Opel Ampera:Grenzenlos elektrisch

Elektroautos haben bis dato mehr versprochen als gehalten und die Angst vorm Liegenbleiben fuhr immer mit. Opels Ampera macht damit ab sofort Schluss - ein Range Extender liefert stets ausreichend Reichweite. Die erste Ausfahrt.

Günther Fischer, Den Haag

Was wurde Opel in der Krise doch gebeutelt! Mal wurde monatelang über einen eventuellen Verkauf spekuliert, dann sollte die Firma doch im Eigentum von General Motors verbleiben. Opel hat Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet und durchgezogen, erbittert um Produktionsstandorte gekämpft und unverdrossen neue Modelle auf den Markt gebracht.

Und eigentlich alles mit Erfolg: Die Rüsselsheimer gewinnen in Deutschland Marktanteile zurück, die neuen Modelle (Insignia, Astra) laufen gut bis sehr gut, der Meriva begeistert sogar - nicht nur mit seinem Türkonzept - und die Einführung des neuen Zafira steht bevor. Und was passiert? Erneut mussten vor kurzem Verkaufsgerüchte dementiert werden ...

Opels Reaktion: Nichts weniger als ein Paukenschlag. Und was für einer! Mit dem gerade im niederländischen Den Haag vorgestellten Ampera legt Opel einen Blitzstart hin - hinein ins Zeitalter der Elektromobilität. Und die Rüsselsheimer haben gute Chancen, seit langer Zeit endlich einmal wieder die technologische Führung im Automobilbau zu übernehmen.

Mit dem 4,5 Meter langen Ampera hat Opel nun ein Elektroauto auf die Räder gestellt, das uneingeschränkt alltagstauglich ist und vor allem eines nimmt: die Angst vorm Liegenbleiben. 40 bis 80 Kilometer rein elektrische Reichweite verspricht Opel - das reicht für rund 80 Prozent aller Fahrten, die wir täglich unternehmen.

Das Schöne nun: Geht der Strom zur Neige, springt ein Benzinmotor an - mit diesem sogenannten Range Extender (Reichweitenverlängerer) sind dann mehr als weitere 400 Kilometer mehr drin. Erst dann muss der Ampera nachgetankt werden - an der Tankstelle oder an der Steckdose. Selbst da reichen vier Stunden Ladezeit mit einem 230-Volt-Schukostecker - das sechs Meter lange Kabel dafür liegt im Auto, unterm Kofferraumboden.

Der Unterschied zu anderen Elektromobilen ist aber: Der Ampera ist kein Minimalauto, sondern ein vollwertiger Viersitzer mit Kofferraum, Klimaanlage, Radio, DVD-Player und Navi. Er läuft 160 km/h schnell und erbringt die volle Antriebleistung von 150 PS auch ohne Benzinunterstützung - er soll in erster Linie elektrisch fahren.

Wir steigen ein und starten. Das heißt in diesem Fall: Wir drücken den Startknopf. Es bleibt still, nur ein kleiner Schriftzug weist darauf hin, dass der Ampera "ready" ist. Ein kleiner Druck auf Gaspedal - und wir gleiten, nein, wir schweben davon.

Der Ampera schwebt mit uns davon

Es ist nichts zu hören: Das Auto bleibt völlig still, erst ab Tempo 60 sind Wind- und Abrollgeräusche der Reifen zu hören. Wie es bei Elektromotoren üblich ist, steht das volle Drehmoment von Anfang zu Verfügung: So sind wir denn auch bald schneller unterwegs als es die Straßenverkehrsordnung eigentlich erlaubt. Der Wagen ist komfortabel abgestimmt, nur die elektrohydraulische Lenkung wirkt etwas indifferent.

Der erste, von Opel vorgeschlagene Rundkurs ist rund 75 Kilometer lang. Hätten wir nicht aus Versehen und ohne Not die Sitzheizung auf höchster Stufe eingeschaltet (die zieht wirklich Strom!), hätte der Stromvorrat des 288 Zellen großen und 198 Kilogramm schweren Lithium-Ionen-Akkus locker gereicht.

Wahrscheinlich hätten wir am Ziel sogar noch ein Rest Strom für ein paar Kilometer mehr übrig gehabt. So aber schaltet sich kurz vor dem Ziel der Benzinmotor zu, was weder zu spüren noch zu hören ist, und bringt uns sicher ans Ziel. Opel hat also nicht zu viel versprochen.

