Oldtimer-Handel:"Es roch nach Geld und Spannung"

Jan B. Lühn vor einem Ferrari 250 TDF von 1957 in seinem Pop-up-Store in München.

Händler der Träume: Jan B. Lühn vor einem Ferrari 250 TDF von 1957 in seinem neuen Pop-up-Store in München.

(Foto: Marcus Görig)

Jan B. Lühn handelt mit klassischen Sport- und Rennwagen. Er erzählt, wie sich der Markt wandelt, welche Modelle Top-Wertanlagen sind - und welche sich kaum noch verkaufen lassen.

Von Jörg Reichle

Das Geschäft blüht, altes Blech liegt im Trend. Nicht jedes natürlich, das weiß Jan B. Lühn nur zu genau. Seit zehn Jahren ist der Münsteraner als Händler für hochwertige Oldtimer selbständig, davor leitete er vier Jahre lang die Autosparte des Auktionshauses Christie's. Am Vorabend der großen deutschen Oldtimermesse Techno Classica in Essen (6. bis 10. April) sieht Lühn das Geschäft mit klassischen Automobilen eindeutig im Aufwind: "Nicht nur, dass das Thema Oldtimer hip ist, immer mehr sehen es auch als interessantes neues Investment. Heute kommen Leute zu mir, die haben ihr Geld früh gemacht, müssen vielleicht wenig oder gar nicht mehr arbeiten und interessieren sich auch für eine ganz neue Kategorie von Fahrzeugen", sagt er.

Und sieht den Markt derzeit in einem fundamentalen Wandel: "Es ist verblüffend, welchen Zuwachs plötzlich Supersportwagen der 80er- und 90er-Jahre haben, Ferrari sowieso, aber auch Lamborghini oder Porsche. Das sind die Autos, von der die heutige Generation der 40-Jährigen damals geträumt hat. Man hatte Ferrari F 40 oder Porsche 959 im Autoquartett oder als Poster überm Bett hängen."

Vorkriegsautos sind kaum noch zu verkaufen

Vorkriegsautos tun sich nach Lühns Erfahrung dagegen immer schwerer, vor allem die ganz großen Kaliber. "Im Moment ist es nahezu unmöglich, einen 1920er- oder 1925er-Rolls-Royce zu verkaufen." Gesucht seien noch Alfa Romeo, die sportlichen Bentley-Modelle und generell "alles, was in die sportliche Richtung geht", BMW 328 zum Beispiel, Bugatti insgesamt oder die Mercedes-S- und Kompressormodelle.

Lühn selbst war nach einem Studium als Autodesigner in Turin und Paris im Jahr 2002 mehr zufällig auf eine Oldtimer-Auktion im kalifornischen Pebble Beach geraten - und war sofort elektrisiert. "Es roch nach Geld und Spannung," erinnert sich der 39-Jährige. So führte der Weg zu Christie's ins Automobildepartment - und vier Jahre später, munitioniert mit einem prall gefüllten Adressbuch und weltweiten Kontakten, in die Selbständigkeit - als Händler für klassische Sport- und Rennwagen. "Ich habe mit einer kleinen, sehr exklusiven Porsche-Sammlung angefangen, darunter ein 908-3, ein 910 und ein Ferrari-250-Einzelstück. Das war ein guter Einstieg, um Geld zu verdienen und sich einen Namen zu machen." Lühns Hauptsitz heute: ein restauriertes Gehöft von 1890 nahe seiner Heimatstadt Münster. Sehr ländlich alles, keine festen Öffnungszeiten, Termine gibt's nur nach Absprache.

Ein Autosalon, betrieben wie eine Kunstgalerie

Und das Geschäft floriert offensichtlich, kürzlich hat der Händler eine Dependance in München eröffnet, als so genannten Pop-up-Store am Oskar-von-Miller-Ring. "Wir betreiben den Laden wie eine Kunstgalerie," erläutert Lühns Mann fürs Marketing, Marcus Görig. Und der Chef ergänzt: "Wir gehen damit zu den Leuten und nicht umgekehrt. Willkommen ist jeder, auch solche, die nur schauen wollen."

