Privatsache Autobahn:Laster lohnt sich

Private Firmen bauen die Autobahnen aus und werden mit Einnahmen aus der LKW-Maut entgolten.

Michael Bauchmüller

Deutschland, Donnerstagmorgen. Der ADAC zählt 161 Staus und Behinderungen auf den Autobahnen. Auf der A 8 staut sich der Verkehr zwischen Sulzemoos und Odelzhausen. Das ist Alltag auf dieser Strecke, über die Bayerns Oberste Baubehörde im vergangenen Jahr schrieb, sie entspreche bis auf wenige Abschnitte noch dem Vorkriegsstandard. Teilweise 100.000 Autos am Tag sind hier unterwegs, die Bahn ist eng und in mäßigem Zustand. Doch es gibt Baufirmen und Investoren, die das ändern wollen - und neuerdings auch können.

Privatsache Autobahn: Reparaturbedürftig und auf vielen Strecken überlastet: Deutschlands Autobahnnetz bedarf Investitionen, die der Bund allein nicht mehr leisten kann und will.

Reparaturbedürftig und auf vielen Strecken überlastet: Deutschlands Autobahnnetz bedarf Investitionen, die der Bund allein nicht mehr leisten kann und will.

(Foto: Karte: SZ-Grafik)

Reichlich Baustellen

An der A 8 bauen sie schon, das Konsortium nennt sich "Autobahnplus". Es baut 37 Kilometer neue, breite Autobahnspuren, übrigens auch zwischen Sulzemoos und Odelzhausen. Ende 2010 wollen sie fertig sein. In Thüringen verlegt ein deutsch-französisches Konsortium die Autobahn um die Hörselberge herum, inklusive dreier Talbrücken. Und in Niedersachsen erweitert der Baukonzern Bilfinger Berger zusammen mit ausländischen Partnern knapp 73 Kilometer der Autobahn A 1 auf sechs Spuren. Sie alle arbeiten nicht im Staatsauftrag, sondern auf eigene Rechnung - langfristig sogar mit Gewinn.

Das Prinzip ist immer gleich. Die Unternehmen bauen die Autobahnen aus und betreiben sie für 30 Jahre. Im Gegenzug erhalten sie die Einnahmen aus der Lkw-Maut, die diese Strecke abwirft. Der niedersächsische A 1-Abschnitt, derzeit das längste private Projekt, bringt je Lkw zwischen zehn und 21 Euro. Den größten Teil davon nehmen die Privaten ein. Das summiert sich.

"Für die Unternehmen bedeutet das gleichmäßige Einnahmen", sagt Jürgen Schönwasser, Geschäftsführer der Investmentsparte von Bilfinger Berger. Auch Autofahrer hätten was davon. "An einer schadhaften Stelle einfach nur ein Tempo-80-Schild aufzustellen, können wir uns gar nicht erlauben", sagt Schönwasser. "Da reparieren wir nachts." Schließlich sei das oberste Interesse, möglichst viel Verkehr über die Autobahn laufen zu lassen.

Laster lohnt sich

Geht es nach dem Bundesverkehrsministerium, werden Autobahnen in Zukunft noch wesentlich öfter so ausgebaut. Noch sind die ersten Projekte nicht fertig, da plant das Ministerium schon die nächsten.

Insgesamt sechs neue Strecken will das Ministerium nun zu so genannten PPP-Projekten machen, zu "public private partnerships", zwei davon schon bald. Die A 8, besonders interessant in Bayern, soll demnach nicht nur bis Augsburg, sondern weiter bis nach Ulm in privater Regie verbreitert werden. Und in Thüringen soll eine alte Rumpelstrecke, die A 9 zwischen Hermsdorfer Kreuz und Schleiz renoviert und ausgebaut werden.

In beiden Fällen kann es jetzt ganz schnell gehen: Noch in diesem Jahr soll die Wirtschaftlichkeit der Strecken untersucht werden. Sie ist, wie üblich in der Privatwirtschaft, Kernbedingung. Bringt die Strecke nicht genug Einnahmen, müsste die öffentliche Hand den Firmen weiter entgegenkommen - könnte dann aber die Autobahn am Ende günstiger selber bauen.

Die bayerische Strecke dürfte nach ersten Schätzungen jährlich 15 Millionen Euro Maut bringen, der Thüringer A-9-Abschnitt sieben Millionen. Gemessen an den geschätzten Baukosten hätten sich beide Strecken grob gerechnet nach 19 Jahren amortisiert - danach müssten die Betreiber nur noch für Betrieb aufkommen.

Laster lohnt sich

Und dabei ist noch nicht das wachsende Verkehrsaufkommen einkalkuliert. Gerade im Güterverkehr auf der Straße rechnen Experten bis 2025 mit einem Zuwachs um 55 Prozent. Entsprechend könnten die Mauteinnahmen der Betreiber wachsen. Alle derzeit geplanten Strecken sind zugleich wichtige Transitswege mit entsprechendem Schwerlast-Verkehr. Das Investitionsvolumen der Strecken beträgt insgesamt knapp 1,4 Milliarden Euro.

Die Mechanik der Projekte kommt dem Bund entgegen. Meist gibt er nur eine Anschubfinanzierung, alles andere schießen die Investoren vor. Das erspart dem Bund die zeitraubende Haushaltsplanung. Ganz abgesehen davon, dass private Bauherren meist schneller fertig werden als öffentliche.

Zu tun gäbe es noch genug. Jeder fünfte Autobahnkilometer gilt nach Erhebungen des Ministeriums als mehr oder weniger reparaturbedürftig, knapp neun Prozent davon als nur "eingeschränkt gebrauchsfähig"; Tendenz steigend. "Ohne privates Kapital wird man die Engpässe nicht auflösen können", sagt Hans Wilhelm Alfen, Verkehrsökonom an der Uni Weimar. Auch hätten die Unternehmen enorme Anreize, vernünftig zu bauen: Weil sie Strecke ja 30 Jahre in Schuss halten müssen, ersparen sie sich damit teure Ausbesserungen. Auch werde der Staat einige Risiken los. Wenn sich der Bau verteuert, weil die Baufirmen falsch kalkuliert haben, muss nicht mehr der Steuerzahler draufzahlen, sondern der Betreiber. "Für mich steht fest", sagt Alfen, "der Nutzer kann von diesen Projekten nur profitieren."

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