Renault Fluence 2.0:Rude Boy

Neuer Name, neues Gesicht, neue Größe: Der Fluence ist nicht nur die Stufenheckversion des Mégane, er ist auch einfach der nette, etwas raue und lümmelige Junge von nebenan.

Günther Fischer

Erinnert sich noch jemand an die Fluence-Studie anno 2004? Sie war ein mutiger Ausblick auf eine mögliche Zukunft der Marke Renault. Daraus wurde leider nichts - bis auf wenige Ausnahmen kehrte gepflegte Langeweile in die Modellpalette ein.

Der neue Fluence nun hat mit der Studie von damals nicht mehr gemein als den Namen. Dennoch: Es ist lange her, dass wir ein Stufenheck einigermaßen ansehnlich fanden - in diesem Fall sind wir von uns selbst überrascht. Und ja, der Einwand muss sein: Fast wie bei einem Coupé geht es natürlich ein wenig auf Kosten der Rundumsicht und der Kopffreiheit.

Technisch basiert der Fluence weitgehend auf dem Mégane, von dem auch die Motoren stammen. Im Innenraum gibt es ohnehin kaum Unterschiede. Die Dimensionen des Wagens sind allerdings andere: Mit 4,61 Metern Länge kommt er dem hauseigenen Laguna bereits gefährlich nahe (der ist nur zehn Zentimeter länger).

Die Länge hat einen großen Vorteil: Im Heck lassen sich 530 Liter Gepäck bunkern. Zudem kann der Laderaum durch die asymmetrisch geteilt umklappbare Rückbank vergrößert werden. Das ist mit Sicherheit auch einer vorausschauenden Raumgestaltung zu verdanken: Renault will den Fluence demnächst elektrifizieren - und die Batterie braucht ja Platz.

Das Fahrwerk ist betont komfortabel ausgelegt, die Lenkung jedoch weitgehend gefühllos und in ihrem Ansprechverhalten auch ein wenig zu eckig. Lange Bodenwellen bringen den Fluence weit weniger aus der Fassung, als kurze Schläge - womit er als Langstreckenauto qualifiziert ist.

Angenehm macht sich das niedrige Leergewicht von nicht einmal 1,3 Tonnen bemerkbar - der Franzose mit seinem 140-PS-Motor (weniger sollten es nicht sein) wirkt erstaunlich leichtfüßig. Den Spurt 0 auf 100 km/h schafft er in 9,9 Sekunden; die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 200 km/h.

Im Schnitt hat sich der geräumige Fluence, der in Busa in der Türkei produziert wird, mit 8,3 Litern Super auf 100 Kilometern zufrieden gegeben - was erfreulicherweise nur wenig über dem offiziell angegebenen Verbrauch liegt.

Im Alltag ein wenig rüde

Auch die Serienausstattung ist ordentlich. Manuelle Klimaanlage , ESP, sechs Airbags, Radio, elektrische Spiegel, Mittelarmlehne und Tempomat sind serienmäßig. Wer mehr möchte: Für 2000 Euro Aufpreis gibt es Alufelgen, Keyless Go, Einparkhilfe und Klimaautomatik

Was aber tatsächlich nervt, sind der etwas rüde Umgangston, dessen sich das Auto seinem Benutzer gegenüber befleißigt, und die Zumutungen des Alltags: Nicht angeschnallt? Der Warnton gellt Tinitus-gefährdend in den Ohren. Der Blinker tackert so laut, als müsste er einen Traktormotor übertönen (wobei, auch das muss gesagt sein, der Fluence ansonsten verhältnismäßig leise unterwegs ist).

Dem Kofferraumdeckel fehlt innen und außen ein praktikabler Handgriff zum Zuziehen - man holt sich in jedem Fall schmutzige Finger. Ziemlich uncharmant, das. Auch wenn das Auto preiswert vorfährt: Für eine Plastikmulde mehr hätten wir auch zehn Euro mehr bezahlt.

Der Abteilung Alltagsrätsel muss auch der Umstand zugeordnet werden, dass wir den Tempomaten (und den Begrenzer) mit einem kleinen Kippschalter zwischen den Vordersitzen einschalten müssen, bevor wir ihn dann mittels Lenkradtasten weiter bedienen und benutzen können.

Dasselbe gilt für die unvermutet auftauchende Fernbedienung fürs Navigationssystem ("nur" 460 Euro Aufpreis): Andere Hersteller wie zum Beispiel Volvo haben diesem Unsinn gerade ein Ende bereitet, da kommt er durch die Hintertür bei Renault wieder herein. Und die Bedienlogik ist ohnehin nochmal ein ganz eigenes Kapitel.

Das sind so ganz unfranzösische Zumutungen. Es dürfte nicht allzuviel Aufwand bedeuten, diese Unzulänglichkeiten zu beseitigen. Wer aber darüber hinwegsehen kann und sich für dennoch einen Fluence entscheidet, bekommt allerdings einen ganz patenten Alltagsbegleiter.

Renault Fluence 2.0 16V 140: 103 kW / 140 PS; max. Drehmoment 195 Nm bei 3750 U/min; 0-100 km/h: 9,9 sec.; Vmax 200 km/h; Testverbrauch 8,3 l (Werksangabe: 7,9 l); Euro 5, CO2: 182 g/km; Preis: ab 21.050 Euro

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