Autojahrgang 1991:Plötzlich Oldtimer

Autojahrgang 1991: Stau nach dem Mauerfall: Ende 1989 standen die Trabis in Richtung Westen Schlange. Kurz danach wurde deren Produktion in Zwickau eingestellt.

Stau nach dem Mauerfall: Ende 1989 standen die Trabis in Richtung Westen Schlange. Kurz danach wurde deren Produktion in Zwickau eingestellt.

(Foto: Imago)

Egal ob Trabi, S-Klasse oder Audi 80: Als Wertanlage taugen die wenigsten neuen Träger des H-Kennzeichens. Es sei denn, man entscheidet sich für das richtige Modell.

Von Felix Reek

Wer an Oldtimer denkt, dem kommen sofort hinreißende und kühne Karosserien in den Sinn: Mercedes Gullwing, Lamborghini Miura, Corvette Stingray oder auch Ente und VW Käfer. Doch das H-Kennzeichen, also jener Zeitpunkt, zu dem ein Automobil offiziell und vor allem steuervergünstigt den Status eines Oldtimers erhält, gibt es bereits nach drei Jahrzehnten. Weswegen mittlerweile viele Fahrzeuge mit H-Kennzeichen unterwegs sind, die selbst während ihrer Bauzeit nur einen müden Blick geerntet hätten. Der Jahrgang 1991 ist reich an solchen Autos. Die Automobilbranche befindet sich im Wandel, es muss gespart werden, was dazu führt, dass neue Modelle zum Teil schlechter sind als ihre Vorgänger. Einige schaffen es aber, durchaus Fahrzeuge zu bauen, die das Zeug zum Klassiker haben - oder sogar ein Stück deutsche Geschichte sind.

Verschwundene Automarken

Ist das noch ein echter Trabant? Im 1.1 arbeitet in der letzten Generation statt dem knatternden Zweitakter der Vierzylinder aus dem VW Polo.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Trabant 1.1 (1989 bis 1991)

Einer davon ist der Trabant 1.1, dessen letzte Exemplare 1991 vom Band laufen. Vermissen wird ihn zu diesem Zeitpunkt niemand. Die längst fällige Modernisierung kommt einfach zu spät. Seit den Sechzigerjahren hat sich technisch nichts grundlegend geändert. Die einst aus einem Stahlblech-Embargo geborene revolutionäre Hülle aus Duroplast taugt nur noch für Witze. Der 1.1 ist das letzte Aufbäumen eines Autos, auf das DDR-Bürger zwölf Jahre und mehr warten mussten. Dank einer Kooperation mit dem Westen verschwindet der Zweitaktmotor, der oft so laut knatterte, dass die Insassen sich nicht einmal unterhalten konnten. Er wird durch den Vierzylinder des VW Polo ersetzt. Der sorgt für mehr Laufkultur, hat aber auch einen horrenden Preis zur Folge: 18 900 Mark kostet die letzte Baureihe, 6000 Mark mehr als der Vorgänger. Der letzte Todesstoß für das liebevoll Trabi genannte DDR-Auto.

Deswegen ist der Trabant 1.1 heute nur noch "museal interessant", wie es Norbert Schroeder vom TÜV Süd ausdrückt. Die Fans lehnen ihn wegen des Polo-Motors ab, wenngleich ihm Oldtimer-Experte Frank Wilke von Classic Analytics durchaus einen historischen Wert zugesteht, "weil es eines der letzten Produkte ist, wo DDR und BRD zusammengearbeitet haben". Als Alltagsauto würde er ihn allerdings nicht empfehlen.

Schwächen: Rost - die Außenhülle mag zwar aus gepressten Baumwollabfällen mit Phenolharz sein, der Rest ist es nicht. Der besteht aus Stahl in nicht gerade bester Qualität. Der TÜV Süd rät: "Ein Trabi muss immer von unten betrachtet werden." Classic Analytics ergänzt: "Man muss mit einer bescheidenen Verarbeitung leben."

Taugt er als Geldanlage? Große Steigerungen sind beim Trabant 1.1 nicht zu erwarten. Potenzial sehen die Experten am ehesten bei der Variante "Tramp", einer Mischung aus Jeep und Cabrio ohne Türen und mit Stoffdach.

