Süddeutsche Zeitung

Elektromobilität:Bye, bye Tesla

Mit dem Polestar 2 will Volvo den US-amerikanischen Rivalen frontal angreifen - und dringt damit in ein Segment vor, in dem sich bislang nur wenige Hersteller tummeln. 

Von Peter Fahrenholz

Im Markt der Elektroautos, die es bereits gibt und die nicht erst für irgendwann angekündigt sind, gibt es eine merkwürdige Zweiteilung. Auf der einen Seite Kleinwagen wie den Renault Zoe, den Kia e-Soul oder den Nissan Leaf, von denen zwar keine Massen verkauft werden, die sich aber durchaus gut behaupten. Und auf der anderen Seite das Luxussegment, das lange von Tesla mit seinem Model S dominiert wurde, ehe andere mit Verspätung nachgezogen haben. Wer 80 000 Euro und mehr für sein Auto ausgeben kann und rein elektrisch fahren möchte, weil es ihm entweder gefällt oder weil er zur technischen Avantgarde gehören möchte, kann jetzt auch einen Audi e-tron oder einen Jaguar I-Pace ordern.

In der Kompakt- und Mittelklasse, einem der volumenträchtigsten Segmente, sind E-Autos hingegen dünn gesät. Es gibt den BMW i 3, der von der Größe irgendwo dazwischen liegt und zudem ziemlich teuer ist. Hyundai und Kia, die beiden koreanischen Schwestern, sind jetzt mit dem Kona Elektro und dem e-Niro vertreten, zwei interessante Autos in einem Preisbereich um die 40 000 Euro. In der Premium-Mittelklasse ist wiederum Tesla der erste, mit dem neuen Model 3, um das es viele Probleme gegeben hat.

Die Preise reichen von 39900 Euro bis 59900 Euro

Das kann bald anders aussehen. Denn in dieser Woche kam aus Göteborg, dem Sitz von Volvo, eine unverhüllte Kampfansage an Tesla. In einer per Livestream übertragenen Präsentation wurde dort der Polestar 2 enthüllt. Polestar wurde 2017 als elektrische Sondermarke von Volvo gegründet, was insofern etwas verwirrend ist, als auch Volvo selbst elektrifizierte Fahrzeuge anbietet und in absehbarer Zeit ein reines Elektroauto herausbringen wird, vermutlich auf der Basis des kleinen SUVs XC 40. Von Polestar gibt es bisher den Polestar 1, einen 600 PS starken Hybrid-Sportwagen, dessen Produktion Mitte diesen Jahres anlaufen soll.

Und jetzt eben den Polestar 2, ein Fünftürer mit Fließheck. Wem das Auto irgendwie bekannt vorkommt, täuscht sich nicht: Im Mai 2016 präsentierte Volvo zwei Konzeptautos auf Basis seiner neu entwickelten modularen CMA-Plattform (Compact Modular Architecture). Das eine war ein SUV, das andere ein Fließheck-Modell. Aus der SUV-Studie wurde der Volvo XC 40, aus der Fließheck-Variante wird jetzt der Polestar 2.

Chef von Polestar ist der ehemalige Volvo-Designchef Thomas Ingenlath, der das nordisch-klare Design der aktuellen Volvo-Generation verantwortet hat, mithin etwas von schönen Autos versteht. Und was Ingenlath in seiner hippen gelben Lederjacke in Göteborg präsentierte, ist nicht nur optisch ein Hingucker, sondern hat es auch technisch in sich. Eine 78 Kilowattstunden (kWh) starke Batterie, die aus 27 Modulen mit 324 einzelnen Zellen besteht, treibt zwei Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse mit zusammen 408 PS und einem maximalen Drehmoment von 660 Newtonmeter an. Versprochen wird eine Reichweite von 500 Kilometer. Auch sonst hat man den Wagen mit allerlei technischen Finessen gespickt: Das LED-Lichtsystem erlaubt es, bei Dunkelheit ständig mit Fernlicht zu fahren, weil es den Gegenverkehr erkennt und gezielt ausblendet, das Infotainment-System ist auf Android-Basis ausgerüstet und hat damit alle erdenklichen Google-Assistenten an Bord.

Im Livechat wurde die Präsentation lebhaft begleitet, einer schrieb lakonisch: "Bye, bye Tesla." Bestellen kann man den Wagen nur Online, aber gezeigt wird er in insgesamt 60 Showrooms weltweit, die in attraktiven Innenstadtlagen liegen sollen. Und der Preis? Für die Launch Edition sind 59 900 Euro angesetzt, später soll es eine Basisversion für 39 000 Euro geben. Die hat dann allerdings eine schwächere Batterie mit geringerer Reichweite. Gebaut wird der Polestar 2 in China, daneben wird er auch in den USA und in Kanada sowie in sechs europäischen Ländern, darunter Deutschland, zu haben sein. Die Produktion soll Anfang 2020 anlaufen.

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Quelle:
SZ vom 02.03.2019
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