Raser in Österreich:Mit Laserblitzern gegen Raser

Österreich, ein Raserparadies? Das war einmal. Wien schließt jetzt das letzte Schlupfloch für deutsche Temposünder.

Michael Frank

Für allzu forsche deutsche Kraftfahrer geht die Zeit zu Ende, in der sie im Nachbarland Österreich ungestraft rasen konnten. Wien hat beschlossen, künftig ein neuartiges Geschwindigkeitskontrollsystem auf Laserbasis einzusetzen, das Temposünder von vorne photographiert und so ihre Identifizierung möglich macht.

Bislang wird in Österreich entweder mit der Laserpistole kontrolliert, die die Geschwindigkeit nur in Ziffern zeigt oder mit aufwändigeren, meist stationären Kontrollgeräten, die mit der veralteten Radartechnik arbeiten. Dabei werden Fahrzeug und Kennzeichen von hinten festgehalten. Deshalb konnten bislang die meisten in Österreich ertappten deutschen Raser nicht zur Verantwortung gezogen werden.

Deutsche Verkehrssünder blieben bislang ungeschoren

Zwar gibt es längst ein Justizabkommen, das sicherstellt, dass Strafen aller Art im jeweiligen Nachbarland eingetrieben oder vollstreckt werden. Ein EU-Abkommen für alle Mitgliedsländer ist verabschiedet. Bei Geschwindigkeitssündern vereitelte dies jedoch bislang die Beweislage. Denn außer jenen, die in Österreich an Ort und Stelle gestoppt und zur Kasse gebeten werden, bleiben die deutschen Sünder ungeschoren.

Deutsche Polizeibehörden stellen den Strafbefehl aus Österreich zwar zu. Sie weigern sich aber, seine Durchsetzung zu erzwingen, weil die Beweise nicht deutschem Recht genügen, das verlangt, dass der Täter selbst überführt wird. Deshalb benutzt man in Deutschland schon seit Jahrzehnten die Lasertechnik, die mit auffällig rotem Blitz die Sünder von vorne erfasst und fotografiert. So ist klar, wer am Steuer sitzt.

In Österreich gilt noch immer die sogenannte Halterhaftung. Das heißt, derjenige, auf den das Fahrzeug angemeldet ist, ist für seinen korrekten Betrieb verantwortlich. Wer also wirklich am Steuer war, ist der Behörde relativ egal. Widerspruch fruchtet nur, wenn der Halter des Autos den Übeltäter nennt. Kann oder will er das nicht, muss er selbst zahlen.

Mit Laserblitzern gegen Raser

Deutsches Recht akzeptiert das nicht. Wenn also ein deutscher Sünder nicht zahlt, kann er nur zur Rechenschaft gezogen werden, wenn er zufällig beim nächsten Ritt durch Österreich erwischt wird. Weigert sich übrigens ein Pkw-Halter, den Fahrer in einer bestimmten Situation zu nennen, oder weiß er es einfach nicht, bestraft ihn Österreichs Verwaltung mit einer hohen Geldbuße oder Haft wegen Auskunftsverweigerung.

Österreichs milde Strafvariante

Dafür hat Österreichs Strafsystem eine mildernde Variante. Bis zu einer bestimmten Höhe ergehen Verkehrsstrafmandate jeder Art als sogenannte "Anonymverfügung". Das heißt, wenn ein ertappter Sünder die Buße sofort entrichtet, sei es beim Polizisten oder per Überweisung - neuerdings werden sogar Kredit- und Scheckkarten angenommen - dann wird er nicht aktenkundig. Der Fall verschwindet augenblicklich aus den Akten. Das heißt im Extrem, selbst ein Serientäter, der andauernd zu schnell braust, auch immer erwischt wird, aber stets brav zahlt, wird nicht als solcher aktenkundig. Auch ein in Deutschland zugestelltes Strafmandat, das sofort bezahlt wird, hat diesen Effekt.

Deutsche Kenner der Sachlage zahlen meist nicht, sehen einen Freibrief für Raserei auf Österreichs Autobahnen, die generell einem Tempolimit von 130 Kilometer pro Stunde unterliegen. Das wird mit den neuen elektronischen Blitzgeräten - eines übrigens deutschen Herstellers - spätestens zum Jahreswechsel vorbei sein.

Während früher fast 90 Prozent der Tempobolzer auf Österreichs Autobahnen Deutsche oder andere Ausländer waren, liefern sich die Österreicher ihre illegalen Rennen mehr und mehr selbst. Das reiche Land hat eine auffällig neue Pkw-Flotte, die auszufahren allzu verführerisch scheint. Auch hier hat das neuerstarkte Selbstbewusstsein die sonst immer so nassforschen Deutschen ins - diesmal positive - Hintertreffen gerückt.

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