Recycling im Straßenbau:Grüner Asphalt

Der Hamburger Jungfernstieg war Deutschlands erste asphaltierte Straße. Nun könnte eine andere Straße der Hansestadt ähnlich berühmt werden - zumindest unter Straßenbauern: Der Pollhornweg. Hier hat gerade eine Asphaltrevolution begonnen.

Jens Schneider

Schnee und Eis setzen in diesem Winter den Straßen besonders zu: Schon jetzt ist absehbar, dass auf die Städte im Frühjahr hohe Kosten für das Ausbessern der Schlaglöcher zukommen. Künftig könnte der Asphalt aber deutlich billiger aufgetragen werden, sollte sich ein neues Verfahren durchsetzen, das jetzt erstmals in Hamburg auf einer öffentlichen Straße erprobt worden ist: Dort ist ein 500 Meter langer Abschnitt mit nahezu vollständig recyceltem Asphalt überzogen worden. Eine "geniale Geschichte" sei das, jubelt Michael Omen von der Behörde für Stadtentwicklung.

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Schnee und Eis setzen den Straßen besonders zu - eine neue Methode zum Straßen könnte bald Umwelt und Kommunen entlasten.

(Foto: ddp)

Mit Asphalt hat Hamburg einige Erfahrung, schließlich wurde damit im Jahr 1838 der Jungfernstieg an der Binnenalster als erste deutsche Straße gedeckt. Der Name Pollhornweg ist weniger weltläufig, dahinter verbirgt sich auch kein eleganter Boulevard, sondern eine Straße im Hafen. Dennoch könnte es der Pollhornweg in Hamburg-Wilhelmsburg zu einiger Berühmtheit bringen, jedenfalls unter den Straßenbauern dieser Welt: Der Recycling-Asphalt dort ist nicht nur ökologisch ein Fortschritt, sondern auch noch 30 Prozent billiger als eine konventionelle Fahrbahndecke

Im September wurde der alte, zerschundene Asphalt sorgfältig abgefräst, dann mit einer neuen Technik aufbereitet und wieder aufgetragen. Nach den guten Erfahrungen wollen die Hamburger nun weitere Versuchsstraßen in Auftrag geben. Der Vorteil: Anders als bisher fällt kein Schutt an. Für die "grüne Asphaltdecke" müssen weder Mineralstoffe wie Sand oder Splitt aufbereitet werden. Vor allem aber werden dafür keine teuren, auf Erdöl basierenden Bitumen gebraucht. "Mit den alten Straßen haben wir quasi unser Bitumen-Lager vor der Haustür", sagt Omen.

Nicht zu stoppen

Bundesweit werden zwar immer weniger Straßen gebaut, der Asphalt wird vor allem für Sanierungen benötigt. Jährlich fallen hierbei 14 Millionen Tonnen "Ausbauasphalt" an. Schon länger wird das Material der alten Straßen zum Teil wiederverwendet, allerdings bisher nur für den Unterbau. Das Verfahren für die Recycling-Decke hat der Hamburger Gerhard Riebesehl mit einem Team in jahrelanger Forschung entwickelt. Für die Wiederverwendung müssen die Schichten beim Ausbau sorgsam getrennt werden. Bei der Aufbereitung wird ein neuartiges Additiv auf Grundlage einer Wachs-Öl-Kombination dazugegeben. Seit 2006 hat die Firma, für die Riebesehl arbeitet, 12.000 Tonnen des aufbereiteten Asphalts verbaut, der sogar dem Schwerlastverkehr widersteht.

"Da haben wir was ins Rollen gebracht, was nicht zu stoppen sein wird", glaubt man bei der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde. Bald könnte das technische Regelwerk für das neue Verfahren geöffnet werden. Hier dürfte in anderen Kommunen noch ein Hindernis liegen. Denn Verordnungen lassen in einigen Ländern bisher nur einen deutlich geringeren Anteil an Recycling-Asphalt zu.

Gerhard Riebesehl bereitet unterdessen weitere Projekte vor: In England wird das Verfahren erprobt. Und kürzlich hat er auch mit Brasilien verhandelt. Hier war nicht von 500 Metern die Rede, sondern von mehreren hundert Kilometern am Amazonas.

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