Süddeutsche Zeitung

Ratgeber:Familienkutsche und Lastenesel

Die Auswahl an Anhängern fürs Fahrrad ist riesig. Welchen soll man nehmen?

Von Claudius Lüder/dpa

Wer gern und viel radelt, will sein Fahrrad vielleicht irgendwann nicht nur zum Freizeitspaß, sondern auch als vollwertiges Verkehrsmittel nutzen. Doch wie die Kinder transportieren oder den Einkauf schnell und bequem nach Hause bringen? Da kommt früher oder später die Frage nach einem Anhänger auf. Welcher taugt für wen, und welche Alternative gibt es?

"Ein Fahrradanhänger kann ganz wesentlich dazu beitragen, ein Rad noch besser zu nutzen und damit auch noch mehr aufs Auto zu verzichten", sagt David Koßmann vom Pressedienst Fahrrad (pd-f). Besonders vielseitig: Kinderanhänger, denn mit ihnen lassen sich auch die Einkäufe transportieren. "Umgekehrt jedoch kann man mit einem reinen Cargo-Anhänger keine Kinder mitnehmen." Montieren lässt sich so ein Anhänger an nahezu jedes Rad, vorausgesetzt, der Hersteller schließt das nicht aus. "Ansonsten gibt es da kaum Unterschiede zwischen Stadt-, Reise-, Falt- oder Rennrädern", sagt Koßmann. Auch Mountainbikes seien geeignet. Problematisch kann im Einzelfall jedoch die Montage der Kupplung sein, in die der Anhänger später eingeklinkt wird. "Rahmenbauweise oder Steckachsen können das mitunter schwierig machen."

Grundsätzlich lassen sich Radanhänger auch nach der Anzahl der Räder unterscheiden: "Weit verbreitet sind Zweispuranhänger, mit zwei Rädern außen am Rahmen. Sie laufen stabil und vertragen viel Last", erklärt Koßmann. "Einspurer, die nur ein Rad haben, sind schmaler, was das Durchkommen zum Beispiel im Gelände verbessert." Für den Kindertransport sind die Einspurer weniger geeignet. "So ein Einspur-Anhänger ist zwar laufruhig und bei schnellen Kurvenfahrten spurstabiler, Voraussetzung ist aber, dass das Transportgut sich nicht bewegt", sagt Uli Frieß vom Fachmagazin MyBike. Insgesamt sei ein Gespann mit Einspurer aber auch deutlich länger. Langsame Fahrten durch enge Kurven könnten zudem aufgrund der Kippkräfte schwierig werden. Als Familienanhänger sei daher unterm Strich die zweispurige Variante kompatibler, da diese auch einen stabileren Stand biete, sich dadurch leichter beladen lasse und abgekoppelt einfacher bewegt werden könne.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Art der Befestigung am Fahrrad. "Die meisten Anhänger haben eine einseitige Deichsel, die am Fahrrad links an der Achse des Hinterrads befestigt wird", so Koßmann. Aber es gebe auch Anhänger mit Doppeldeichsel, die an beiden Seiten des Hinterrads festgemacht werden. "Das sind oft die Einspur-Nachläufer." Klassische Einkaufstrolleys würden auch mit einer Kupplung am Gepäckträger montiert, was jedoch vom Schwerpunkt her nicht optimal sei. Der Anhänger könne dadurch viel schneller kippen.

Transportiert werden darf mit einem Radanhänger zunächst nahezu alles, vom Haustier bis zum Bücherkarton. "Für Kinder jedoch müssen entsprechende Sitze und Schutz vor den Speichen vorhanden sein. Entweder eine Babyschale für Kleinkinder oder Sitze mit Gut für größere Kinder bis zum siebten Geburtstag", sagt René Filippek vom Radfahrerklub ADFC.

Limitiert wird die Last eines Anhängers meist durch das Gewicht. "Hier ist das zulässige Gesamtgewicht des Fahrrads maßgeblich, wenn die Betriebsanleitung keine anderen Angaben macht", sagt Frieß. Dann entspreche das zulässige Gesamtgewicht des Gespanns dem des Fahrrads, das meist bei 120 bis 140 Kilo liege. In der Regel würden aber auch die Hersteller der Anhänger eine maximale Zuladung vorgeben, die dann aber tatsächlich nur für den Anhänger gilt.

"Kinder dürfen grundsätzlich bis zum siebten Lebensjahr im Anhänger mitgenommen werden, zudem liegt das Limit bei zwei Kindern pro Anhänger", sagt Frieß. Bei der Größe sollte 1,40 Meter nicht überschritten werden. Aber auch hier seien die Angaben der Hersteller maßgeblich. Und auch wenn der Nachwuchs im Anhänger gut geschützt scheint, sollte auf den Helm nicht verzichtet werden. "Eine Helmpflicht gibt es zwar nicht, besser ist es aber allemal, zumal die Kinder dadurch auch gleich an das Helmtragen gewöhnt werden", rät Koßmann.

Viele Anhänger sind zudem sehr variabel einsetzbar. "Die meisten Kinderanhänger sind multifunktionell und lassen sich mit wenigen Handgriffen zu einem Kinderwagen oder Jogger umbauen", erklärt Koßmann. Einige Modelle ließen sich optional sogar mit Kufen ausstatten. Mit einem entsprechenden Griff versehen wiederum sind sie als Handwagen nutzbar.

Perfekt geeignet für einen Anhänger ist ein Pedelec als Zugmaschine. Da sie Fahrrädern gleichgestellt sind, gelten hier dieselben Vorschriften. Einzige Ausnahme sind die schnellen S-Pedelecs bis 45 km/h. "Hier darf zwar auch ein Anhänger genutzt werden, allerdings ist der Kindertransport nicht gestattet", sagt Filippek.

Ob ein Radanhänger zusätzlich versichert werden sollte, hängt vom Vertrag ab. "In den meisten Hausrat- und Fahrradversicherungen ist der Anhänger mit eingeschlossen", sagt Filippek. Allerdings seien bei den Policen die Erstattungsbeträge oft begrenzt, oder der Hänger sei als Zubehör nur versichert, wenn er zusammen mit dem Fahrrad gestohlen wird. Daher könne es sinnvoll sein, eine Zusatzversicherung abzuschließen.

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SZ vom 14.08.2020
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