Rauchen im Auto:Woran das Nichtrauchergesetz für das Auto scheitert

Rauchen am Steuer

Rauchen am Steuer

(Foto: picture alliance / dpa)

In vielen Ländern ist Rauchen im Auto in Gegenwart von Kindern verboten - nicht aber in Deutschland. Dabei kann eine Zigarette den Innenraum zu einer echten Qualmhölle machen.

Analyse von Thomas Harloff

Im falschen Moment mit dem Finger zu schnippen, kann teuer werden. Nämlich dann, wenn dabei eine Zigarettenkippe aus dem Auto fliegt. Bis zu 50 Euro kann das Bußgeld betragen. Verursacht man damit gar einen Unfall, zum Beispiel eines Fahrrad- oder Motorradfahrers, kann sogar ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung folgen. Landen die Zigarettenstummel jedoch wie vorgesehen im Aschenbecher des Autos, kann hinter dem Steuer oder auf den Beifahrersitzen theoretisch so stark gequalmt werden, dass es einen Katalysator für den Innenraum bräuchte. Eine Strafe allein für das Rauchen am Steuer sieht die deutsche Straßenverkehrsordnung nämlich nicht vor.

In manchen anderen Ländern sind die Gesetze weitaus strenger. Seit Herbst vergangenen Jahres darf in Großbritannien nicht mehr im Auto geraucht werden, wenn sich minderjährige Personen an Bord befinden. Selbst dann nicht, wenn die Fenster oder das Schiebedach geöffnet sind. Wer sich nicht an das Verbot hält, zahlt 60 Pfund, umgerechnet etwa 76 Euro. Es sei denn, das Auto ist ein Cabrio und das Dach offen.

Rauchverbote von Australien bis Zypern

Ähnliches gilt in Frankreich: Lässt man sich dabei erwischen, wie man im Auto in Gegenwart von unter 18-Jährigen raucht, droht seit vergangenem Jahr eine Strafe von 68 Euro. Sogar bis zu 1500 Euro muss jemand zahlen, der sich in Griechenland im Auto eine Zigarette anzündet, wenn Kinder unter zwölf Jahren mitfahren - und das schon seit Ende 2010. Ähnliche Regelungen gibt es Italien, Südafrika, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Zypern, in weiten Teilen Australiens und Kanadas sowie in einigen Bundesstaaten der USA. In manch anderen Ländern sind Rauchverbote im Auto im Gespräch. Aber auch dort nicht generell, sondern nur dann, wenn Minderjährige mitfahren.

Wie sich Rauchen im Auto auf die Gesundheit der Insassen auswirken kann, zeigt eine Studie der Universität im schottischen Aberdeen. Die Forscher fanden heraus, dass die Feinstaubbelastung in einem Raucherauto im Schnitt 85 Mikrogramm pro Kubikmeter beträgt. In einem Extremfall stieg die Zahl gar auf 880 Mikrogramm an. In rauchfreien Autos haben die Wissenschaftler einen Durchschnittswert von nur 7,4 Mikrogramm gemessen. Zum Vergleich: Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt für geschlossene Räume einen Grenzwert von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Die Drogenbeauftragte fürchtet eine hohe Dunkelziffer

In Deutschland scheint das kein großes Problem zu sein. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes INSA zufolge kennen 89 Prozent der Befragten die Risiken, denen Kinder durch rauchende Erwachsene im Auto ausgesetzt sind. Und nur vier Prozent gaben an, sich im Auto auch dann eine Zigarette anzuzünden, wenn Kinder im Auto sitzen. Dennoch möchte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), im Auto mitfahrende Kinder besser vor rauchenden Erwachsenen schützen - auch weil sie fürchtet, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt: "Mein Appell an alle Raucherinnen und Raucher lautet: Verzichten Sie aufs Rauchen, wenn Kinder anwesend sind oder sogar im Auto mitfahren!"

