Rover 114 Cabrio:Und wieder blinzelt die Sonne

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Der offene 100er ist die vierte Cabrio-Baureihe der Briten

(SZ vom 16.07.1994) Vielleicht liegt es am angeblich so miserablen englischen Wetter: Wenn schon einmal - jenseits des Ärmelkanals - die Sonne durch die Wolken blinzelt, zwingt dies den Briten offensichtlich hinaus aus den vier Wänden, um die seltenen wärmenden Strahlen zu genießen. Diese Chance soll auch haben, wer gerade im Auto unterwegs ist oder im Stau steht - diese Philosophie könnte man dem britischen Automobilhersteller, Rover, nachsagen. Denn Rover ist weltweit die einzige Automobilfirma, die gleich vier Cabriolet- Baureihen in ihrem Programm hat: den offenen Mini Cooper, das Cabriolet der 200-Baureihe (als 214i und 216i), den modernen Roadster-Nachbau MG RV8, und nun als jüngsten Sproß das 114i Cabriolet.

Zwei Jahre hat es gedauert, bis der offene 114 zu den Händlern in Deutschland rollen durfte, allerdings vorerst in nahezu homöopathischen Dosen. Zwar basiert er auf dem ehrwürdigen Austin Metro, aber offenbar ist das Aufschneiden eines Autos gar nicht so einfach: Der belgische Produzent, der dies ursprünglich bewerkstelligen sollte, ging pleite - aber schließlich wurde Rover im Schwäbischen fündig: Die bei Stuttgart beheimatete Firma ASC produziert nun die Stoffdächer samt Mechanismus, die dann nach England geliefert und im Rover- Werk Longbridge montiert werden.

Als Antriebsquelle dient ein 1,4-Liter- Aggregat, das 55 kW (75 PS) bereitstellt. Dies ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h, und wenn es sein muß, eilt die Tachonadel nach 12,1 Sekunden an der 100 km/h-Marke vorbei. Dieses Leistungspotential reicht völlig aus, um Cabrio-Fahren genießen zu können. Mit dem offenen 114er läßt es sich sogar recht schaltfaul bummeln, ohne daß der Motor bei niedertouriger Fahrweise allzugroße Unwilligkeit an den Tag legen würde. Den Drittelmix-Verbrauch beziffert Rover auf 6,5 Liter, was trotz des kleinen Tankvolumens von nur 35 Litern akzeptable Reichweiten garantieren sollte.

Weniger gut gefallen hat uns, daß der 114er sicherheitstechnisch nicht auf der Höhe der Zeit ist. Airbag und ABS sind weder für Geld, noch für gute Worte lieferbar. Da sind Konkurrenten wie das neue Fiat Punto Cabriolet oder der offene Peugeot 205 einfach weiter. Und der Kofferraum des Rover ist wirklich nur als kleine, dunkle Höhle zu bezeichnen, in die sich gerade mal eine Reisetasche verkriechen kann. Doch da sich die Rücksitzlehnen umklappen lassen, können auch zwei Koffer und mehr mit auf die Reise genommen werden, wenn nur zwei Personen mitfahren.

Doch genug der Mäkelei, schließlich dient ein Cabrio vor allem einen Zweck: Es soll dem Fahrer oder der Fahrerin Spaß bereiten. Und das tut der 114er schon dann, wenn man das Verdeck lüften möchte. Nach der manuellen Entriegelung zweier Spriegel hebt und senkt sich das Stoffdach auf einen Knopfdruck hin - ein serienmäßiges Ausstattungsdetail, das auch in teureren Open-Air-Autos nicht immer zu finden ist. Die Schaltung ist leichtgängig und präzise; auch Lenkung und Fahrwerk hinterließen bei ersten, kurzen Fahrten einen alltagstauglichen Eindruck. Klar, daß sich die Karosse auf Bahnübergängen oder schlechten Straßen etwas verwindet, was aber bei normaler Fahrweise kein Nachteil ist.

Von außen betrachtet, wirkt das 114i Cabriolet, das nur 3,52 Meter lang ist, eigenständig und erwachsen. Vor allem junge Leute werden Gefallen an ihm finden, zumal auch der Preis mit 29 900 Mark recht gut kalkuliert ist. Der offene Cooper kostet gar 90 Mark mehr, obwohl er nochmals eine Nummer kleiner ist. Aber dafür ist er ja auch ein Kultauto. 150 offene 114er will Rover heuer noch in Deutschland verkaufen, nächstes Jahr dann in etwa die doppelte Zahl. Das ist nicht viel - aber mehr wird aus England vorerst nicht geliefert.

Von Otto Fritscher

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