Ratgeber:Wie gut sind Fahrräder vom Discounter?

Ratgeber: Ab August verkauft Ikea in seinen Filialen ein eigenes Fahrrad. Das soll beliebig erweiterbar sein.

Ab August verkauft Ikea in seinen Filialen ein eigenes Fahrrad. Das soll beliebig erweiterbar sein.

(Foto: Ikea)

Bereits ab 200 Euro gibt es bei Aldi, Lidl und Co. Fahrräder. In Tests schneiden sie aber meist desaströs ab. Worauf Sie achten sollten.

Fragen und Antworten von Felix Reek

Die Nachricht verbreitete sich in der vergangenen Woche rasant: Ikea wird von August an ein eigenes Fahrrad verkaufen. "Sladda" nennt sich das schlichte weiße Bike, das circa 700 Euro kosten soll, für Besitzer der "Family"-Kundenkarte etwa 200 Euro weniger. Ein Kampfpreis für ein Rad, das nicht mit einer Kette, sondern einem Riemen angetrieben wird, der keinerlei Öl benötigt. Das ist zwar nichts Neues, in dieser Preisklasse aber eher eine Seltenheit. Zudem soll Sladda durch diverses Zubehör vielfältig erweiterbar sein.

Die Frage, die sich beim Bike des Möbelherstellers sofort stellt: Wie gut oder schlecht ist Sladda? Ikea ist schließlich nicht gerade für Möbel bekannt, die ein Leben lang halten. Und Räder von Discountern, Baumärkten, Kaufhäusern und Supermarktketten haben keinen sonderlich guten Ruf. Erst vor Kurzem testete der NDR vier Billigräder. Das Ergebnis: Lenkerbrüche, verrutschte Felgenbänder, Unwucht im Reifen und abrutschende Lenkergriffe. Laut den Sachverständigen hätten die Räder nicht einmal verkauft werden dürfen. Hagebau und Lidl nahmen ihre Modelle sogar aus dem Sortiment.

Sind das Ausnahmen oder lohnt es sich genauer hinzusehen und so ein Schnäppchen zu machen?

Warum sind die Fahrräder so billig?

Ein Trekkingbike für weit unter 500 Euro? Keine Seltenheit bei Tchibo, Lidl, Real und Co. Vom 21. April an bietet Aldi Süd wieder ein Rad für 299 Euro an. Der niedrige Preis liegt vor allem an Vertrieb, Produktion und den Komponenten. "Die kaufen in großer Stückzahl ein, lassen es billig zusammensetzen und geben es ohne große Handelsspanne weiter", erklärt Erich Kimmich vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). Christoph Listmann, Ressortleiter Test und Technik vom Fachmagazin Bike, wird noch deutlicher: "Die werden irgendwo in Fernost zusammengeklopft, in Massenproduktion, aus minderwertigen Stahl- und Alurohren." Von Qualität könne man in diesem preislichen Rahmen nicht wirklich sprechen.

Was taugen die Räder vom Discounter?

Große Illusionen dürfen sich Schnäppchenjäger nicht hingeben: Die Räder der Discounter sind in den meisten Fällen ein Komplettausfall. "Ein Auto würden Sie doch auch nicht im Baumarkt kaufen", sagt Kimmich vom ADFC. "Da fehlt es einfach an allem", ergänzt Bike-Redakteur Listmann. Das Archiv der Stiftung Warentest bestätigt das. Lob ist selten dabei. Auch der WDR testete vor Kurzem Billigräder. Beim Belastungstest brach die Sattelstange eines Rades von Hagebau. Das kann zu schweren Verletzungen führen. Der Baumarkt nahm das Bike daraufhin aus dem Handel.

Es kann aber auch Ausnahmen geben. Entscheidend ist, wofür das Rad genutzt wird. "Wenn ich zur Arbeit und zurück fahren will, dann kann ich das natürlich auch mit so einem Fahrrad", so Listmann. Auch bei den Fahrrädern aus Bau- oder Verbrauchermärkten gibt es Ausnahmen, die "von guter Teilequalität sind", sagt Technikexperte Stephan Behrendt vom ADFC. "Unter der Voraussetzung, dass man handwerklich sehr versiert ist und das entsprechende Werkzeug vorrätig hat, können solche Fahrräder in einen vernünftigen und betriebssicheren Zustand versetzt werden." Eines der günstigen Fahrräder der Supermarktkette Real schlug sich im Test des WDR zum Beispiel ordentlich. Die Bremsen, oft ein Schwachpunkt, waren so gut wie bei teureren Produkten.

Wenn ich mich trotzdem zum Kauf entschließe: Auf was sollte ich achten?

Die größten Schwachstellen sind laut Dirk Zedler vom Institut für Fahrradtechnik Bremsen und Schaltung. "Dies sind die Bauteile, die meist zuerst ausfallen", erklärte er dem WDR. Deswegen sollte man sie auf ihre Funktion testen. Die restlichen Mängel sind kaum zu erkennen. "Als Laie ist es schwer", so Nico Langenbeck von der Stiftung Warentest. "Da kenne ich mich mit den Komponenten und Anbauteilen einfach nicht aus. Ich muss mich auf den Verkäufer verlassen können." Wie beim Gebrauchtwagenkauf sollte man am besten einen Fachmann mit zur Besichtigung nehmen.

Was ist der größte Risikofaktor?

Die Montage des Fahrrades. Viele der Billig-Angebote sind beim Kauf nicht betriebsbereit, der neue Besitzer muss selbst schrauben. Das ist insofern kritisch, da sich der Hersteller bei etwaigen Schäden und Unfällen mit einer nicht sachkundigen Montage herausreden kann. Der Kunde trägt dann die Verantwortung.

Gibt es billige Alternativen?

Auf dem Gebrauchtmarkt gibt es zum Teil hochwertige Räder zu Dumpingpreisen. "Durch die ganzen Innovationen auf dem Markt sind vor allem die älteren Mountainbikes zu Ladenhütern und Auslaufmodellen geworden, die es eigentlich gar nicht verdient haben", so Christoph Liftmann von Bike. "Da kriegt man gute, hochwertige Räder für kleines Geld." Allerdings gilt auch hier: genau hinschauen. "Sind der Antrieb oder die Bremsen verschlissen, hat der Rahmen vielleicht einen Riss? Wenn man keine Ahnung hat, lieber einen Fachmann mitnehmen zur Ansicht", rät der Profi. Eine weitere Gelegenheit bietet sich im Sommer. Pünktlich zur Fachmesse Eurobike im August werden die Vorjahresmodelle zum Teil deutlich billiger verkauft.

Sind günstige E-Bikes zu empfehlen?

Auch hier wird vor allem durch Komponenten und die hohe Stückzahl gespart. 2000 bis 3000 Euro sollte man für ein E-Bike ausgeben, so Nico Langenbeck von der Stiftung Warentest. Von billigeren Angeboten rät er aus Sicherheitsgründen ab. Bei diesen Exemplaren sitzt der Motor meist am Vorderrad, kombiniert mit mechanischen Bremsen. Die sind bei den Geschwindigkeiten, die ein E-Bike erreicht, aber nicht zu empfehlen.

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