Porsche Panamera S E-Hybrid:Schwer unter Strom

Porsche Panamera S Hybrid

Der Verbrauch kann mühelos über zehn Liter getrieben werden.

(Foto: Porsche)

400 PS und nur drei Liter auf 100 km: Klingt unglaublich, der Panamera S E-Hybrid von Porsche schafft es trotzdem. Zwitter, Wunderauto, Mogelpaket? Der Sportwagen verbindet eine ganze Reihe von Gegensätzen unter seinem rund 110.000 Euro teuren Blech.

Von Joachim Becker

Nur Ökomobile müssen in London keine Citymaut bezahlen - auch solche Autos wie der Panamera S E-Hybrid, die mit mehr als 400 PS nur 3,1 Liter auf 100 Kilometer verbrauchen sollen. Der geräumige Sportwagen kann im Flüstermodus unter den Mautbrücken durchsurren und die Innenstadt abgasfrei durchstromern. Zumindest, wenn er regelmäßig an die Leine gelegt wird.

Die 9,4-kWh-Batterie soll im Alltagsbetrieb eine elektrische Reichweite zwischen 18 und 36 Kilometern ermöglichen. Wenn der Porsche lange genug mit Strom gefüttert wurde, bietet er sich als Pendlerauto für status-, leistungs- und umweltbewusste Menschen an. Und der Fahrer hat mit dem gefüllten Kraftstofftank genug Kraft an Bord, um den Pferdchen auch mal die Sporen zu geben. Durch die Kombination eines Sechszylinders mit einem 70 kW (95 PS) starken Elektromotor erreicht der Plug-in-Hybrid das Leistungsniveau eines V8-Benziners.

Sparsamster verfügbarer Porsche

Zwitter, Wunderauto, Mogelpaket? Der Panamera S E-Hybrid verbindet eine ganze Reihe von Gegensätzen unter seinem rund 110.000 Euro teuren Blech. Das bestätigt eine erste kurze Probefahrt auf dem Beifahrersitz.

Mit keinem anderen Porsche kann man derart sparsam unterwegs sein, denn der Generator des Plug-in-Hybrids schaufelt beim Verzögern viel Energie zurück in die Batterien. Zudem läuft die E-Maschine im städtischen Umfeld wesentlich effizienter als jeder Verbrenner und katapultiert den Elektro-Sportler auf Wunsch zackig vorwärts. An der Ampel beschleunigt der Panamera S E-Hybrid abgasfrei in 6,1 Sekunden von null auf 50 km/h.

Gefühlt geht es noch schneller, denn das maximale elektrische Drehmoment von 310 Nm steht bereits vom Start weg zur Verfügung. Wer die Spritspartechnik nur als grünen Tarnanstrich verwendet, kann den Verbrauch hingegen mühelos über die Zehn-Liter-Marke treiben. Lässt er die Maschine richtig fliegen und pfeift auf das Stromtanken, dann zahlt er für das hohe Gewicht von 2,1 Tonnen einen gehörigen Expresszuschlag.

Sportwagen sind keine Vernunftautos

Sportwagen sind bekanntlich keine Vernunftautos. Die hochgezüchtete Technik wurde vor allem für Traumrunden auf der Rennstrecke entwickelt, doch das reale Fahrprofil sieht meist banaler aus. In Deutschland fahren Besitzer von leistungsstarken Premiumautos für gewöhnlich rund 100 Kilometer pro Tag. Dabei sind sie mit einem Durchschnittstempo von 67 km/h unterwegs und werden von 33 (Ampel-)Stopps aufgehalten.

Im Marketing-Englisch laufen sie deshalb unter der Rubrik "Escape Vehicles", also Fluchtautos. Auf dem Weg zur Arbeit verschaffen sie ihren Besitzern das Gefühl, jederzeit aus der tristen Alltagsrealität ausbrechen zu können. Verglichen mit den Porsche-Kunden zwischen Flensburg und Garmisch sind diejenigen in Shanghai oder Kalifornien noch langsamer unterwegs: In China legen sie in der Regel 40 Kilometer pro Tag zurück, 300 (Ampel-)Stopps bremsen das Durchschnittstempo auf 24 km/h ab.

In Ballungsräumen ist der Plug-in-Hybrid durchaus eine sinnvolle Antriebsalternative für große und schwere Wagen. Das zeigen auch Messungen von Porsche auf einer 65 Kilometer langen Verbrauchsrunde rund um Stuttgart. Ein konventioneller Panamera S gönnt sich während der Fahrt durch die Stadt, über die Schnellstraße und auf der Autobahn 9,9 Liter/100 km - wenn er nicht schneller als 120 km/h fährt. Das Durchschnittstempo liegt bei realistischen 53,5 km/h.

Auf der Strecke kann der Motor des neuen E-Hybrids nicht nur an den mit 26 Ampelstopps, sondern auch im Segelbetrieb während der Fahrt ruhen. Durch diese Hybridfunktion, bei der alle Komfortsysteme mit Batteriestrom betrieben werden, steigen die abgasfrei zurückgelegten Kilometer auf rund ein Drittel der Gesamtstrecke. Rechnet man noch die langen Rekuperationsphasen aufgrund der Höhenunterschiede im Stuttgarter Raum sowie die elektrisch zurückgelegte Strecke hinzu, läuft der Verbrennungsmotor schon im bisherigen Panamera Hybrid nur 43 Prozent der Zeit.

Beim neuen Panamera S E-Hybrid steigen die elektrisch zurückgelegten Kilometer auf rund ein Drittel der Stuttgarter Teststrecke. Der Verbrennungsmotor ist nur noch 28 Prozent der Zeit im Einsatz, wenn die Batterie voll geladen wurde. Wird der Plug-in-Hybrid nach 23 Kilometern nachgeladen - beispielsweise bei der Ankunft im Büro - dann läuft der Benziner sogar nur noch 16 Prozent der Zeit und der Verbrauch sinkt auf 1,7 Liter. Wie nahe der Fahrer dem Fabelwert von 3,1 Liter pro 100 Kilometer im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) kommt, hängt entscheidend von seinem Fahr- und Ladeprofil ab.

In der nächsten Generation soll die Plug-in-Hybrid-Technik auch Supersportwagen auf Sparsamkeit trimmen. Eine luft- und wassergekühlte E-Maschine steigert die elektrische Leistung von derzeit 70 auf 95 Kilowatt, auch das Drehmoment legt um knapp 30 Prozent zu. Zudem soll das System in der Getriebeglocke verbrennungsmotorische Drehzahlen von 9000/min und 900 Nm maximales Drehmoment ertragen. So rasant hat bislang noch kein Ökomobil Sprit gespart.

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