Das betrifft auch den Verbrauch. Elektrisch angetrieben soll der Ampera 16 Kilowattstunden pro 100 Kilometer benötigen. Was bei einem Strompreis von 0,20 Euro pro Kilowattstunde rund 3,20 Euro Kosten bedeuten würde. Zum Vergleich: Ein Dieselmotor verursacht bei den derzeitigen Preisen im Schnitt 7,25 Euro Kosten pro 100 Kilometer. Und, nicht zu vergessen: Auch die Wartungskosten sind bei einem E-Motor um einiges geringer.

Um diese guten Ergebnisse zu erreichen, hat Opel (im Verbund mit Chevrolet, wo dasselbe Modell Volt heißt) beim Antriebkonzept einen erhöhten technischen Aufwand getrieben: Der Antrieb besteht aus zwei Elektromotoren, einem Planetengetriebe und einem Verbrennungsmotor.

Der Benziner treibt, sollte der Strom des Akkus bis auf einen gewissen Rest verbraucht sein, den Generator an. Der wiederum versorgt dann den Elektromotor weiterhin mit Strom für den Antrieb. Ein kleiner Teil wird aber immer auch in den Akku zurückgespeist, um eine gewisse Grundladung zu sichern.

Darüber hinaus kommen ein paar Prozent der Benzinerkräfte übers Planetengetriebe auch direkt dem Antrieb zugute - aber nur bei höherem Tempo. Das heißt auch: Der Ampera fährt immer elektrisch. Der Grund für die vielen verzweigten Energiewege: Effizienz und noch mal Effizienz. Im Alltagsbetrieb ist nichts davon zu spüren - man fährt einfach.

Ein paar kleine Nachteile muss man beim Ampera - noch - in Kauf nehmen: die hohe Ladekante zum Beispiel, die 310 Liter Kofferraumvolumen (bei hochgeklappten Rücksitzen) und die schmale Zuladung von nur 270 Kilogramm. Dazu gehört aber auch die Mittelkonsole, die schick aussieht, da herkömmliche Schalter fehlen. Aber die technoiden Sensoren nun reagieren manchmal schon auf sanfteste Berührung - und schalten dann ungewollt so etwas wie die Sitzheizung ein.

Noch ist die E-Zukunft nicht wirklich preiswert

Sicher, 42.900 Euro Grundpreis sind nicht wenig. Aber zum Vergleich: Der kleine Mitsubishi i-MiEV, eines der reinen Elektroautos, kostet auch bereits über 35.000 Euro. Und der bietet nicht annähernd so viel Alltagstauglichkeit.

Ampera-Kunden bekommen dafür auf Wunsch aber drei bis fünf Prozent auf den Strompreis (das hat Opel mit einigen Ökostrom-Anbietern ausgehandelt) und eine intensive Beratung auch zu Hause. Selbst eine Servicehotline wird rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

Das größte Problem dürfte darin bestehen, überhaupt einen Ampera zu bekommen. "Deutlich mehr als 5000 Reservierungen" liegen Opel nach eigenen Angaben bereits vor - weswegen die Jahresplanung von 8000 Stück bereits nach oben korrigiert wurde. Schon jetzt kommt die Opel-Mutter General Motors mit der Produktion nicht nach: Für den deutschen Markt sind deswegen bis Ende 2012 gerade mal 3000 Stück vorgesehen.

Dass der Ampera in den Niederlanden vorgestellt wurde, hat natürlich auch seinen Grund: Einige europäische Staaten reden nicht nur vom Klimawandel und der dringend notwendigen Energiewende, sie fördern ihn auch aktiv - Holland zum Beispiel mit 7000 Euro pro Auto, Frankreich immerhin mit 5000 Euro. Deutschland: null Euro.

Der Ampera kann ab sofort bestellt werden und wird vom kommenden Herbst an ausgeliefert. Opels Garantieversprechen: 160.000 Kilometer oder acht Jahre - inclusive Batterie! Auch das zeugt von Selbstvertrauen bei Opel - trotz aller Spekulationen.

Opel Ampera: E-Motor: 110 kW / 150 PS, max.Drehmoment: 370 Nm; Generator: 54 kW Leistung; Benzinmotor: Vierzylinder; 63 kW / 86 PS; max Drehmoment 130 Nm bei 4250 U/min, Euro 5; Fahrleistungen: 0-100 km/h: ca. 9 sec; Vmax: 161 km/h; Reichweite mit Batterie: 40 bis 80 km, Reichweite mit Range Extender: mehr als 500 km, Energie-/Benzinverbrauch: unter 16 kwh / 100 km, 1,6 l Benzin; CO2: unter 40 g/km, Leergewicht incl. Fahrer: 1732 kg; Preis: ab 42.900 Euro

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: