Rover MGF:Das lange Warten hat ein Ende

Zwei Versionen zu Preisen von 39 500 und 44 500 Mark

(SZ vom 14.10.1995) Es gibt Traditionen, die es nicht verdienen, wiederbelebt zu werden - es gibt aber auch solche, die lange verborgen geblieben sind und plötzlich wieder aus der Versenkung auftauchen. Zu letzter Kategorie gehört der MGF, der neue Roadster der Rover Group, der schon beim Genfer Automobilsalon in diesem Frühjahr den Freunden der Marke MG und der zweisitzigen Cabriolets die Herzen höher schlagen ließ. 15 Jahre sind vergangen, seit der bis dahin letzte MG mit dem Kürzel B produziert worden war. Nun werden es die Frischluftenthusiasten noch über die Wintermonate aushalten müssen, bis der britische Roadster Anfang kommenden Jahres bei uns aus den Verkaufsräumen rollen wird.

Dann kann sich der Interessierte zwischen zwei Varianten entscheiden: Der Mittelmotor des Sportwagens mit jeweils 1,8 Litern Hubraum, verfügt entweder über eine Leistung von 88 kW (120 PS) oder von 107 kW (145 PS). Dabei zieht der 1060 Kilogramm leichte Wagen in 9,2 Sekunden von Null auf 100 km/h und wirbelt bei maximal 193 km/h die Haare durcheinander. Die Version mit variabler Ventilsteuerung, VVC genannt, kann beides noch ein bißchen schneller: von Null auf 100 km/h in 7,7 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 209 km/h. Beim Drittelmixverbrauch laufen sich die beiden Varianten kaum den Rang ab. Nach Werksangaben braucht die 120-PS-Ausgabe auf 100 Kilometer 6,7 Liter Super bleifrei, der Verbrauch des VVC liegt lediglich um 0,2 Liter höher.

Daß man mit dem VVC zügiger unterwegs sein kann, heißt noch lange nicht, daß das 120 PS-Aggregat nicht ausreichend ist, um das Cabriofeeling rundherum aufkommen zu lassen. Das Fahrwerk des 3,90 Meter langen, britischen Zweisitzers ist ein gelungener Kompromiß zwischen straffer Auslegung und komfortablem Fahren. Straßenunebenheiten sind zwar zu spüren, womit die Sportwagenambitionen unterstrichen werden, doch bleibt kein schmerzhaftes Stechen im Rücken zurück.

Die rundliche Vertrautheit

Ganz der Sportwagentradition verhaftet ist das äußere Erscheinungsbild des MGF. Die flache Haube, aus der zwei mit Glas abgedeckte ovale Scheinwerfer frech herauslugen, setzt sich leicht steigend bis zum bulligen Heck fort. Seitlich fallen die Lufteinlässe ins Auge, die der sonst vielleicht zu rund wirkenden Karosserie mehr markante Züge verleihen. Die obere Kante des Kofferaum steht dem Heck gut gegen die rundliche Vertrautheit an. Der Stauraum unter der Klappe erlaubt naturgemäß nur Gepäck in homöopathischen Dosen - in Zahlen ausgedrückt heißt das: 209 Liter Kofferraumvolumen. Unter der vorderen Haube verbirgt sich ein vollwertiges Reserverad; dort könnte auch der Verbandskasten noch ein Plätzchen finden.

Hohe Wertungen beim Design

Was dem Roadster an Stauraum fehlt - keine Fächer in den Türen, aber hinten an den Sitzlehnen - macht er dafür bei der Freiheit für die zwei Passagiere wett. Im Fußraum hat außer den Beinen auch sonst noch einiges Platz, wo sollten Handtasche, Photoapparat und ähnliches schließlich auch sonst hin. Die zwei Fächer in der Mittelkonsole haben Westentaschenformat, das Handschuhfach kann dagegen gute Dienste leisten. Für Passagiere mit Standardmaßen ist auch das Fahren mit geschlossenem Dach kein Grund für Beklemmungsgefühle, es ist noch mehr als eine Handbreit Platz.

Stauraum hin oder her, niemand erwartet ernsthaft Platzwunder in einem Roadster, dafür verdient er in der Disziplin Design und Ästhetik hohe Wertungen. Der Fahrerplatz ist modern, aber dabei nicht überladen gestaltet; die runden Instrumente sind beige unterlegt, was dem ganzen einen klassischen Eindruck verleiht. Das kleine Sportlenkrad, ebenso wie Kofferraumdeckel und Haube vorne mit dem MG-Emblem verziert, hat Platz für einen serienmäßigen Fahrerairbag, während für einen Beifahrerairbag zusätzlich 650 Mark entrichtet werden müssen. In Sachen Sicherheit bietet der MGF Flankenschutz, ABS und vor allem aber eine erstaunlich verwindungssteife Karosserie, die sich auch von Schlaglöchern nicht ernsthaft aus der Ruhe bringen läßt.

Viele kleine Details, wie die zwei Auspuffrohre, den mit Imbusschrauben abgesetzten Tankdeckel, ein Hardtop zum Aufpreis von 2500 Mark oder die abschließbaren Felgen unterscheiden den MGF von den zahlreichen Konkurrenten, die sich seit diesem Jahr schon auf dem Markt tummeln. Bei Preisen von 39 500 Mark für die schwächere und 44 500 Mark für die stärkere Motorisierung wird der MGF nicht allzugroße Schwierigkeiten haben, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen - denn die Gruppe der MG-Fans, die nun eineinhalb Jahrzehnten warten mußten, ist nicht so klein wie man annehmen könnte.

Von Marion Zellner

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