Peugeot RCZ R im Test:Unvernünftige Herzensangelegenheit

Peugeot RCZ R

Der RCZ R ist mit 270 PS der stärkste Serien-Peugeot aller Zeiten.

(Foto: tibo; Peugeot)

Schnell, eng und teuer: Der Peugeot RCZ R ist durch und durch unvernünftig, erobert aber das Fahrerherz. Allerdings nur bei schönem Wetter.

Von Thomas Harloff

Machen wir uns nichts vor: Für die meisten Menschen ist das Auto zur Kopfsache geworden. Es ist mittlerweile ein Reflex, bei einer Neuerscheinung, die nicht Praxisnutzen oder Umweltfreundlichkeit ins Zentrum rückt, die Sinnfrage zu stellen. Erst recht, wenn der Neuling gerade einmal Platz für zwei Personen samt etwas Gepäck bietet. Die Antwort auf die Sinnfrage ist schnell gefunden und lautet meist "sinnlos" und ein Sportcoupé wie der Peugeot RCZ R verschwindet schnell in der Schublade mit der Aufschrift "Autos, die die Welt nicht braucht".

Menschen, die sich mit der französischen Automarke eingehend beschäftigen, treibt eher eine andere Frage um: "Können die überhaupt ein sportliches Auto bauen?" Immerhin besteht die Peugeot-Modellpalette großenteils aus vernünftigen Kleinwagen und Kombis, praktischen Vans oder talentierten Crossovern, die das Beste aus mehreren Fahrzeuggattungen vereinen wollen. Sogar Hybrid- und Elektroautos sind darunter - etwas für den Kopf also, weniger für das Herz.

RCZ, das Überbleibsel

Peugeot RCZ R

Der feststehende Heckspoiler und die beiden faustgroßen Auspuffendrohre kennzeichen die R-Version des Peugeot RCZ.

(Foto: tibo; Peugeot)

Der im Frühjahr 2013 umfangreich aufgefrischte RCZ ist im Peugeot-Portfolio das letzte Überbleibsel für alle, die Fahrspaß noch immer über Beschleunigungswerte und Kurvengeschwindigkeiten definieren. Schon die bisher erhältlichen, bis zu 200 PS starken Modellvarianten haben sich durch gute fahrdynamische Anlagen ausgezeichnet.

Die neue, umfangreich nachgewürzte Topversion, erkennbar am "R", will nun noch einen draufsetzen. Und zwar nicht nur durch ihren dank intensiver Detailarbeit zu 270 PS erstarkten Motor. Vor allem das im Vergleich zu den zuvor erwähnten zahmeren Varianten um zehn Millimeter tiefergelegte und gestraffte Fahrwerk soll aus dem RCZ R einen Kurvenkünstler machen, der sowohl auf der alltäglichen Fahrt zur Arbeit als auch auf der Rennstrecke eine gute Figur macht.

Bequemer als erwartet

Besagten Feinschliff hat laut Peugeot die hauseigene Motorsportabteilung betrieben. Auf deren Konto gehen Siege beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans, Titel in der Rallye-Weltmeisterschaft und neuerdings die Rekordzeit beim legendären Bergrennen am Pikes Peak. Die Rennwagen-Ingenieure sind es gewohnt, bei ihren Entwicklungen kompromisslos vorzugehen. Das lässt im RCZ R ein Brutalo-Fahrwerk erwarten, aber schon auf den ersten Metern zeigt sich, dass Federung und Dämpfung keineswegs zu hart abgestimmt sind. Überraschend bequem sind auch die Sitze. Sie sehen aus wie Schraubzwingen, bieten aber viel Seitenhalt und Oberschenkelauflage.

