Süddeutsche Zeitung

Reisezeit:Wie Autofahrer Staus überstehen - oder sogar vermeiden können

  • Experten geben Tipps, wie man sich in Staus richtig verhält und wie man sie vielleicht sogar vermeiden kann.
  • Wer mit Kindern reist, sollte einige zusätzliche Dinge beachten, wie etwa Spielsachen einpacken, für Unterhaltung sorgen und genügend Pausen einlegen.

Die Reisewelle rollt durch Deutschland. Der ADAC warnt vor einem zähen Wochenende auf den Autobahnen. Denn in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein beginnen die Sommerferien. Bereits seit der vergangenen Woche urlauben Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Vor allem Richtung Süden wird es deshalb vielerorts nur mühsam vorwärts gehen.

Fast eine halbe Million Mal stand der Verkehr auf deutschen Autobahnen laut ADAC 2014 still - ein Rekord. Insgesamt summierten sich die gemeldeten Staus auf eine Dauer von 285 000 Stunden - umgerechnet mehr als 32 Jahre. Damit es bei Ihnen nicht ganz so lange dauert, haben wir ein paar Tipps für Sie zusammengetragen.

Wie entsteht eigentlich ein Stau?

"Stau entsteht immer dann, wenn unterschiedliche Geschwindigkeiten aufeinandertreffen", sagt Christian Buric vom ADAC. Dann müssen mehrere Autos abbremsen - es kommt zu einer Kettenreaktion. So ist es möglich, dass ein Stau scheinbar aus dem Nichts entsteht.

Stau-Risiko besteht darüber hinaus an Unfallstellen und vor allem an Engpässen wie Baustellen. Davon gibt es zur Zeit viele auf den Autobahnen der Republik: Mehr als 400 sind dem ADAC bekannt. Nach Angaben des Stuttgarter Stauforschers Markus Friedrich liegt die Kapazität der Autobahnen im Schnitt bei etwa 2000 Fahrzeugen pro Fahrstreifen und Stunde. Nach seiner Faustregel führen 100 Fahrzeuge mehr zu einem Kilometer Stau.

Wo treten Staus besonders häufig auf?

Hinsichtlich der Staukilometer lagen dem ADAC zufolge im vergangenen Jahr erneut Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg an der Spitze. Nordrhein-Westfalen ist ein riesiger Ballungsraum mit einem dichten Netz an Autobahnen. In Bayern und Baden-Württemberg rollt besonders viel Ferienverkehr Richtung Süden. Auf diese drei Bundesländer entfielen 63 Prozent aller Staukilometer. "Die fünf klassischen Ferienstaurouten sind A1, A3, A7, A8, A9", sagt ADAC-Sprecher Johannes Boos.

Wie können Autofahrer einen Stau vermeiden?

Gerade samstags ist mit Stau auf der Autobahn zu rechnen - denn das ist der beliebteste An- und Abreisetag. "Wer die Möglichkeit hat, sollte deswegen erst sonntags oder montags losfahren", rät Buric. Auch die Tageszeit spielt eine Rolle: "Vormittags und nachmittags ist mehr los als in den frühen Morgenstunden." Deswegen sollten Autofahrer möglichst früh losfahren, am besten schon in der Nacht. Dass man sich vorher genug Ruhezeit genommen hat, um die Fahrt ausgeschlafen und entspannt antreten zu können, versteht sich von selbst.

Was hilft, wenn man doch in einen Stau gerät?

Für den, der einmal im Stau drinsteckt, gibt es leider kaum ein Entkommen, sagt Buric. Viele sehen Rettung in der nächsten Abfahrt - sind damit aber nicht alleine. "Deswegen hilft das in der Regel nicht weiter", sagt der Experte. Oft gebe es auf den Landstraßen hinter der Ausfahrt neue Staus, die Ausweichstrecken verstopfen.

Darf man bei Stau auf den Standstreifen ausweichen?

Entschiedenes Nein vom Experten: "Der Standstreifen ist tabu", sagt Christian Buric. Vereinzelt gebe es Ausnahmen. Die sind dann durch Schilder gekennzeichnet, die den Standstreifen als eine - in der Regel dritte - Fahrspur ausweisen.

Wenn gar nichts mehr geht: Dürfen Insassen kurz aussteigen?

Eigentlich ist das laut Straßenverkehrsordnung auch im Stau nicht erlaubt und wird mit einem Bußgeld von zehn Euro geahndet - doch wenn auf der Autobahn gar nichts mehr geht, macht die Polizei schon mal eine Ausnahme. "Solche Fälle werden in der Regel nicht verfolgt", sagt Buric. Er rät Insassen jedoch, sich nie weit vom Auto zu entfernen, schließlich kann sich der Stau genauso schnell wieder auflösen, wie er entstanden ist.

Wenn der Krankenwagen kommt: Wo ist die Rettungsgasse zu bilden?

"Das ist eigentlich gar nicht so schwer", sagt der Experte. Bei zweispurigen Autobahnen müssen Rettungsfahrzeuge in der Mitte durchpassen, bei Straßen mit drei Spuren zwischen der linken und der mittleren Fahrspur.

Welche Tipps gibt es für die Urlaubsfahrt mit Kindern?

Lange Autofahrten in den Urlaub sind für Familien eine Herausforderung. Damit es für die Kinder nicht allzu langweilig wird - und um die Nerven der Eltern zu schonen - bereiten Familien die Fahrt am besten gemeinsam vor. Dana Urban von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung schlägt vor, mit dem Kind einen kleinen Reiserucksack für die Fahrt zu packen. Darin können beispielsweise Musik, ein Hörbuch und ein Buch zum Anschauen oder Lesen sein. Auch kindgerechte Rätselbücher vertreiben die Zeit.

Für viele Familien sind Smartphones, Tablets und andere Geräte als Spielzeug nicht mehr wegzudenken - die Kinder sollten sich aber nicht die ganze Zeit damit beschäftigen. Schon vor der Fahrt suchen Eltern idealerweise passende Medien heraus und installieren sie auf dem Gerät. Gut sind beispielsweise kindgerechte Infos zum Reiseziel. Bei Spielen können Eltern darauf achten, dass sie werbefrei und nicht überladen sind und auch offline funktionieren.

Ein pausenloser Einsatz der Geräte überfordert die Kinder allerdings und wirkt nicht entspannend, wie die Expertin betont. Besser sei es, auch mal mit der Familie die Klassiker "Ich packe meinen Koffer" oder "Ich sehe was, was du nicht siehst" zu spielen und gemeinsam Geschichten zu erfinden. Eine weitere Idee: Jedes Familienmitglied darf sich etwas wünschen, das es besonders gern im Urlaub machen möchte. Wer das im Stau bespricht, hat schon ein bisschen Zeit überbrückt.

Bei kleineren Kindern kann es helfen, wenn ein Erwachsener mit auf der Rückbank sitzt und sich dort um den Nachwuchs kümmert. Der ADAC rät außerdem, mit Kindern im Auto alle zwei Stunden eine Pause einzulegen. Familien können einen Stau also auch nutzen, um sich an der Raststätte die Beine zu vertreten.

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