Ratgeber:Worauf Sie beim Kauf eines gebrauchten Fahrrads achten sollten

Ratgeber: Neuanschaffung Zweirad: Mit ein paar Tipps lässt sich "gebraucht" Geld sparen. Symbolbild.

Neuanschaffung Zweirad: Mit ein paar Tipps lässt sich "gebraucht" Geld sparen. Symbolbild.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Dieser Ratgeber verrät, wo es die besten Angebote gibt, wie sich der Zustand überprüfen lässt und was gebrauchte Fahrräder kosten dürfen.

Fragen und Antworten von Thomas Harloff

Viel Geld ausgeben, um die Farbe aussuchen zu können? Oder die Ausstattung? Um sicherzugehen, dass niemand anderes bereits seine Spuren hinterlassen hat? Nicht nur Autofahrern ist all das den enormen finanziellen Aufschlag nicht mehr wert. Doch genau wie beim Gebrauchtwagen gibt es auch beim Kauf eines Fahrrads aus zweiter oder dritter Hand einiges zu beachten. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Bei wem sollte man ein gebrauchtes Fahrrad kaufen?

Das ist vor allem eine finanzielle Frage. Wer es sich leisten kann oder will, sollte einen Fahrradladen ansteuern. Manche Händler haben sich auf gebrauchte Räder spezialisiert, andere verkaufen sie nebenbei. Selbst viele der großen Fahrradmärkte haben inzwischen Second-Hand-Abteilungen. Der Vorteil: Hier werden die Räder noch einmal vom Fachmann überprüft, bevor sie in den Verkauf gehen, fehlendes Zubehör kann man gleich mitkaufen. Kleinanzeigen in Zeitungen, Fachzeitschriften oder im Internet sind eine weitere klassische Möglichkeit, sich über das Angebot zu informieren, und natürlich die großen Auktions-Seiten im Internet.

Auf (Fahrrad-)Flohmärkten und bei städtischen oder polizeilichen Versteigerungen können Schnäppchen auf einen neuen Besitzer warten. Aber Vorsicht: In beiden Fällen ist es schwierig, eine ausgiebige Probefahrt zu absolvieren. Bei Ebay und Co. ist das fast unmöglich.

Wie sollte ein erster Schnellcheck aussehen?

Soll es ein Flohmarkt-Fahrrad für 20 Euro sein, reicht ein grober Schnellcheck, um den Pflegezustand beurteilen zu können. Wurde es vor dem Verkauf geputzt oder nur halbherzig gesäubert? Die Antwort auf diese Frage gibt schon einen ersten Hinweis, wie gut der Besitzer sein Rad gepflegt hat. Zudem gilt es, Grundsätzliches zu klären: Handelt es sich um ein Markenrad? Kann der Besitzer Auskunft darüber geben, wie alt das Fahrrad ist, wie viele Kilometer es ungefähr gefahren und wie es hauptsächlich genutzt wurde? Wichtig ist außerdem, ob es im Freien oder vor Wind und Wetter geschützt geparkt wurde.

Was sollte man besonders in Augenschein nehmen?

Zuerst den Verkäufer: Nennt er von sich aus die Mängel? Wenn nicht, kann jede Auffälligkeit den Preis drücken. Je mehr Geld der Verkäufer haben möchte, umso intensiver sollte sich der Interessent das Bike anschauen. Hat es sichtbare Unfallschäden? Falls ja, ist es besser, nach einem anderen Fahrrad Ausschau zu halten. Ist es verwittert oder sogar rostig, spricht das einerseits dafür, dass es in letzter Zeit selten bewegt wurde - und dass es nicht vor Nässe, Kälte oder Hitze und Sonneneinstrahlung geschützt im Fahrradkeller oder in der Garage parkte.

Der Rahmen hat einen besonders genauen Blick verdient. Hat er Dellen, sollte das zumindest den Preis drücken. Besser Finger weg von einem Rad, dessen Rahmen Risse aufweist, bei dem sich Rost an den Schweißnähten gebildet hat oder dessen Rahmen gar verbogen ist. Zudem sind die Reifen wichtig: Sind sie trocken, porös oder rissig? Sitzen sie fest auf der Felge? Überhaupt, die Räder: Drehen sie sich schwer oder leicht auf der Achse, zeigen sie eine Unwucht, sind die Felgen rostig, sitzen die Speichen fest? Nicht zu vernachlässigen sind die Bremsen. Wenn diese keinen übermäßigen Verschleiß zeigen und die Seilzüge beziehungsweise Leitungen gleichmäßig laufen, ist schon viel gewonnen. Ähnlich sieht es bei der Kette und den Zahnrädern aus. Beides sollte zudem gut geschmiert sein.

Soll das Fahrrad als Sportgerät genutzt werden, etwa bei einem Mountainbike oder Rennrad, muss noch genauer hingeschaut werden. Das gilt auch für E-Bikes (hier finden Sie einen ausführlichen Ratgeber).

Wie lässt sich das alles überprüfen?

