Renault Grand Scénic:Grand mit Sieben

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23 Zentimeter mehr: Bei der größten Mégane-Variante sind wir auf der Suche nach Platz zum Sitzen.

Von Michael Harnischfeger

Eigensinnigkeiten, wie sie Henry Ford zu Eigen waren, sind längst undenkbar: Man könne sein Auto in jeder Farbe haben, sagte er einst über das Model T, es müsse nur schwarz sein. Sähe er die heutige Modellvielfalt, er verstünde die Welt nicht mehr.

Sieben! Aber keineswegs einfach zu entern... (Foto: Foto: Renault)

Zum Beispiel Renault: Aus dem sympathisch gezeichneten Mégane entwickelten die Franzosen mit dem Kombi, dem Coupé-Cabriolet, der Stufenheck-Limousine und dem Van Scénic eine Vielzahl von Versionen, deren letzte nun der Grand Scénic ist.

Enspanntere Formen

Das Wörtchen Grand steht für 23 Zentimeter mehr Länge (jetzt 4,49 Meter) bei fünf Zentimetern mehr Radstand. Beides stört den optischen Eindruck in keiner Weise, hilft ihm eher auf die Sprünge. Denn die größere Länge nimmt der Seitenansicht die Bremskeil-Anmutung der Kurzversion, die aus der sehr steil ansteigenden Bugpartie und dem kantigen Heck entsteht.

Mehr Stauraum gibt es natürlich auch. Sind die Einzelsitze der zweiten Reihe ausgebaut, wächst das Volumen von 1840 auf 1920 Liter; als Fünfsitzer genutzt, nimmt das Fassunsvermögen von 430 auf 550 Liter bis zur Fensterunterkante zu - ein Wert, mit dem zu fünft gut leben ist.

Sieben!

Doch das allein war natürlich nicht Sinn der Dehnübung. Denn was ist mit jenen Kunden, die sich mit fünf Sitzen nicht begnügen wollen? Die kaufen bislang Opel Zafira, den neuen Mitsubishi Grandis, den neuen Toyota Corolla Verso oder den VW Touran mit aufpreispflichtiger dritter Sitzreihe.

Also finden sich im Heck des Grand Scénic zwei Sitze, die sich mühelos ausklappen lassen. Schlaufe ziehen, Lehne und Sitzfläche, die als flacher Doppel-Pack in Mulden liegen, hochziehen; dann Lehne nach hinten kippen, einrasten, fertig. Mit 200 Litern ist der Stauraum dann jedoch so klein, dass sich mehr als ein Wochenendausflug zu siebt erledigt.

Man käme ohnehin nicht weit. Denn wer bei Klappkonstruktionen wie der des Grand Scénic automatisch an jene Sitze denkt, die in der Frühzeit des damals noch mehrheitlich offenen Automobils unter einer Klappe im Heck verborgen waren, ist schon dicht bei der ernüchternden Wahrheit.

Schwiegermuttersyndrom

Schwiegermuttersitz sagte man damals und meinte: Es ist nicht bequem dort, Platz gibt es auch nicht wirklich. Aber für die Gattinnenmutter, die dem Klischee nach so Unausstehliche wie Ungeliebte, muss es reichen. Vielleicht will sie ja gar nicht mit, damit wäre doch allen geholfen.

Beim Grand Scénic beginnt das Malheur schon beim Einsteigen. Für normal bewegliche Menschen ist es nur halbwegs zu schaffen, wenn der jeweilige Außensitz der mittleren Reihe weit nach vorn gerutscht mit versenkter Lehne Platz schafft. Hat man sich nach dem Entern gedreht und auf den Sitz plumpsen lassen, nimmt die Mühsal ihren Lauf.

Anleitung zum Unglücklichsein

Bleiben die Sitze der zweiten Reihe vorn, gibt es zwar mit gutem Willen genügend Beinraum. Doch das Dach drückt natürlich immer noch auf den Scheitel, und die zweite Reihe ist für jeden Mitfahrer vom Teenager-Alter aufwärts gesperrt - kein Platz. Rücken die Sitze weiter zurück, kann ganz hinten niemand mehr sitzen.

Den Grand Scénic als Siebensitzer nutzen zu wollen, gleicht einer Anleitung zum Unglücklichsein: Fahrer und Beifahrer rücken so weit wie möglich vor, die in der zweiten Reihe auch. So sitzen alle mehr schlecht als recht - und Schwiegermutter wird erwartungsgemäß jeden Platz außer dem vorn rechts unzumutbar finden.

19.300 Euro werden wenigstens fällig - ob der Aufpreis von 1000 Euro gegenüber dem Fünfsitzer gerechtfertigt ist, wird zu Diskussionen führen. Renault erwartet jedenfalls, dass sich jeder vierte Scénic-Käufer für den Grand mit Sieben entscheiden wird.

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