Preis: Zwischen 300 und 3000 Euro ist alles möglich. Gute Exemplare kosten eher 3000 Euro. Der Tramp hingegen liegt zum Teil schon deutlich über 10 000 Euro.

Alternative: Der Wartburg 1.3, das etwas bessere DDR-Auto im Vergleich zum Trabant.

Autojahrgang 1991: Den Audi 80 B4 gab es ab 1992 erstmals als Kombi "Avant".

Den Audi 80 B4 gab es ab 1992 erstmals als Kombi "Avant".

(Foto: Audi)

Audi 80 B4 (1991 - 1995)

Autofans kennen das: Kommt das Gespräch auf eine große Marke, fällt irgendwann dieser Satz: "Das ist der letzte echte ..." An dieser Stelle folgt dann ein beliebiger Hersteller. Das gilt auch für den Audi 80, den letzten "echten" Audi. Je nachdem, wer gefragt wird. Ohne Zweifel markiert der 80 das Ende einer langen Reihe. Seit 1972 bauen die Ingolstädter das Mittelklasse-Auto. Die vierte Baureihe, intern "Typ 8C" genannt, markiert den Übergang zu der Marke, die wir heute kennen. Das Design wird runder, Audi ersetzt die bisherigen Zahlenbezeichnungen seiner Modelle wie 100 bei den folgenden Reihen durch eine Kombination aus Buchstabe und Ziffer - die folgende Generation des 80 heißt A4. Zum ersten Mal bietet der Hersteller aber auch einen Kombi an, den Avant, der Audi zu BMW aufschließen lässt. Generell ist der Audi 80 ein Quantensprung: "Das ist Qualität. Das war für Audi ein absoluter Höhepunkt", schwärmt Frank Wilke von Classic Analytics.

Schwächen: Die sind überschaubar. Der TÜV Süd rät, besonders auf den Zahnriemen und den Verschleiß des Fahrwerks zu achten.

Taugt er als Geldanlage? Vor allem die Sportmodelle wie der S2 mit 230 PS oder der RS2 mit 315 PS sind gesucht. Von denen gibt es aber nicht mehr viele - die Leistung forderte ihren Tribut in Unfällen. Noch seltener ist das Sondermodell Competition (1994, 2500 Exemplare). Wer einfach nur einen Audi 80 fahren will, entscheidet sich für die Limousine mit 115 PS.

Preis: Gut erhaltene Audi 80 mit weniger als 100 000 Kilometer gibt es viele auf dem Markt. Die Preise für die Modelle mit 115 PS liegen bei 3500 Euro. Teurer wird es beim RS2 - der kostet um die 20 000 Euro, der Competition 30 000 Euro. Wenn mal einer auf dem Markt auftaucht.

Alternativen: Die üblichen deutschen Konkurrenten dieser Zeit - Mercedes 190 W201, BMW 3er E36.

Autojahrgang 1991: Die Baureihe W140 von Mercedes sorgte bei ihrem Erscheinen für viel Ärger (im Bild ein Modell von 1994). Falsch proportioniert und zu protzig sei sie.

Die Baureihe W140 von Mercedes sorgte bei ihrem Erscheinen für viel Ärger (im Bild ein Modell von 1994). Falsch proportioniert und zu protzig sei sie.

(Foto: Daimler AG; Mercedes-Benz/Daimler AG/Daimler AG)

Mercedes S-Klasse W140 (1991 - 1998)

Dass die Messlatte so hoch lag, hatte sich Mercedes selbst eingebrockt: Nicht weniger als das beste Auto der Welt sollte die S-Klasse der Baureihe W140 werden. Die Reaktion fiel entsprechend aus: zu mächtig sei das Auto, zu klobig, die Proportionen stimmten nicht. Tatsächlich ist die mehr als fünf Meter lange S-Klasse ein Statement. Seht her, ich bin hier, ich kann mir dieses Auto leisten! "Die Neiddebatte war sehr eng verknüpft mit diesem Auto", erklärt Norbert Schroeder vom TÜV Süd. Bereits die Basisversion kostete fast 90 000 D-Mark. Mittlerweile hat sich das harte Urteil der Anfangsjahre gewandelt. Oldtimer-Experte Frank Wilke sagt: "Das Auto ist immer noch absolut super. Ein Meisterstück der Ingenieurskunst." Was zu dieser Zeit an Sonderausstattung möglich war, wurde im W140 realisiert. Zwischen 20 und 30 Kilometer Kabel sind im Auto verbaut, die Modelle sind außerordentlich komfortabel, das Platzangebot ist enorm. In vielen Bereichen war die S-Klasse 1991 wirklich das beste Auto der Welt.

