Rekordnachlässe auf dem Automarkt:In Deutschland herrscht Rabattkrieg

Die Deutschen bekommen zurzeit Neuwagen zum absoluten Schnäppchen-Preis. Was den Kunden gefällt, ist für viele Händler und Hersteller bitter. Wer soll da noch Geld verdienen? Sogar Edelmarken gewähren inzwischen Preisnachlässe.

Thomas Fromm

Toshiaki Yasuda ist ein ruhiger, bedächtiger Mann. Keiner von denen, die ihre Rivalen öffentlich angehen. Wie etwa Fiat-Chef Sergio Marchionne, der seine Kollegen von Volkswagen vor einigen Wochen laut beschuldigte, den Bogen bei Autorabatten zu überspannen und dabei von einem "Blutbad" bei Preisen sprach. Der Toyota-Deutschland-Präsident ärgert sich lieber leise. Vor zwei Wochen saß er in einem weißen Pavillon bei der Automesse in Paris und lächelte - auch wenn ihm wohl gar nicht zum Lächeln zumute war. Die Zeiten seien alles andere als erfreulich für einen Autokonzern, meinte er. Da die Kunden nicht mehr in Autohäuser gingen, weil sie sich für Autos interessierten. "Sie interessieren sich nur noch für die Höhe der Rabatte", sagte er. Je mehr Prozente beim Händler, desto eher wird ein Auto gekauft. Gerade in diesen Zeiten, wo sich die Menschen wegen der Krise zwei Mal überlegen, ob sie Geld für ein neues Auto ausgeben.

Nicht nur für einen Autohersteller, dessen Ingenieure jahrelang an neuen Technologien gearbeitet und viel Geld investiert haben, kann das Schnäppchenjagen im Verkaufsraum ganz schön frustrierend sein. Auch für den Händler selbst ist das Feilschen im Grunde eine unerfreuliche Sache - es drückt seine Gewinnmarge.

Nur die Höhe der Rabatte entscheidet über den Kauf

Und doch können viele Konzerne und Händler gar nicht anders: Auf dem deutschen Automarkt herrscht so etwas wie Krieg. Rabattkrieg. Es gewinnt nicht der, der die besseren Autos verkauft. Sondern der, der die besten Preise macht. Eine Studie des Car-Instituts der Universität Duisburg-Essen zeigt: Allein im September haben die Hersteller insgesamt 435 Sonderaktionen veranstaltet, um den Kunden ihre Modelle schmackhaft zu machen.

Nicht zufällig war der September ein Monat, in dem die Zahl der Pkw-Neuzulassungen in der EU um 10,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat geschrumpft ist - ein Katastrophenmonat also. Mit katastrophalen Preisen: Der durchschnittliche Nachlass lag bei rund 13 Prozent; bei 30 Modellen sogar bei 18,5 Prozent. Honda und Citroën verkauften Autos bis zu 30 Prozent unter Listenpreis. Ein verzweifelter Kampf, mit dem zwar Autos in den Markt gedrückt werden. Die Gewinnmargen der Hersteller aber schmelzen wie Margarine in der Sommersonne.

Selbst die, die von sich sagen, sie wollten beim Preiskrieg außen vor bleiben, geben Rabatte - wenn auch nur indirekt, indem sie mit Tankgutscheinen wedeln, zinslose Finanzierungspakete schnüren oder für den Altwagen ungewöhnlich hohe Summen veranschlagen. Unter dem Strich sieht das besser aus, als Autos zu verramschen. Kommt aber am Ende fast aufs Gleiche heraus.

Hersteller und Händler schummeln mit "taktischen Zulassungen"

Besonders beliebt sind bei Herstellern und Händlern die sogenannten "taktischen Zulassungen". Das bedeutet: Autos, die eigentlich neu sind, werden in wenigen Stunden in preiswertere Gebrauchtwagen verwandelt. Jeder dritte Wagen wurde im September auf diese Weise verkauft. Der Kreislauf des Autos sieht dann so aus: Statt direkt über den Kunden wird das Auto erst mal beim Hersteller oder Händler zugelassen. Kurze Pro-forma-Anmeldung, dann geht es weiter als Tageszulassung oder Gebrauchtwagen. Der Vorteil dabei: Offiziell gibt der Hersteller keine Neuwagen-Rabatte und kann also, wenn sich die Lage am Automarkt wieder bessert, seine taktischen Zulassungen schnell wieder zurückfahren. Einmal gegebene Großrabatte auf einzelne Modelle sind dagegen nur schwer wieder zurückzuholen.

Wahre Meister beim Taktieren sind der Car-Studie zufolge die Marken Alfa Romeo, Chevrolet und Jaguar, wo im vergangenen Monat fast zwei Drittel aller Neuzulassungen erst einmal über Händler und Importeure liefen. Auch Opel nutzte das Instrument ausgiebig; der Anteil lag bei 44,4 Prozent, gefolgt von Porsche mit 37,1 und Volkswagen mit 36,3 Prozent. Dass ausgerechnet der europäische Marktführer so stark auf das Instrument zurückgreift, hält die Studie für "ein beunruhigendes Signal". Zurückhaltend dagegen ist - nur wenig überraschend - die rumänische Renault-Tochter Dacia. Viel billiger geht's eben nicht mehr.

Dass Toyota-Deutschland-Chef Yasuda den Kampf um die billigsten Autos nicht mag, liegt auf der Hand: Die Geiz-ist-geil-Strategie kappt auf lange Sicht nicht nur die Gewinne der Autobauer, sie schadet auch dem Markenimage. Deshalb halten Experten es für sinnvoller, die Menge der Produktion dem tatsächlichen Absatz anzupassen. Weniger Fahrzeuge auf den Bändern, weniger Schichten - zur Not Kurzarbeit. Im schlimmsten Fall aber ginge dies nicht ohne Stellenabbau. Und das versuchen die meisten Hersteller gerade zu verhindern.

Lesen Sie hier, wie Sie beim Autokauf richtig feilschen.

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