Probefahrt Audi Q7:Groß und schlank

Der neue Audi Q7.

Der neue Audi Q7 bei Abnahmefahrten in Namibia. Das SUV, das ab Juni verkauft wird, unterscheidet sich äußerlich nur wenig vom Vorgänger.

(Foto: WGO)

Unterwegs im Audi Q7: Die neue Generation des Fünf-Meter-SUVs hat massiv abgespeckt. Das wirkt sich in allen Belangen positiv aus. Dennoch poltert und knistert es noch an einigen Stellen.

Von Georg Kacher

Menschen sieht man es an, wenn sie abgenommen haben. Beim neuen Audi Q7 ist das nicht der Fall. Schade, denn der ab 61 000 Euro erhältliche Fünf-Meter-SUV hat bis zu 325 Kilo abgespeckt: Mehr Alu, mehr hochfeste Stähle, mehr Kunststoff.

Natürlich merkt man den Kalorienschnitt an der Tankstelle, denn dort ist der große Crossover nur noch ein seltener Gast. Der Diesel konsumiert nach Norm asketische 5,4 Liter, und selbst auf Namibias Wüstenpfaden weigerte sich der Bordcomputer, zweistellige Werte anzuzeigen. Allzeit präsent sind andere Vorteile der Abmagerungskur. Dazu gehören das für einen Geländewagen ungewöhnlich niedrige Geräuschniveau, der geschmeidige Federungskomfort und der in fast allen Fahrzuständen bemerkenswerte Zugewinn an Agilität.

Der Q7 ist in der Vorreiterrolle

Das Design des neuen Q7 löst keine Begeisterungsstürme aus. "Erst nach zweieinhalb Jahren hat er angefangen, mir zu gefallen", gesteht ein Bereichsleiter während der letzten Abnahmefahrt. Die war alles andere als eine PR-Aktion. Wir verzeichneten drei Teil-Ausfälle, zwei davon verursacht durch Fahrfehler und einen in Form der Klimaanlage, die bei knapp 40 Grad den Dienst quittierte. Ganz zu schweigen von Detailmängeln wie Poltern hier, Knistern da und Sandeintritt dort.

Audi wird den Wagen wohl langsamer anlaufen lassen als einen A3, denn die Fertigung ist komplex, die Ausstattungsvielfalt verwirrend, der Qualitätsanspruch hoch. Außerdem spielt der Q7 die Vorreiterrolle für die neuen Full-Size-SUVs des Konzerns, die in Bratislava gebaut werden: Audi, Bentley, Lamborghini, Porsche und VW wollen bis zu 230 000 Einheiten pro Jahr erreichen. Audi und Bentley setzen auf den langen Radstand mit mehr Kopf- und Beinfreiheit, einer optionalen dritten Sitzreihe für mittelgroße Passagiere und 890 Liter Kofferraumvolumen.

Der Innenraum des neuen Audi Q7.

Im Innenraum poltert und knistert es noch ein wenig. Die Bedienung hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck.

(Foto: WGO)

Es poltert und knistert

Das Interieur wirkt hübsch und edel, die Verarbeitung ist top, und das neue multifunktionale Display dürfte nicht nur der Smartphone-Generation gefallen. Wer mag, kann sich ein ganzes Rudel Assistenzsysteme ins Fahrzeug holen, die uns mit Riesenschritten dem diskutablen Ideal der autonomen Fortbewegung näher bringen. Auch die Konnektivität ist auf der Höhe der Zeit, wobei man sich im Ausland beim Zugriff auf Internetdienste wie Google Maps per Flatrate absichern sollte.

Die Bedienung haben wir als zwiespältig empfunden. Der neue Wählhebel liegt zwar gut zur Hand, doch wo früher die Parkposition war, lauert jetzt der Rückwärtsgang. Den P-Drücker im Joystick haben die Audianer ebenso von BMW übernommen wie die acht frei belegbaren Favoritentasten. Das Touchpad auf der Mittelkonsole ist jetzt deutlich größer, der MMI-Drehdrücksteller wurde dafür kleiner und ist nicht mehr so intuitiv zu greifen. Auch das Multifunktionslenkrad und die drei Lenkstockhebel sind in Summe eine Wissenschaft für sich.

Motoren mit 218 bis 408 PS

Audi Q7

Der neue Audi Q7 startet im Sommer zu Preisen ab 61 000 Euro.

