Porsche-Jubiläum:Auf Ferrys Fährten

Zum 60. Geburtstag der Marke organisierte Porsche eine Ausfahrt zu den Orten des Ursprungs - natürlich mit den Autos von anno dazumal.

Michael Specht

Mit jedem Polo könnte man den Laster jetzt überholen, aber mit dem Porsche wird die Sache knapp. Seine 55 PS waren einmal das Maß der Dinge, doch das ist lange her. Nein, ein Sportwagen ist dies nicht, zumindest nicht nach heutigen Maßstäben. Das zu erwarten, wäre auch unfair. Schließlich hat unser Porsche 54 Jahre auf seinem krummen Rücken. Es ist ein Modell 356 mit dem Spitznamen "Knickscheibe". Den hat er bekommen, weil seine Windschutzscheibe in der Mitte einen Knick aufweist.

Porsche-Jubiläum: Auf den Spuren der Gründer: ein Speedster von 1958

Auf den Spuren der Gründer: ein Speedster von 1958

(Foto: Foto: Porsche)

Auch die "Großmutter" ist wieder dabei

Das silberne Coupé zählt zu den neun wertvollen und ebenso seltenen Exemplaren, die den Beginn und den Aufstieg der Firma Porsche leibhaftig dokumentieren sollen. Klaus Bischof, Leiter des Porsche-Museums in Stuttgart, ließ sie vergangene Woche sämtlich nach Gaisberg bei Salzburg bringen. Ein historisches Fleckchen für Porsche. Hier wurde von 1957 bis 1968 jeweils der Endlauf zur Europa-Bergmeisterschaft ausgetragen. Und meist lag am Ende ein Porsche ganz vorn.

Auch die legendäre "Großmutter" ist wieder dabei, ein 718 W-RS-Spyder von 1962. Den Namen erhielt der offene Renner, "weil er trotz härtester Beanspruchungen einfach nicht kaputtgehen wollte", sagt Rudi Lins, 63, ehemaliger Porsche-Rennfahrer. Mit 23 Jahren fuhr er bereits die 24 Stunden von Le Mans und will heute seine "Großmutter" noch einmal den Gaisberg hinauftreiben - nur um einiges gemächlicher als damals.

Bischofs Oldtimer-Transfer ins Nachbarland Österreich hat einen besonderen Anlass: Die Ausfahrt soll anlässlich des 60. Geburtstags der Dr. Ing. h.c. F. Porsche KG zu den Spuren des Firmengründers führen. Denn am 8. Juni 1948 erhielt der damals 38-jährige Techniker Ferry Porsche von der Kärntner Landesregierung eine sogenannte Einzelfahrgenehmigung für den Prototyp eines offenen Sportwagens. Es war die Geburtsstunde der Marke Porsche.

Auf Ferrys Fährten

Dass die Firmengeschichte nicht in Stuttgart-Zuffenhausen, sondern in Gmünd in Kärnten begann, lag am Zweiten Weltkrieg. 1944 verlagerten die Nazis die Porsche KG zur Rüstungsproduktion nach Kärnten. Dort glaubte man, vor Bombenangriffen sicher zu sein. Zwei Jahre nach Kriegsende begannen die rund 100 Mitarbeiter von Ferry Porsche mit dem Bau eines zweisitzigen Roadsters auf Käfer-Basis.

Porsche-Jubiläum: Die Studie des Boxster, wie sie 1993 unter anderem in Detroit und Genf zu sehen war

Die Studie des Boxster, wie sie 1993 unter anderem in Detroit und Genf zu sehen war

(Foto: Foto: Porsche)

Die Nachfrage war von Anfang an größer als die Produktion

Gearbeitet wurde in primitiven Baracken einer ehemaligen Holzfabrik. Bis 1950 entstanden hier insgesamt 52 Porsche vom Typ 356, für mehr reichte die Kapazität nicht. Und schon damals war die Nachfrage größer als die Produktion. "Die ersten Kunden waren reiche Schweizer", sagt Bischof, "die damit Rennen fahren wollten." 1951 ging Porsche wieder zurück nach Stuttgart und baute dort Deutschlands ersten Sportwagen. Fünf Jahre später lief der 10 000. Typ 356 vom Band.

Heute steht in Gmünd lediglich noch das liebevoll restaurierte Pförtnerhaus mit dem Konstruktionsbüro. Man fand sogar einige der Originalmöbel von Ferry Porsche wieder. Die ehemaligen Werkstattgebäude fielen jedoch längst dem Abrissbagger zum Opfer.

