Plug-in-Hybrid im Test:Der Vierzylinder ist der Fehler im System des BMW 740e

Der neue BMW 740Le iPerformance.

Der BMW 740e kostet mindestens 91 900 Euro, die abgebildete Langversion mit Allradantrieb sogar 100 600 Euro.

(Foto: BMW Group)

BMW bringt den Siebener jetzt auch als Plug-in-Hybrid. Der ist sehr sparsam für seine Größe. Aber das grüne Gewissen fordert einige Zugeständnisse.

Test von Michael Specht

Drei Plug-in-Hybrid-Modelle hat BMW bereits im Programm. Damit versucht man, über diese Art der Elektrifizierung Sprit zu sparen und so die strengen CO₂-Vorgaben aus Brüssel zu schaffen. Dass das gelingt, darf allerdings getrost bezweifelt werden. Die niedrigen Verbrauchswerte der sogenannten PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicles) gehen nämlich nur in den Gesamtflottenwert ein, wenn diese vermeintlichen Öko-Autos auch gekauft werden. Nur, das werden sie nicht. Zumindest nicht genug davon. Mehr als 95 Prozent der Kunden in Europa lassen die Hightech-Hybride links liegen und greifen lieber zu konventionellen Diesel und Benzinern.

Dieses Schicksal könnte auch den jüngsten Hybrid-Zugang der Bayern ereilen, den 740e iPerformance, selbst wenn Produktmanager Timo Resch, wie er sagt "bereits gute Bestelleingänge" registriert hat, meist aus China, den USA, Japan und sogar dem Nahen Osten. Dies muss aber nicht zwangsläufig viel bedeuten. Möglicherweise ist da auch der Reiz des Neuen ein wichtiger Faktor.

48 Kilometer elektrische Reichweite

Erstmals überhaupt erhält der Siebener einen Plug-in-Hybrid-Antrieb. Vom zuvor installierten "Active Hybrid" hat man sich verabschiedet. Zu teuer, zu geringe Nachfrage, zu wenig Vorteile. Das soll sich mit dem 740e ändern. Den größten Unterschied spürt man gleich auf den ersten Metern. Die Luxuslimousine gleitet lautlos davon, angetrieben lediglich von einem Elektromotor. Der Benziner schweigt. Das würde theoretisch bis zu 48 Kilometer weit funktionieren. So weit liefert die Batterie unter den Rücksitzen Strom, müsste dann erst für einige Stunden an die Steckdose (daher der Name Plug-in-Hybrid).

Wer also nur kurze Wege ins Büro hat könnte den 740e quasi als E-Auto bewegen und dürfte als Null-Emissions-Fahrzeug später einmal sogar in Umweltzonen einfahren, die für Verbrennungsmotoren gesperrt sind. Gleichzeitig hätte er eine gediegene Luxuslimousine für die Langstrecke. Das Beste aus zwei Welten eben, wie Plug-in-Hybride gern von den Vorständen und Entwicklungschef der Autokonzerne tituliert werden.

Weder seidig noch souverän

Die zweite Welt, wenn man so sagen darf, bestückt BMW jedoch (nur) mit einem Zweiliter-Vierzylinder-Turbobenziner, weil man den Fokus auf maximale Effizienz legt. Und auch wenn dieser mit 258 PS der stärkste seiner Art ist, der jemals in ein Modell von BMW installiert wurde. Und obwohl dieser aufwendig gegen Lärm isoliert wurde: Er kann nicht entfernt den seidigen Sound und das souveräne Fahrgefühl eines Sechs- oder Achtzylinders vermitteln, wie er gewöhnlich unter der Haube eines Siebeners steckt.

Besonders schmerzlich wahrzunehmen ist dieses Hubraum- und Zylinder-Defizit beim Beschleunigen und Überholen. Zwar hilft dann die 113 PS starke E-Maschine nach Kräften und man schickt zusammen achtbare 326 PS in die Achtgangautomatik, doch es bleiben mehr als zwei Tonnen Fahrzeugmasse, die es zu bewegen gilt.

Ein Verbrauchswert fernab jeglicher Realität

Das ist offenbar der Preis, den der Käufer eines 740e für sein grünes Gewissen zu zahlen bereit sein muss. Vielleicht aber mag ihn die fehlende Laufkultur des Vierzylinders gar nicht stören, weil sie bei sanfter Fahrweise und dezentem Gasfuß nicht zum Tragen kommt. Dann erweist sich der Hybrid-Siebener als traumhaft komfortabler Luxusliner, für den BMW einen Normverbrauch von lediglich 2,1 l/100 km angibt.

Jeder weiß, dass dies ein Laborwert ist, fernab jeglicher Realität. Aber die Brüsseler Gesetzgebung will es nun mal so. In den Verbrauchszyklus gehen nämlich auch die 48 Kilometer elektrische Reichweite mit ein. Wer jeden Tag brav den Siebener an den Stecker hängt und mit voller Batterie startet, sollte mit einem Benzinverbrauch von vier bis sechs Litern gut über die Runden kommen - immer noch ein guter Wert für ein Auto dieser Größe.

Das Kofferraumvolumen schwindet

Einen weiteren Tribut zahlt der 740e-Käufer, wenn es um das Thema Kofferraum und Ladevolumen geht. Aus ursprünglich 510 wurden 420 Liter, was aber im Alltag keine wirklich große Rolle spielen dürfte. Der Kofferraumboden ist jedenfalls glatt, eben und gut zugänglich.

Äußerlich ist der Siebener als Plug-in-Hybrid nur von Kennern als solcher zu identifizieren. Die Stege in die Nieren haben blaue Streifen, an den C-Säulen steht ein "eDrive" und dann ist da natürlich die zweite "Tankklappe" für den Stromanschluss vorne am linken Kotflügel. Mehr Erkennungszeichen gibt es nicht.

BMW verlangt für die Einstiegsversion 91 900 Euro. Produktmanager Resch sagt, dies liege ausstattungsbereinigt auf dem Niveau eines 740i, so dass der Kunde für den Plug-in also keinen wirklichen Aufpreis zahle, dafür aber einen messbaren Mehrwert im täglichen Nutzen habe. In der Langversion inklusive des Allradantriebs kostet der 740Le xDrive iPerformance satte 100 600 Euro. Somit bleibt es eine der teuersten Arten, etwas Sprit zu sparen.

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