(Foto: STG)

Drei Komponenten werten die Fahrleistungen auf: das geringere Gewicht, der kräftigere Diesel und die windschlüpfigere Karosserie (cw-Wert 0,32). Das vermutlich meistverkaufte Modell, der V6 TDI mit 272 PS, wuchtet sich in 6,3 Sekunden von null auf 100 km/h und ist 234 km/h schnell. Der aus dem Vorgänger bekannte 333 PS starke V6-Benziner ist noch etwas spritziger und mit Verbräuchen von 7,7 bis 8,3 Liter trotzdem genügsam. Ebenfalls in Vorbereitung: ein kleiner V6 TDI mit 218 PS, ein Plug-in-Dieselhybrid mit einer Systemleistung von 373 PS und ein SQ7, dessen neu entwickelter 4,0-Liter-V8-TDI stramme 408 PS mobilisiert. Der 252 PS starke 2,0-Liter-Vierzylinder-TFSI wird in Europa zunächst nicht angeboten.

Um die Kraftübertragung kümmert sich eine Achtgangautomatik, die im Effizienzmodus bei jeder Gelegenheit den Freilauf einlegt. In Verbindung mit dem aktiven Tempomat und der Verkehrszeichenerkennung übernimmt die Navigation den Job des vorausschauenden Lotsen, der die vorgewählte Geschwindigkeit dem Streckenverlauf anpasst. Klingt nach Big Brother, funktioniert aber ohne nervige Schulmeisterei.

Ausgesprochen wendiger Zweitonner

Nicht nur das Infotainment wird immer komplexer, auch die Ergonomie ist längst nicht mehr selbsterklärend. Beim Fahrdynamiksystem Drive Select kann der Q7-Kunde bis zu sieben verschiedene Modi anwählen. Beaufschlagt werden die optionale Luftfederung, das Ansprechverhalten von Motor und Getriebe, die Lenkungskennung und die erstmals in einem SUV angebotene Allradlenkung.

Hightech Overkill? Mitnichten. Im Stadtverkehr reduzieren gegenläufige Hinterrad-Lenkwinkel von maximal fünf Grad den Wendekreis um einen Meter, bei höherem Tempo optimieren synchrone Lenkbewegungen an beiden Achsen die Richtungsstabilität. Es ist diese neue Handlichkeit, die aus dem Q7 einen besonders sportlichen Crossover macht. Der Wagen fährt sich für einen Zweitonner ausgesprochen wendig, das neue Fünflenker-Fahrwerk bringt Dynamik und Geschmeidigkeit auf einen überzeugenden gemeinsamen Nenner, die großen Bremsen verzögern auch mit Stahlscheiben absolut souverän.

Für alles gerüstet

Wir düsen über Schotter und Sand, durch Furten und Dünen, in Serpentinen die Berge hoch und dann wieder kilometerlang geradeaus. Keine volle Stunde lang dürfen sich die Q7 auf der einzigen Teerstraße ausruhen, und wenn sie genug Staub geschluckt haben, stellt sie ein Platzregen auf die nächste Probe. Es gibt zwar kein spezielles Geländepaket, doch die Luftfederung lässt sich im Offroad-Programm um sechs Zentimeter anheben - in Verbindung mit dem kurzen ersten Gang erreicht man damit fast jede Skihütte und jeden Strandkorb.

Der Benziner ist leise, drehfreudig und vibrationsarm, doch der Diesel mobilisiert zwischen 1500 und 3000 Touren noch imposantere 600 Nm. In den Abstimmungstests in Namibia hilft zumindest der Abstandswarner bei Kolonnenfahrt, daheim auf entsprechend markierten Straßen übernimmt ein passend ausgestatteter Q7 bis 65 km/h sogar die Lenkarbeit, gibt Empfehlungen beim Spurwechsel, parkt selbsttätig ein, warnt vor Querverkehr und entgegenkommenden Linksabbiegern.

Doch ganz besonders stolz ist die Audi-Truppe auf die weiterentwickelte Konnektivität. Da können Karten online aktualisiert werden, darf man mit LTE-Tempo surfen, werden für die Fondpassagiere Tablets angeboten, versteht die verbesserte Sprachsteuerung beinahe schon bayrische Mundart. Auch das Navi hat dazugelernt. Wir haben 600 Kilometer südlich von Windhoek aus Spaß das mehr als 8000 Kilometer entfernte Ingolstadt als Ziel eingegeben - mit folgender Reaktion: "Fahren Sie zur angegebenen Route. Achtung: Straßensperre am Tschadsee." Moderne Zeiten.

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