Schwächen: Die Elektronik ist anfällig und Defekte sind teuer. So wie eigentlich alles, wenn eine Reparatur beim W140 anfällt, die Preise befinden sich immer noch auf Oberklasseniveau. Weitere Fehlerquellen: Kabelbrüche im Motorraum wegen zu großer Hitze, ausfallende Steuergeräte, das ABS und die Türzuziehautomatik.

Taugt er als Geldanlage? Zunächst: Luxuslimousinen sind auf dem Oldtimermarkt am wenigsten gefragt. Aber: Für eine Mercedes S-Klasse wird sich immer ein Käufer finden. Wenn also eine Wertsteigerung angepeilt wird, dann verspricht sie am ehesten der Zwölfzylinder. Den muss man sich allerdings leisten können. Schon in den Neunzigerjahren kostete der Motor 60 000 D-Mark Aufpreis. Die anderen Modelle der S-Klasse sind in der Wartung um zwei Drittel günstiger. Wer die S-Klasse einfach nur fahren will: Die Achtzylinder sind genauso laufruhig.

Preis: Auf dem Gebrauchtmarkt unterscheiden sich die einzelnen Motorisierungen kaum. Einen S500 mit 320 PS im guten Zustand gibt es für etwa 13 500 Euro.

Alternativen: BMW 7 E32 und 38, Jaguar XJ (ab Serie III).

Autojahrgang 1991: Der Porsche 968 folgte auf den unbeliebten 944.

Der Porsche 968 folgte auf den unbeliebten 944.

(Foto: Porsche)

Porsche 968 (1991 - 1995)

Auch der Porsche 968 hatte einen schweren Stand: Er folgte auf den 944, den Anhänger der Marke bis heute nicht akzeptiert haben. Schließlich arbeitete in ihm ein Vierzylinder von Audi. Der 968 kam wesentlich besser an, landete die Produktion doch wieder bei Porsche. Ursprünglich als S3-Variante des 944 geplant, basierte er immer noch auf dem Einstiegsmodell aus Zuffenhausen. Einen Vierzylinder gab es auch, doch der stammte zumindest von Porsche. Im ersten Jahr liefen nur elf Exemplare vom Band, bis 1995 baute der Hersteller 11 000 der Sportwagen, die es als Coupé und Cabrio sowie in diversen, besonders PS-starken Varianten gab. Sie alle sind noch heute perfekte Daily-Driver, die Komfort und Sportlichkeit bieten.

Schwächen: Die Qualität ist bei Porsche gewohnt hoch. Doch die Sportwagen-bedingte Fahrweise fordert ihren Tribut. Besonders achten sollten Interessenten laut TÜV Süd auf eine nachvollziehbare Historie, Zahnriemen, Steuerriemen, Wasserpumpe und Gleitschienen.

Taugt er als Geldanlage? "Gut sind sie alle", sagt Wilke von Classic Analytics. Eigentlich gilt es nur eine Frage zu klären: Wie will man fahren, offen oder geschlossen? Wer einfach nur einen Porsche 968 will, dürfte mit dem Basismodell und 240 PS schon Spaß haben. "Wenn Geld keine Rolle spielt", erklärt Wilke, "dann einen CS". Der besonders sportliche Clubsport (1993 bis 1995) wird mittlerweile ebenso gesucht wie der Turbo S (nur 1993), die Straßenversion der GT-Rennserie.

Preis: Die CS sind allerdings mittlerweile Sammlerstücke zwischen 80 000 und 90 000 Euro. Den Clubsport gibt es ab 35 000 Euro. Die Basisversionen beginnen ab 20 000 Euro, gute Exemplare kosten laut Classic Analytics 10 000 Euro und mehr.

Alternativen: Nissan 300ZX Twin Turbo.

Opel Astra F

Der erste Opel Astra folgt 1991 auf sechs Baureihen des Kadett.