Drei Autos zu einem bestimmten Thema sind jeweils im Showroom zu sehen und werden nach sechs bis acht Wochen ausgetauscht. Mit "Porsche Rennsport Legenden" ging's los, dann folgten "Italienische Sportwagen": Ferrari 250 Tour de France, Lancia Stratos und ein Ferrari 512 BB. Und obwohl das Geschäftsmodell per se zeitlich limitiert ist - Motto: schnell rein, schnell raus -, steht für Jan Lühn bereits fest, langfristig in München zu bleiben: "Hier ist der Markt für teure Autos attraktiver, weil im süddeutschen Raum viel Geld versammelt ist und man offener damit umgeht, als beispielsweise in Hamburg, wo man das in hanseatischem Understatement nicht so gerne zeigt."

Manchmal ist viel Geduld gefragt

Kauf, Verkauf und Vermittlung sind Lühns Geschäft. Ein Großteil der Autos kommt über das eigene Netzwerk - entweder, weil ein Kunde seine Sammlung verändern möchte, oder auch, um die besonders hohe Rendite eines bestimmten Modells mitzunehmen. "Manchmal," sagt Lühn, "sucht der Kunde auch ein ganz spezielles Auto, dann mache ich mich in meinem Netzwerk auf die Suche. Bei Stückzahlen von zehn bis 20 Exemplaren bedeutet das natürlich etwas Recherchearbeit." Und viel Geduld, zumal nicht jeder Besitzer des fraglichen Modells auch verkaufen will.

So wie jener 80-jährige Schwede, dem Lühn vor Jahren unbedingt einen Porsche 904 im Originalzustand und mit beeindruckender Rennhistorie abkaufen wollte. Nur: Der Besitzer weigerte sich hartnäckig. "Ich setzte dann einen Kunden von mir auf den alten Herrn an, der zufällig in der Nachbarschaft wohnte und der mich immer mal wieder anrief; ,Du Jan, ich fahr' heute in den Wald zum Kaffeetrinken', hieß es dann." Drei Jahre ging das so, dann wechselte der 904 doch den Besitzer, endlich.

Investoren "mit mehr Geld als Sachverstand"

Der Händler Lühn, lässt im Übrigen keinen Zweifel aufkommen, dass sein Herz besonders für historische Rennautos schlägt, sein aktuelles Verkaufsangebot zeigt (http://janluehn.com) das nicht zuletzt, darunter ein spektakulärer Lancia Sport Zagato Prototyp von 1964 oder ein Alpine M 64, der 1964 an den 24 Stunden von Le Mans teilnahm.

Vor allem die einstigen Gruppe C-Autos wie Lühns eigener Porsche 962 stehen derzeit hoch im Kurs - und die Möglichkeiten, sie auf der Strecke zu erleben, nehmen rapide zu. Derzeit wird zum Beispiel eine entsprechende Rennserie in Großbritannien kreiert. Und die Le Mans Classic Anfang Juli wird erstmals ein Feld von 35 Le-Mans-Autos versammeln - "ein irrer Anblick," freut sich Lühn.

Um die Zukunft klassischer Sport- und Rennwagen ist dem Händler jedenfalls nicht bange, auch wenn vor allem Investoren, "die mehr Geld als Sachverstand haben" (Lühn) bei manchen Modellen wie Ferrari Daytona, Testarossa und Dino oder Porsche 993 zu abenteuerlichen, teilweise dreistelligen Preiszuwächsen geführt haben. Eine "Mikroblase", wie Lühn das nennt, die platzen wird. Für den Markt insgesamt sieht er vor allem Modelle wie Porsche 2.7 RS von 1979, Mercedes SL Flügeltürer und Ferrari 275 GTB als Indikatoren. Und für die gelte: " Gute Autos erzielen gute Preise, mittelmäßige bleiben stehen."

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