: Vorsicht, Starkstrom: Sechs bis acht Stunden dauert es, bis die Akkus des eRuf wieder voll aufgeladen sind.

Vorsicht, Starkstrom: Sechs bis acht Stunden dauert es, bis die Akkus des eRuf wieder voll aufgeladen sind.

(Foto: Foto: Ruf)

Als hätte ein Riese das Fahrzeug in ein unsichtbares, gigantisches Gummiband gespannt und plötzlich losgelassen - so schnell und doch geräuschlos beschleunigt der Ruf Greenster. Die dürren Zahlen dazu: 250 kW (370 PS) bei einem Drehmoment von gigantischen 950 Nm. Auf 100 km/h spurtet das Auto in knapp fünf Sekunden. Als Höchstgeschwindigkeit werden beim Elektro-Ruf 250 km/h angegeben - diese Grenze aber ist künstlich gezogen, der Reichweite zuliebe. Zum Vergleich: Selbst Rufs 3,8-Liter-Sechszylinder-Biturbo mit seinen 515 kW (700 PS) kommt bei 4000 Umdrehungen pro Minute nur auf ein Maximaldrehmoment von 890 Nm.

Wer einen Elektrorenner wie den Ruf fährt, muss sich umgewöhnen: Das gefühlvolle Spiel mit Kupplung und Gas? Es gibt nur Beschleunigungspedal und Bremse. Gangschaltung - für was? Ein Hebel von der Größe eines Joysticks legt fest, ob das Auto vorwärts oder rückwärts fahren soll. Den Rest regeln Pedal und Leistungselektronik. Letztere muss beispielsweise verhindern, dass die Räder beim Beschleunigen auf der Autobahneinfahrt eine Gummispur auf den Asphalt legen wie ein Dragster.

Sie muss aber auch dafür sorgen, dass der Strom aus den Akkus, der beim Entladevorgang nicht völlig konstant fließt, immer in die richtige Spannung umgewandelt wird. Die Ladung reicht für 250 Kilometer, zum Aufladen benötigt der eRuf 380-V-Drehstrom wie ein Elektroherd und momentan noch etwa sechs bis acht Stunden. Das Ziel für die Zukunft: eine Stunde Ladezeit. Obwohl die Ruf-Ingenieure starke Lithium-Ionen-Batterien des deutschen Herstellers Gaia eingebaut haben, ist das Auto nur 80 Kilogramm schwerer als ein Benziner.

Kein Porsche ist schneller als sein Ruf

Enorme Leistungsreserven und hochwertige Verarbeitung, dafür steht der Allgäuer Autohersteller Ruf seit Jahrzehnten. Die Firma kauft Fahrzeuge von Porsche als Rohkarosserie und veredelt sie anschließend. Motor, Getriebe, Räder - nicht besonders viel von den wichtigen Innereien eines Autos ist bei einem Ruf noch von Porsche, wenn er erst einmal das Werk in Pfaffenhausen verlässt. Und stets gilt der Kalauer: Kein Porsche ist schneller als sein Ruf. Beim Greenster fehlt dieser Vergleich - ähnlich weit ist man bei Porsche nur mit einer Hybrid-Version des Cayenne.

Der Greenster ist bereits der zweite Prototyp aus der Allgäuer Manufaktur mit elektrischem Antrieb. Der erste hatte einen schwächeren Motor, war aber schwerer und schaffte nur eine Reichweite von 150 Kilometer.

Der Greenster, der 2010 für 160.000 Euro auf den Markt kommen soll, ist aber nicht bloß bemerkenswert, weil seine Kraft vergleichbar ist mit der benzinbetriebener Sportwagen. In ihm steckt auch Technik, von der sich die gesamte Industrie viel erwartet. Das Auto nimmt nicht nur Energie aus dem Stromnetz auf, er kann sie dort auch einspeisen. Firmen wie Siemens - die Forschungsabteilung der Münchner steuerte Antrieb und Elektronik für den neuen Ruf bei - arbeiten längst an Szenarien, bei denen ein sogenanntes Intelligent Grid, ein mitdenkendes Stromnetz also, dafür sorgen soll, Millionen von Elektrofahrzeugen mit Energie zu versorgen, diese aber auch als Zwischenspeicher zu benutzen - dann beispielsweise, wenn Windkraftanlagen mehr Strom liefern, als verbraucht wird, und das auch noch billiger als zu Spitzenverbrauchszeiten. Um die Kosten für den Stromverbrauch muss sich Firmenchef Alois Ruf aber ohnehin keine Sorgen machen. Er besitzt mehrere Wasserkraftwerke.

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