Süddeutsche Zeitung

Testfahrt mit dem Opel Zafira:Wachstumsschub für den Kompakt-Van

Der Opel Zafira war ein relativ handliches Familienauto. Doch das Segment der Vans schrumpft. Darum kommt die nächste Generation deutlich wuchtiger daher.

Von Peter Fahrenholz

Was machen Autohersteller, wenn ein Erfolgsmodell schwächelt, die Verkaufszahlen zurückgehen und sich die Kunden frischeren Modellen der Konkurrenz zuwenden? Oft verschwindet dann ein vertrauter Name aus dem Programm und es wird ein Nachfolger präsentiert, der nicht nur anders aussieht, sondern auch anders heißt. Opel hat damit reichlich Erfahrung. So wurde aus der Mittelklasse-Limousine Rekord erst der Omega, später der Signum, inzwischen fährt die zweite Generation des Insignia herum.

Jetzt gehen die Rüsselsheimer den umgekehrten Weg: Sie behalten einen vertrauten Namen bei, machen daraus aber ein vollkommen anderes Auto. Aus dem Kompakt-Van Zafira wird ein Kleinbus namens Zafira Life. Als der Zafira 1999 auf den Markt kam, war er eine kleine Revolution im Segment der Familienkutschen. Ein Fünfsitzer, der sich bei Bedarf zum Siebensitzer verwandeln ließ, indem eine dritte Sitzreihe aus dem Wagenboden geklappt wurde und dort auch wieder versenkt werden konnte. 2,7 Millionen Exemplare wurden vom Zafira verkauft. Doch die Blütezeit der Vans ist lange vorbei, viele Käufer haben sich den populären SUVs zugewandt. Es habe "deutliche Marktveränderungen" gegeben, sagt Ulrich Selzer, der neue Vertriebschef von Opel Deutschland. Das Segment der kompakten Vans sei zuletzt um 59 Prozent geschrumpft. Dafür gibt bei Fahrzeugen, die ein paar Nummern größer sind, offenbar Bewegung nach oben. "Wenn Sie heute als Kunde Raum brauchen", sagt Selzer, "dann brauchen sie richtig viel Raum."

Also hat Opel aus dem Zafira einen Großraum-Van gemacht, den man in seinen Langversionen genauso gut einen Kleinbus nennen könnte. Eine komplette eigene Neuentwicklung ist der Zafira Life freilich nicht, Opel konnte sich kräftig aus dem Regal des Mutterkonzerns PSA bedienen: Der Citroën Spacetourer, der Peugeot Traveller und auch der Toyota Proace benutzen die gleiche Plattform. Die Dieselmotoren stammen von Peugeot.

Doch Opel setzt bewusst auf noch mehr Variabilität und Komfort als die französichen Schwestermodelle. Der Zafira Life wird in drei unterschiedlichen Längen angeboten: als S-Version mit 4,60 Metern Länge (damit ist er sogar kürzer als der bisherige Zafira), als M-Version mit 4,95 Metern und als L-Ausgabe mit 5,30 Länge.

Alle drei Varianten werden mit bis zu neun Sitzplätzen angeboten; zwei Schiebetüren, die sich mit einer Fußbewegung elektrisch öffnen lassen (natürlich gegen Aufpreis), bieten den hinteren Passagieren eine bequeme Einstiegsmöglichkeit. Die Scheibe der Heckklappe lässt sich separat öffnen, die höheren Ausstattungslinien bieten ein großes, zweiteiliges Panorama-Glasdach. Weil heutzutage nichts mehr ohne elektronische Helfer geht, hat Opel den neuen Zafira mit insgesamt 14 verschiedenen Assistenzsystemen ausgestattet, ebenfalls gegen Aufpreis.

Motormäßig setzt Opel beim Zafira Life ganz auf den Diesel. Die Palette umfasst zwei 1,5-Liter-Diesel mit 102 oder 120 PS und zwei 2,0-Liter-Diesel mit 150 und 177 PS. Der kombinierte Durchnittsverbrauch bewegt sich laut Werksangaben gemäß dem neuen WLTP-Messverfahren je nach Motorvariante zwischen sechs und 8,1 Litern auf 100 Kilometer.

Bei einer Testrunde durchs Weinbaugebiet in Rheinhessen war die SZ mit der M-Version als Business-Variante (die hat dann Einzel-Ledersitze, die sich auf Schienen verschieben lassen) mit dem 177-PS-Motor unterwegs. Wer das Auto als Familienwagen kauft, wird vermutlich meist den 150-PS-Motor wählen, der ausreichend Leistung und Durchzug bietet. Wunderdinge in Sachen Fahrdynamik darf man von so einem Auto natürlich nicht erwarten, aber dafür ist ein Kleinbus ja auch nicht gemacht. Den muss man mit etwas mehr Feingefühl um die Kurven zirkeln. Als Reisefahrzeug mit viel Platz, sowohl für die Passagiere wie auch fürs Gepäck, so viel lässt sich sagen, wird der Zafira Life eine gute Figur machen. Komfortabel, mit guter Geräuschdämmung, gelungener Abstimmung zwischen Motor und dem Automatikgetriebe lässt es sich entspannt fahren, getreu dem Motto, das in Österreich jahrelang am Straßenrand plakatiert war: gleiten statt hetzen.

Und auf welche Kunden zielt Opel mit dem neuen Konzept? Zum einen, wie Vertriebschef Selzer sagt, "auf große Patchworkfamilien". Zum anderen aber auch auf den Business-Bereich, wo die beiden längeren Versionen als Shuttle-Fahrzeuge zum Einsatz kommen sollen. Deshalb gibt es den Zafira auch als edle Lounge-Version mit vier Ledersesseln hinten, die sich versetzen und drehen lassen. Wer sich das Auto als Patchwork-Familie leisten will, muss allerdings finanziell entsprechend gebettet sein: Die Preise beginnen bei 34 660 Euro, aber mit der üblichen ellenlangen Aufpreis-Liste landet man schnell jenseits der 50 000-Euro-Marke.

Bei Opel hat man mit dem Zafira nicht nur die Konkurrenten aus dem eigenen Konzern im Visier, sondern hofft, auch Kunden vom VW Multivan oder dem Mercedes Viano wegzulocken. Dafür sollte man Controllern aber noch ein Detail abhandeln, wie es in dieser Preisklasse längst Standard ist: eine elektronische Parkbremse. Der Zafira kommt noch mit einem altertümlichen, riesigen Handbremshebel daher.

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Quelle:
SZ vom 29.06.2019/cku
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