Manche Dinge ändern sich nie, der Normrasen zum Beispiel. Er macht viel Arbeit, sieht eintönig aus und verbreitet gepflegte Langeweile in der gesamten Nachbarschaft. Am besten wöchentlich ist jedes Hälmchen zu trimmen, außerdem je nach Bedarf und Saison zu düngen, vertikutieren und zu wässern. Manche meinen, dass frisch gemähte Wiesen dem Auge wohltun. Andere sehen in dem uniformen Baubegleitgrün vor allem das Joch der ganzjährigen Gartenfron. Was den Wildwuchs domestizieren soll, ist vor allem eine Erziehungsmaßnahme: Immer wieder samstags ziehen erwachsene Menschen so gradlinig Bahnen übers Grün, als wäre der Rasen ein Exerzierplatz.
Dass viele Gartenbesitzer am Wochenende anderes vorhaben, sieht man den Baumärkten deutlich an: Die Auslagen quellen über vor Mährobotern. Marktuntersuchungen zufolge können sich fast die Hälfte der Befragten vorstellen, einen solchen Assistenten im Haushalt einzusetzen. „Man hat wieder Hauspersonal“, frohlockt der IT-Branchenverband Bitkom.
Doch wehe, wenn die Geister, die man rief, außer Kontrolle geraten. Dass Robomäher Appetit auf Gummistiefel, Sonnenbrillen und Kinderspielzeug im Gras haben, ist noch die harmloseste Variante. Nachts veranstalten die scheinbar friedfertigen Hausgehilfen regelrechte Hetzjagden im Stil von römischen Wagenrennen. Selbst stachelbewehrter Widerstand ist zwecklos, der Sichelwagen mäht alles nieder, was ihm in die Quere kommt – egal, ob Igel oder Gewürm.
Ungut ging auch ein Nachbarschaftsstreit im österreichischen Micheldorf aus. Nachdem ein Motormäher aus seinem Gehege ausgebrochen war, machte er sich über ein Schlängelwesen auf der Straße her. Der Zweikampf Messer gegen Heizölschlauch, der gerade einen Tank befüllte, hinterließ tiefe, dunkle Spuren. Zunächst unbemerkt lief die braune Brühe in den angrenzenden Garten. Um zu verhindern, dass sie das Grundwasser verseucht, musste die Feuerwehr 14 Tonnen kontaminierten Boden abtragen. Über das Strafmaß für die wild gewordene Maschinen ist nichts bekannt.
Den Fortschritt in seinem Lauf hält auch die Tücke der Technik nicht auf. Eine chinesische Firma verspricht nun den perfekten Rasen, manikürt von einem Robomäher mit KI und Kameraaugen. Der Slogan „Boundless Possibilities“, also grenzenlose Möglichkeiten, ist insofern irreführend, als das Ding dank seines satellitengestützten Ortungssystems eben nicht ausbüxen kann. Entwendete Geräte lassen sich auch problemlos nachverfolgen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der autonome Weideapparat andere Objekte erkennt und automatisch umkurvt. Bei Diebstahlversuchen lässt sich dieser Ausweichassistent wahrscheinlich per Funk abschalten. Weitere Anregungen zur Selbstverteidigung (der Maschine) findet der geneigte Kleingärtner bei den Dienstwagen von James Bond.
Mit ein paar Software-Kenntnissen ließe sich das Gerät wohl auch als Wachhund für ausgedehnte Liegenschaften von bis zu 12 000 Quadratmeter Grund programmieren. Schilder mit der Aufschrift „Warnung vor dem Sensenmann“ sind im Fachhandel erhältlich. Gerne übertragen die eingebauten Glupschaugen ihre Weltsicht auf das Handy ihres Herren. Sollten allerdings nordkoreanische Hacker auf dieselbe Idee kommen, sind geopolitische Konsequenzen nicht auszuschließen. Die USA haben vernetzte China-Autos wegen Spionage-Verdachts bereits verboten. Vielleicht sollte man auch mal checken, wem die Billig-Mäher so alles Daten schicken.