Der Unterstützung der Ärzte kann sich die CSU-Politikerin sicher sein. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) spricht sich für ein Rauchverbot im Auto aus, wenn Kinder mitfahren. Die Experten begründen das auch mit körperlichen Unterschieden. Passivrauchen schädigt Kinder stärker als Erwachsene, da sie öfter atmen und ihr Entgiftungssystem noch nicht ausgereift sei. Sie haben deshalb ein erhöhtes Risiko für Atemwegsbeschwerden und -erkrankungen, eine beeinträchtigte Lungenfunktion und Mittelohrentzündungen. Das DKFZ wähnt bei seinem Vorstoß die breite Mehrheit der Bevölkerung auf seiner Seite. So sollen sich 87,1 Prozent der Befragten für ein Rauchverbot im Auto aussprechen. Sogar unter den Rauchern soll die Zustimmungsquote bei mehr als 78 Prozent liegen.

Nichtrauchergesetz für das Auto? Eine Frage der Zuständigkeiten

Dass es mit einem deutschen Nichtrauchergesetz für das Auto so lange dauert, hat mit komplizierten juristischen Feinheiten in Deutschland zu tun. Nichtraucherschutz ist Ländersache, und wie kompliziert und uneinheitlich so etwas gelöst werden kann, hat die Einführung des Rauchverbots in Restaurants, Bars und öffentlichen Gebäuden gezeigt. Selbst, wenn sich der Bund zu einem Gesetzgebungsverfahren durchringen würde, fragt sich, welches Ministerium zuständig wäre. Das Familienministerium, weil es um Jugendschutz geht? Das Verkehrsministerium, da Sicherheitsaspekte im Vordergrund stehen? Vielleicht auch das Gesundheits- oder gar das Wirtschaftsministerium?

Außerdem ist das Auto ein privater Raum, gesetzliche Eingriffe müssten durch besonders stichhaltige Argumente verfassungsrechtlich abgesichert werden. Neben der Tabaklobby argumentieren auch einige Politiker, dass ein solches Gesetz die private Freiheit unverhältnismäßig beschneiden würde. Zudem führen sie an, dass sich ein Nichtrauchergesetz für das Auto kaum kontrollieren ließe - was freilich nicht verhindert hat, dass seit 2001 nicht mehr am Lenkrad telefoniert werden darf.

Druck von der EU bleibt aus

Wenn man sich hierzulande nicht einig wird, könnte die EU ein bisschen Druck ausüben. Doch auch hier hält man sich stark zurück. Die letzte Initiative ist bereits fast fünf Jahre her, seinerzeit angestoßen von der irischen Gesundheitsexpertin Nessa Childers und dem damaligen EU-Gesundheitskommissar John Dalli aus Malta. Sie verpuffte, weil die meisten Mitgliedsländer wenig Interesse zeigten, den Vorschlag umzusetzen.

Bei all diesen Wenns und Abers ist es kein Wunder, dass es bisher zu nicht mehr als halbherzigen Kampagnen gereicht hat. Doch Plakate und vereinzelte Werbebanner auf Internetseiten dürften nur die wenigsten Auto-Raucher zum Umdenken bewegen. Schließlich befriedigen sie mit ihrem Verhalten eine Sucht. Und wenn Sucht im Spiel ist, tritt Vernunft oft in den Hintergrund.

Vielleicht hilft hier ein Blick ins Ausland, um sich inspirieren zu lassen. Zusammen mit Krankenkassen und dem Autofahrerclub ARBÖ hat das Land Niederösterreich zu Jahresbeginn die Kampagne "Unser Auto ist rauchfrei" gestartet. Dabei werden nicht nur Aufkleber verteilt, sondern auch Pfefferminzbonbons, die dazu motivieren sollen, auf die Zigarette im Auto zu verzichten. Wenn man beim Fahren schon unbedingt etwas im Mund haben muss, dann lieber etwas Zucker als eine Stange Nikotin.

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