(Foto: Opel)

Opel Astra F (1991 - 1998)

Als der Name des Opel Astra fällt, stöhnt Oldtimer-Experte Frank Wilke direkt gequält auf: "Da fällt mir nicht viel Positives ein." Und fügt hinzu: "Das ist ein Modell, wo es wirklich nur ganz wenige Fans gibt." Der Hauptgrund ist die Qualität. Noch mehr als der Audi 80 ist der erste Astra eine Zäsur für Opel. Nach fast 30 Jahren ersetzt er den Kadett, alle Modelle erhalten Kunstnamen, die auf "a" enden wie Vectra, Omega, Calibra - und Astra. Es ist eine Zeit, in der Opel rigoros spart, was sich beim Nachfolger des Kadetts zeigt. Die erste Generation zeigt Mängel durch starken Rostbefall und muss deshalb sofort zurück in die Werkstätten. Verbessert hat sich im Lauf der Jahrzehnte nicht. Wilkes urteilt, dass diese Autos qualitativ einfach nicht auf lange Zeit ausgelegt sind.

Schwächen: "Rost schlummert an allen Ecken und Enden", warnt Norbert Schroeder vom TÜV Süd. Worauf Käufer noch besonders achten sollten, sind der Lack und Federbeindome. Außerdem sind die Neunzigerjahre eine Hochzeit der Tuningszene, besonders bei Opel. "An den Astras hat sich auch der Laie ausgetobt", sagt Schroeder. Also Vorsicht!

Taugt er als Geldanlage? In diesem Fall ist eigentlich nur die Sportversion GSi 16V mit 150 PS interessant. Die ist mittlerweile aber selten.

Preis: Für alle anderen ist das Cabrio (ab 1994) interessant. Die gibt es bereits ab 1500 Euro. Für diese Art Autos findet sich später immer wieder ein Käufer, urteilen die Experten.

Alternativen: VW Golf III.

Autojahrgang 1991: Der GTI des Golf III ist eher zu vernachlässigen, Sammler bevorzugen den ersten VR6.

Der GTI des Golf III ist eher zu vernachlässigen, Sammler bevorzugen den ersten VR6.

(Foto: VW)

VW Golf III (1991 - 1997)

Auch bei Volkwagens Kassenschlager ändert sich mit Beginn der Neunzigerjahre einiges. Der Golf wird massiv umgekrempelt. Das einst so wegweisende kantige Design, das Giorgio Giugiaro für die erste Generation zeichnete, weicht runderen Formen. Gleichzeitig verbessert Volkswagen die passive Sicherheit und zum ersten Mal kommen Airbags zum Einsatz. Das war es dann aber auch schon mit den guten Nachrichten. "Die Qualität ist von Golf II zu Golf III deutlich abgeflacht. Im Vergleich war alles eine Stufe darunter", sagt Wilke. Das macht sich überall im Auto bemerkbar - beim Fahren, beim Sitzen, selbst beim Türen schließen. Sogar der GTI der dritten Generation lässt die Fans der Marke kalt, er ist nur eine weitere Ausstattungsvariante und deswegen auch nicht auf dem Gebrauchtwagenmarkt gesucht.

Schwächen: Ebenso wie beim Opel Astra ist beim VW Golf III Rost ein Problem. Achten sollten Käufer laut TÜV Süd auf Bremsschläuche und ausgeschlagene Fahrwerkelemente. Wer sich für den GTI interessiert, sollte insbesondere nach schlecht behobenen Unfallschäden Ausschau halten.

Taugt er als Geldanlage? Interessant ist hier nur der VR6 mit 174 PS, den Volkswagen zum ersten Mal mit dem Golf III einführt. Alle anderen Modelle sind "ordentliche Gebrauchsautos, aber auch nicht mehr", so Oldtimer-Fachmann Wilke.

Preis: Gut erhaltene VR6 sind laut Classic Analytics für 6500 Euro zu haben. Wenn es nur um das Auto selbst geht, ist eine kleine Motorisierung mit wenig Kilometer und regelmäßigen Werkstattbesuchen eine gute Wahl. Die gibt es bereits für ein paar hundert Euro.

Alternativen: Opel Astra F, Honda Civic (5. Generation).

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