Ansonsten wirkt der Innenraum unausgewogen. Vorab das Positive: Nappaleder, Alcantara und rote Stickereien schmeicheln Seh- und Tastsinn. Anders das Lenkrad, das wegen seines klobigen Designs größer wirkt, als es tatsächlich ist. Das kann man vom Schaltknauf nicht mehr behaupten. Der ist nicht nur ungünstig geformt, sondern auch so mächtig dimensioniert, dass ihn selbst die größten Pranken nur mit Mühe vollständig umschließen können.

Bediensystem von gestern

Der Innenraum des Peugeot RCZ R.

Der Innenraumd es Peugeot RCZ R ist geschmackvoll eingerichtet, aber miserabel zu bedienen.

(Foto: tibo; Peugeot)

Die Mittelkonsole ist mit ihren zu kleinen, unlogisch angeordneten und schwer erreichbaren Tasten ein ergonomisches Desaster. Das kann Peugeot inzwischen deutlich besser, wie zum Beispiel der 308 beweist. Die Rücksitze im RCZ R sind höchstens als zusätzlicher Stauraum tauglich, aber keinesfalls zur Personenbeförderung. Auch was die schlechte Rundumsicht angeht, unterscheidet sich der Peugeot RCZ R nicht von anderen Coupés.

Uneinigkeit herrscht unter kompakten Sportlern in Bezug auf ihre Antriebskonzepte. Der Audi TTS setzt auf Allrad, der Porsche Cayman treibt die Hinterräder an und der VW Scirocco R bringt seine Kraft über die Vorderräder auf die Straße. Der Peugeot RCZ R lässt seine Leistung von 270 PS und sein maximales Drehmoment von 330 Nm ebenfalls auf die Vorderachse los.

Teures Schönwetterauto

Bei den meisten Fronttrieblern würde die Kraft bei forscher Beschleunigung als verbrannter Reifen verqualmen, aber beim RCZ R übertragen die Reifen die Kraft fast verlustfrei auf den Asphalt - bei trockener Fahrbahn. Bei Nässe stößt das System jedoch an seine Grenzen. Eine zittrige Lenkung und eine stetig flackernde ESP-Leuchte zeugen davon, dass sich die Pneus auf schlüpfrigem Untergrund verzweifelt um Grip bemühen.

Peugeot RCZ R

Der Peugeot RCZ R ist ein gelungenes Sportcoupé, das mit einem Grundpreis von 41 800 Euro aber sehr teuer ist.

(Foto: tibo; Peugeot)

Wer den Peugeot RCZ R aber als Schönwetterauto interpretiert, wird an ihm viel Freude haben. Das Fahrwerk und die schwergängig ausgelegte, aber sehr präzise Lenkung lassen den Franzosen ebenso flott wie sicher in die Kurven gehen. Der Motor nimmt spontan Gas an, das für Turbo-Triebwerke typische verzögerte Ansprechen des Laders haben die Motorsporttechniker ihm fast völlig ausgetrieben.

Der Fahrer als Teil der Show

Die harmonische Abstimmung aller Antriebskomponenten sorgt für gute Fahrleistungen (0 auf 100 km/h in 5,9 Sekunden, 250 km/h Höchstgeschwindigkeit) und einen sehr dynamischen Fahreindruck, der den Piloten bestmöglich involviert. Die kernige, aber nicht übertrieben laute Klangkulisse und das tolle Getriebe mit kurzen Schaltwegen und exakter Führung lassen den Fahrer ebenfalls intensiv am Geschehen teilhaben.

Der Peugeot RCZ R ist ein weiterer Beweis dafür, dass Sinnloses durchaus Spaß machen kann. Der mindestens 41 800 Euro teure Franzose belegt aber auch, dass Sinnloses ins Geld gehen. Kostenintensiver sind nur die Premium-Konkurrenten Audi TTS und Porsche Cayman, während Volkssportler wie der VW Scirocco R, der Seat Leon SC Cupra oder der Opel Astra OPC um Längen günstiger sind. Aber wer sich so eine automobile Herzensangelegenheit leisten kann, legt sein Geld mit dem RCZ R gut an.

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