Wer tieferen Einblick in die Porsche-Geschichte haben möchte, besucht in Gmünd am besten Helmut Pfeifhofer in seinem Privat-Museum. Der Mann ist Porsche-Fan der ersten Stunde. "Schon als Kind stand ich an der Straße und bekam eine Gänsehaut, wenn Ferry Porsche vorbeifuhr", sagt der heute 70-Jährige. Meist ging es dann nach Zell am See zum Familiensitz der Porsches.

Auf Ferrys Fährten

Porsche-Jubiläum: Crash-Test anno 1966 mit einem Porsche 904

Crash-Test anno 1966 mit einem Porsche 904

(Foto: Foto: Porsche)

Den Nachhauseweg nutzte Ferry gern für Testfahrten. Die mehr als 130 Kilometer lange Strecke führte entweder über die Großglockner Hochalpenstraße oder über den Katschberg-Pass. Zu jener Zeit war solch eine Tour ein mühseliges Stück körperlicher Arbeit. Viele Abschnitte bestanden noch aus Kopfsteinpflaster oder Schotter, nur wenige Kilometer waren asphaltiert. Bergauf galten die Versuchsfahrten dem Motor und Getriebe, bergab wurden hauptsächlich die Bremsen, aber auch das Fahrwerk und die Lenkung beansprucht.

Die Marke fehlt so gut wie auf keiner Renn- und Rallyestrecke

Heute ist man erstaunt, wie locker die schwach motorisierten Oldies die berühmte Alpenstraße erklimmen. Kehre um Kehre verblüffen die alten Boxermotoren mit gutem Durchzug. "Eines der Prinzipien von Porsche war der Leichtbau", erläutert Klaus Bischof. Mitunter wiegen die sportlichen Rentner weniger als 700 Kilo. Ein VW Golf bringt es heute auf das doppelte Gewicht.

Die ersten 356er besaßen sogar eine Aluminium-Karosserie und waren damit prädestiniert für den Rennsport. Der infizierte die Porsche-Leute von Anfang an wie ein unheilbares Virus. "Sie haben den Motorsport dazu genutzt, die Marke bekannt zu machen und die Technik ständig weiter zu entwickeln", sagt Klaus Bischof. Motto: Sport wagen für noch bessere Sportwagen.

Die kleinen Porsche nahmen es dabei sogar mit den hubraumstarken Ferrari und Alfa Romeo auf - und siegten häufig. Mehr als 28.000 Triumphe bilanziert die Markenhistorie bis heute. Acht Mal wurde die Weltmeisterschaft im Langstreckensport gewonnen, 16 Mal ging der Gesamtsieg in Le Mans an Porsche. Die Marke fehlt so gut wie auf keiner Renn- und Rallyestrecke.

Auf Ferrys Fährten

Porsche-Jubiläum: 1986 gewann der Porsche 959 Paris-Dakar - der sogenannte "Über-911" die bis dato schwerste Rallye über eine Distanz von 13.800 Kilometer.

1986 gewann der Porsche 959 Paris-Dakar - der sogenannte "Über-911" die bis dato schwerste Rallye über eine Distanz von 13.800 Kilometer.

(Foto: Foto: Porsche)

Die Jubiläumstour führt unterdessen weiter über den Katschberg-Pass, der zweiten Teststrecke von Ferry Porsche, und zurück zum Gaisberg nach Salzburg. Mit bis zu 29 Prozent Steigung machte die Katschberg-Route den Motoren damals arg zu schaffen. Liegengebliebene Autos mit kochendem Kühlwasser gehörten zum Alltag.

Ferry Porsche fuhr an ihnen vorbei - vermutlich nicht ohne Häme. Denn ein derartiges Problem kannten seine Modelle nicht. Im Heck des 356 saß ein luftgekühlter Motor. Und jahrzehntelang auch in den Nachfolgemodellen - mit immer mehr Hubraum und immer mehr Leistung. Ihr kernig-röhrender Klang machte sie unverwechselbar.

Das galt auch für das Design. Es gelang Porsche, dem Typ 911 - er löste 1964 den 356 ab - eine einzigartige Silhouette zu geben und diese in wesentlichen Teilen bis heute zu erhalten. Der Elfer wurde zum berühmtesten und erfolgreichsten Porsche überhaupt.

Ferry Porsche, Sohn des Käfer-Konstrukteurs Ferdinand Porsche, starb 1998 im Alter von 88 Jahren in Zell am See. Was er 1948 mit einem spartanischen Cabrio startete, entwickelte sich über die Jahrzehnte zum profitabelsten Autohersteller der Welt. Porsche ist und bleibt ein Männertraum. Der Name steht für Sportwagen "Made in Germany", für Kontinuität, Dynamik und Design, für Rennsport und Faszination. Daran werden weder die Klimadebatten, noch die geplante Mehrheitsbeteiligung an der Volkswagen AG etwas ändern.

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