Straßenverkehr:Das THW, Freund und Helfer der Polizei

Helfer des Technischen Hilfswerks THW bei einem Unfall auf der A6

Verlorene Ladung einzusammeln gehört zu den Aufgaben der Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks.

(Foto: Stefan Muehlmann/THW-Bundesverband)

Pannenfahrzeuge absichern, verlorene Ladung aufklauben: Jedes Wochenende sind Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks auf den Autobahnen unterwegs - ein gefährliches Ehrenamt.

Von Marco Völklein

Gerade als Einsatzleiter Fabian Frank, 28, erklären will, dass so ein Dienst an der Autobahn auch mal lange Zeit nur aus Warten, Warten und nochmals Warten bestehen kann, genau da knarzt das Funkgerät. "Liegen gebliebener Lkw" ist aus dem Lautsprecher zu vernehmen. "In der Anschlussstelle Möhringen, Fahrtrichtung Karlsruhe." Kurz darauf schaltet Fahrer Steffen Köhler, 33, Blaulicht und Martinshorn ein, lenkt den blauen VW-Bus auf die A8 - und rast in Richtung der Autobahneinfahrt Stuttgart-Möhringen. Nach wenigen Minuten haben sie den Lkw erreicht.

Mit Warnblinklicht steht der Laster aus dem badischen Offenburg am Ende der Einfädelspur. Der Lastwagenfahrer beugt sich tief unter den Auflieger, ein lautes Zischen zeigt auch dem Laien an: Irgendetwas stimmt mit der Bremsanlage nicht. Für Einsatzleiter Frank, Fahrer Köhler und die beiden anderen Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) ist schnell klar: Dieser Einsatz wird länger dauern.

Jedes Wochenende sind Helfer wie Fabian Frank und seine Truppe im Einsatz auf deutschen Autobahnen, nicht nur rund um Stuttgart, sondern beispielsweise auch rund um München und andere Regionen. Ihre Aufgabe: Unfälle vermeiden. Oder, sofern das nicht möglich ist, schnell eingreifen, um größeren Schaden zu verhindern.

Konkret heißt das: Pannenfahrzeuge absichern, damit kein anderer Verkehrsteilnehmer in das Hindernis kracht. Liegt ein Spanngurt oder ein Holzscheit auf der Fahrbahn, eilen die Helfer in Blau herbei, um die Gefahr zu entschärfen. Und muss eine verwirrte Person entlang der Autobahn gesucht oder ein verirrter Schwan eingefangen werden, sind sie ebenfalls gefragt. "Wir kümmern uns um kleine Dinge", wird Köhler später am Abend erzählen, "damit nichts Großes daraus wird."

"Die ziehen hier rein wie bei der Rallye Monte Carlo"

An der Anschlussstelle Möhringen haben Einsatzleiter Frank und Fahrer Köhler sowie die beiden Helfer Eike Sommer, 30, und Clemens Engstler, 19, derweil ihren blauen VW Bus in Position gebracht. Er steht einige Meter hinter dem Lkw in der Einfädelspur, das Blaulicht ist an, ebenso die Warnblinkanlage. "Auf der Autobahn machst du alles an, was nur irgendwie blitzt und blinkt", sagt Köhler. Die Gefahr, von unachtsamen Verkehrsteilnehmern über den Haufen gefahren zu werden, ist groß - nicht nur bei den Beschäftigten der Autobahnmeistereien oder den Beamten der Autobahnpolizei. Auch Helfer von Rettungsdiensten, Feuerwehren oder eben des THW können so manche Geschichte erzählen von Beinahe- oder schweren Unfällen, teilweise mit Verletzten oder Toten.

Direkt hinter dem THW-Bus und seitlich entlang des Lkw haben die vier Helfer Pylonen aufgebaut, in der Autobahnzufahrt haben sie zudem dreieckige Warnschilder postiert. Dennoch kann Einsatzleiter Frank manchmal nur den Kopf schütteln: "Die ziehen hier rein wie bei der Rallye Monte Carlo." Trotz der Warnung geben immer wieder Autofahrer auf dem Beschleunigungsstreifen kräftig Gas - und müssen anschließend stark abbremsen, sobald sie das Lkw-Hindernis erkennen.

Die "Heros Süd" und die "Heros Nord" teilen sich die Aufgaben

Jeden Freitagnachmittag sind THW-Helfer auf der A8 und der A81 rund um die baden-württembergische Landeshauptstadt im Einsatz, an verkehrsreichen Tagen, etwa zu Beginn der Sommer- oder der Weihnachtsferien, auch an weiteren Tagen. In ihren Fahrzeugen haben die Helfer alles dabei, was sie benötigen könnten. Absperrmittel natürlich, aber auch Feuerlöscher, Sanitätsmaterial, Ölbinder und Besen sowie Werkzeug. Während Einsatzleiter Frank und seine Leute vom Ortsverband Neuhausen auf den Fildern an diesem Freitagnachmittag den Bereich südlich und östlich des Autobahnkreuzes Stuttgart abdecken, sind THW-Kollegen aus dem Ortsverband Bietigheim-Bissingen nördlich und westlich davon unterwegs. "Heros Süd" und "Heros Nord", so die Funkrufnamen der Teams, werden dabei von der Autobahnpolizei angefordert.

Die Polizisten wiederum sind "froh und dankbar", dass die THW-Leute da sind, wie Alexandra Klinke vom Polizeipräsidium Ludwigsburg erklärt. In dessen Zuständigkeit liegen auch die stark befahrenen Abschnitte von A 8 und A 81 rund um Stuttgart. "Insbesondere zu Stoßzeiten", sagt Klinke, würden die Beamten gerne auf die Unterstützung zurückgreifen. "Die werden von uns dann von A nach B und weiter nach C geschickt." An diesem Freitag etwa können Frank und seine Leute, während sie den Lkw in Möhringen absichern, per Funk verfolgen, wie die Kollegen von Heros Nord ebenfalls zu einem Pannen-Lkw auf der A81 und kurz darauf zu einem liegen gebliebenen Wohnmobil eilen.

Erst nach drei Stunden ist das Hindernis weg

Sechs Stunden mindestens dauert so ein Autobahndienst. Den erledigen die THW-Helfer ehrenamtlich, Geld bekommt keiner dafür. Warum sie es dennoch tun? Die jungen Männer zucken mit den Achseln. "Abwechslung vom Alltag" hätten sie gesucht. "Ich hab' schon bei Porsche im vollgelaufenen Keller gestanden und das Wasser abgepumpt", sagt Einsatzleiter Frank. Und natürlich habe der Wunsch, anderen zu helfen, eine Rolle gespielt. Zudem könnten die Helfer bei ihren regelmäßigen Diensten auf der Autobahn Einsatzerfahrung sammeln - etwa bei Fahrten mit Blaulicht und Martinshorn. Auch der Umgang mit dem Funk oder der THW-Technik wird so zur Routineübung.

Den Beschleunigungsstreifen an der Autobahneinfahrt Möhringen können die vier THW-Helfer an diesem Freitag übrigens erst nach fast drei Stunden wieder für den Verkehr freigeben. So lange dauert es, bis die Spedition einen Lkw-Pannendienst organisiert und dessen Monteure die defekte Bremse getauscht haben. "Im Zweifelsfall", sagt Frank, "hätte die Polizei die Stelle absichern müssen." So aber waren die Beamten frei für andere Einsätze auf der Autobahn.

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