Um zu testen, ob die Räder eine Unwucht haben, heben Sie das Fahrrad leicht an und drehen Sie die Räder. Halten Sie einen Finger dicht an das Rad. Wenn der Abstand immer gleich bleibt und das Rad den Finger nicht berührt, eiert es nicht. So können Sie außerdem checken, ob die Felge leicht genug auf der Achse läuft oder die Bremse schleift. Einmal gut in Schwung gebracht, sollte sich das Rad lange weiterdrehen. Wird der Bremshebel im Stand mehrere Male betätigt, darf sich der Druckpunkt nicht verändern oder der Hebel bis an den Griff ziehen lassen. Bei einer Vollbremsung sollte das Rad auch wirklich sofort stoppen, im Idealfall hebt das Hinterrad leicht ab. Nicht vergessen sollte man, fest an allen Teilen zu rütteln. Ein stabiles Fahrrad sollte das aushalten.

Muss man eine Probefahrt machen?

Unbedingt. Nur wer ein paar Meter mit dem Rad fährt, der merkt, ob wirklich alles in Ordnung ist. Ob die Kurbel fest am Rahmen sitzt und die Pedale gut mit ihr verschraubt sind. Ob Lichtanlage und Schaltung funktionieren. Ob Radlager, Naben und Kette nicht quietschen, knacken, knirschen oder schleifen. Ob die Schaltung flüssig und widerstandslos die Kette zwischen den Ritzeln hin und her wirft. Ob das Fahrgefühl passt, die Reifen so abrollen, wie man sich das vorstellt, die Federgabeln wie vorgesehen arbeiten oder auch, ob die Rahmengröße passt. Schließlich: Zieht das Rad zur Seite, ist das Bremsgefühl schwammig oder quietscht die Bremse gar?

Was darf ein gebrauchtes Fahrrad kosten?

Es ist wieder wie beim Gebrauchtwagen: Es gibt Faustregeln, aber die sind nicht auf alle Modelle anwendbar. Der Wertverlust eines teuren, exklusiven Rades entwickelt sich womöglich anders als der eines Allerwelts-Bikes. Und keiner weiß, welche Art Fahrräder in ein oder zwei Jahren angesagt sind, ob deshalb Preise stark ansteigen oder in sich zusammenfallen.

Dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) zufolge verliert ein normales Rad beim Neukauf direkt 20 Prozent an Wert. Die Stiftung Warentest geht davon aus, dass ein Fahrrad nach zwei Jahren nur noch die Hälfte des Neupreises wert ist, nach weiteren zwei Jahren halbiert sich der Preis erneut. Ideal ist natürlich, wenn der Verkäufer den ursprünglichen Kaufvertrag vorlegen kann. Noch besser ist, wenn er Inspektionen in einer Fachwerkstatt nachweisen kann. Hohe Transparenz können Käufer honorieren und im Zweifel auf das Feilschen um den letzten Euro verzichten.

Wie kann man sich als Käufer absichern?

Wie beim Auto stehen gewerbliche Verkäufer auch beim Fahrrad mindestens eins, in der Regel zwei Jahre in Sachmangelhaftung. Beim Verkauf von privat zu privat kann die Gewährleistung entfallen. Unabdingbar ist ein schriftlicher Kaufvertrag, in dem beide Parteien namentlich genannt sind und das Fahrrad beschrieben wird. Musterverträge bietet der ADFC zum Herunterladen an. Im Idealfall steht auch die Rahmennummer im Vertrag. Indem man sie mit einer Datenbank abgleicht, kann man sichergehen, dass es sich nicht um Diebesgut handelt.

Wer kauft sich besser ein gebrauchtes und kein neues Fahrrad?

Ein Rad aus zweiter, dritter oder vierter Hand ist sicher nichts für ambitionierte Radler und Heavy User, die das perfekt passende Mountainbike oder das wie angegossen sitzende Rennrad wollen. Und auch nicht für Styler und Menschen, für die das eigene Fahrrad ein Statussymbol ist. Auf dem Zweitmarkt sollten sich vor allem all jene umschauen, für die es Mittel zum Zweck ist. Die täglich nur wenige Kilometer zur Schule, Uni oder zum Arbeitsplatz pendeln. Die damit ihre sonntägliche Tour zum Bäcker oder in den nächstgelegenen Park absolvieren. Oder die nur selten eine Ausfahrt unternehmen.

Der Vorteil, an den die wenigsten denken

Vor allem Stadtmenschen sollten bedenken: Wie sicher kann ich mein Fahrrad abstellen? Steht es meist im Freien, womöglich noch unbeobachtet, steigt die Gefahr, dass es gestohlen wird. Falls das passiert, ist der Ärger umso größer, je mehr Geld das Rad gekostet hat. Der Verlust eines 50- oder 100-Euro-Rades ist leichter zu verschmerzen. Das Risiko, bei einem gebrauchten Exemplar einen Fehlgriff zu landen, ist aus finanzieller Sicht zudem überschaubar. Das ist dann wohl auch der größte Unterschied zum Kauf eines gebrauchten Autos.

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