Porsche 917:Wiedersehen mit Nummer 917

Porsche-Piloten von einst haben sich in Daytona getroffen - vor allem, um von einem legendär gefährlichen Auto zu schwärmen.

René de Boer

Der 917 ist vielleicht das berühmteste aller Porsche-Rennfahrzeuge. Er bescherte den Stuttgartern 1970 den so lange ersehnten ersten Gesamtsieg beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans mit Hans Herrmann und Richard Attwood am Steuer. Er gelangte zu Weltruhm in Steve McQueens Kultfilm "Le Mans".

Das schnellste Straßenrennen der Geschichte

Auch in den USA fuhr der 917 in offener Ausführung mit zuletzt bis zu 1200 Turbo-PS die Konkurrenz in der Can-Am-Serie in Grund und Boden. Zwölf Zylinder hatte der 917 mit viereinhalb, später dann fünf Liter Hubraum und er fuhr mit einer Durchschnittsge-schwindigkeit von 249,069 km/h das womöglich schnellste Straßenrennen der Geschichte: Pedro Rodriguez und Jackie Oliver gewannen mit diesem Schnitt im Mai 1971 die 1000 Kilometer von Spa-Francorchamps.

Auch wenn das Reglement die Siegesserie des 917 bald beendete - die Faszination bleibt, wie jetzt in Daytona bei der "Porsche Rennsport Reunion" unter Beweis gestellt wurde. Die Veranstaltung, die zum dritten Mal stattfand, stand ganz im Zeichen des 917.

Das Porsche-Werksmuseum hatte vier Exemplare entsandt, zahlreiche Autos kamen aus den Sammlungen privater Liebhaber. Und die Fahrer, die mit den Rennsportwagen Erfolge feierten, waren als Ehrengäste mit dabei.

"Eine solche Veranstaltung lässt sich nur mit Porsche machen, und vielleicht auch nur in Amerika, weil dort das Familiengefühl unter Porsche-Besitzern noch viel ausgeprägter ist", sagt Porsche-Museumschef Klaus Bischof. "Anders als in Europa, wo Besitzer seltener Rennautos nur bei ausgewählten Veranstaltungen auftauchen, wenn überhaupt, haben Sammler in Amerika oft viel Freude daran, ihre Autos zu zeigen und fahren auch gerne damit auf der Rennstrecke."

Wiedersehen mit Nummer 917

Die Porsche Rennsport Reunion wurde im Jahr 2001 von Ex-Rennfahrer Brian Redman ins Leben gerufen. "Ich wollte eine Veranstaltung organisieren, wo ich mal wieder meine Kollegen von früher treffen konnte und wir mit den alten Autos ein bisschen Spaß haben sollten", sagt Redman.

Nach der erfolgreichen Premiere auf der Rennstrecke in Lime Rock im US-Bundesstaat Connecticut folgte die Fortsetzung drei Jahre später in Daytona. Die Rennstrecke in Florida ist traditionell Schauplatz des 24-Stundenrennens für Sportwagen und Stätte des ersten 24-Stunden-Gesamtsieges für Porsche: 1968 gewannen im Porsche 907 Vic Elford, Jochen Neerpasch, Rolf Stommelen, Jo Siffert und Hans Herrmann.

Motorsport - auf Leben und Tod

"Man muss die Gelegenheit nutzen", sagt Brian Redman, der seinerzeit für das Sportwagen-Team des Engländers John Wyer an den Start ging, das den 917 in den bis heute legendären Farben Hellblau und Orange des Ölsponsors Gulf einsetzte.

"Wir sind ohnehin glücklich, überhaupt noch hier zu sein. Von meinem Team zum Beispiel bin ich einer der wenigen Überlebenden", sagt Redman. Tatsächlich war Motorsport in dieser Epoche eine Sache auf Leben und Tod. Pedro Rodriguez starb 1971 bei einem Sportwagenrennen auf dem Nürnberger Norisring, Jo Siffert kam im gleichen Jahr in Brands Hatch in einem Formel-1-Auto ums Leben, Mike Hailwood starb 1981 bei einem Verkehrsunfall.

"Natürlich war es gefährlich, aber daran dachte keiner", erklärt auch Gijs van Lennep. Der niederländische Adelige gewann zwei Mal in Le Mans, darunter 1971 im Porsche 917, zusammen mit dem Österreicher Helmut Marko. Der Distanzrekord, den sie damals aufstellten, besteht bis heute. "Der 917 war ein unglaubliches Auto. Irrsinnig schnell, aber die Füße des Fahrers befanden sich vor der Vorderachse. Das wäre heute undenkbar."

Wiedersehen mit Nummer 917

Der Brite David Piper, der im Jahr 1969 als einer der ersten Privatfahrer einen Porsche 917 erwarb, trägt die Spuren jener Tage bis heute: Durch einen Unfall während der Drehaufnahmen für den Film "Le Mans" verlor er seinen rechten Unterschenkel. Das hält ihn jedoch keineswegs davon ab, seinen 917 regelmäßig bei historischen Rennveranstaltungen einzusetzen. "Eine Veranstaltung wie hier lasse ich mir nicht entgehen", sagt er und grinst.

Großes Treffen ehemaliger Rennfahrer

Das gilt für viele seiner ehemaligen Rennfahrerkollegen. Die Briten Vic Elford und Jackie Oliver, der Österreicher Rudi Lins, der Franzose Gérard Larrousse, der Amerikaner George Follmer, der Aachener Willi Kauhsen, allesamt sind sie der Einladung Redmans nach Daytona gefolgt. "Und es ist einfach wunderbar", sagt Kauhsen, der am Wochenende in Florida wie die anderen Fahrer unzählige Autogramme schreiben muss.

Timo Bernhard kennt die Vollgas-Geschichten nur vom Hörensagen. Der 26-jährige Saarländer gewann in der vergangenen Saison für Porsche den Titel in der Klasse LMP2 der American Le Mans Series, der bedeutendsten nordamerikanischen Sportwagenserie. Auch Bernhard ist in Daytona, um mit seinem aktuellen Meisterauto, dem Porsche RS Spyder, einige Demonstrationsrunden zu drehen. Die gelb-rote Flunder aus Kohlefaser ist nicht zu vergleichen mit den alten Rennautos.

Der Youngster Bernhard fährt auch ein paar Runden im erfolgreichen Porsche 962 aus den späten achtziger Jahren. "Das sind die ersten Sportwagen, an denen ich mich aus meiner Kindheit erinnern kann", sagt er. "Schon beeindruckend, was die Fahrer damit geleistet haben. Aber die Sicherheit - na ja."

Für Porsche ist die Teilnahme an solchen Veranstaltungen ein wichtiger Bestandteil der Markenphilosophie. Klaus Bischof: "Im jetzigen Museum haben wir nur Platz für 25 Autos, während wir gleichzeitig 160 fahrbereite Autos haben. Deswegen verstehen wir uns als mobiles, rollendes Museum."

Dass der Rennsport auch im neuen Porsche-Museum - Eröffnung in der zweiten Jahreshälfte 2008 - eine wichtige Rolle spielt, ist logisch: "Bei Porsche gibt es die Serienproduktion nicht ohne den Rennsport und den Rennsport nicht ohne die Serie."

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