Öko-Mobile (4): Reva Greeny:Es muss nicht immer Hybrid sein

Die Firma Visiongreen will ab September das Ökoauto Reva Greeny nach Deutschland bringen. In London zuckeln bereits 1000 Exemplare durch die Stadt.

Von Stefan Grundhoff

Was große Hersteller bisher nicht hinbekommen, versuchen die zwei findigen Potsdamer Borjana und Stefan Eghbalian unter dem Label "visiongreen". Die beiden bewohnen in einer ruhigen Potsdamer Wohnsiedlung im Hinterhof ein modernes Ökohaus. Karg möbliert, Ressourcen sparend und alles noch ganz neu - passt irgendwie zum elektrobetriebenen Greeny.

Reva Greeny

Tigerlook dank Folie. Aber keine Sorge: Für den Reva Greeny stehen 2000 Farbkombinationen zur Wahl.

(Foto: Foto: Pressinform)

In der Megacity London krabbeln die Greenys zusammen mit zwei handvoll anderen Modellen bereits seit zwei Jahren über durch den Linksverkehr und umschiffen so Parkplatzprobleme und Citymaut. "Bisher wurden in England und insbesondere London rund 1000 Greeny verkauft", erzählt Geschäftsführer Stefan Eghbalian, "jetzt kommen die ersten Autos in die Schweiz und nach Österreich".

Der Greeny verschwindet sogar noch hinter einem Smart

Auf dem Genfer Automobilsalon hatten die Potsdamer Frischlinge erstmals auf sich aufmerksam gemacht. Jetzt laufen die letzten Vorbereitungen zum Marktstart des Greeny in Deutschland. Doch woher kommt der gerade einmal 2,64 Meter lange Greeny, der problemlos hinter einem Smart verschwindet?

Produziert wird das winzige Elektromobil von der Firma Reva in Indien. Reva ist einer der größten Autozulieferer des Landes und ergänzend seit Jahren auf dem Markt der Elektromobile unterwegs. Nachdem man die ersten Fahrzeuge in Indien und England auf den Markt gebracht hat, kommt jetzt der zentraleuropäische Markt an die reihe. Gerade in Deutschland hat das Projekt Visiongreen einiges vor, will den in rund 2000 Farbkombinationen erhältlichen Greeny in Metropolen wie Berlin, München, Hamburg und Köln bringen.

Es muss nicht immer Hybrid sein

Mit seinen kugelrunden Scheinwerferaugen, dem kurzen Radstand und der hohen Dachlinie steht er in der Potsdamer Wohnsiedlung. Erinnerungen an die Mini-Bausätze im Überraschungs-Ei oder Comicautos kommen unweigerlich hoch - schon wegen der wilden Tigerlackierung, die sich bei näherem Hinsehen als Klebefolie entpuppt.

Reva Greeny

Karg und spartanisch: der Innenraum des Reva Greeny.

(Foto: Foto: Pressinform)

Die ersten Meter fallen gerade groß gewachsenen Fahrern schwer. Die beiden Frontsitze sind zwar mit schwarzem Leder bezogen, bieten jedoch allenfalls Platz für Personen bis 1,75 Meter. Bein- und Schulterfreiheit sind für größere Insassen kaum vorhanden und das preiswert anmutende Plastikarmaturenbrett würde besser in einer indischen Oldtimerlaster oder eine betagte Pistenraupe in den Schweizer Alpen passen. Doch der Greeny will schließlich nicht als Designikone glänzen, sondern uns im Citybereich ans Ziel unserer Wünsche bringen. Tut er problemlos und ganz ohne Schadstoffe.

Der Greeny will nicht als Design-Ikone glänzen

Griff und Drehschalter an der linken Seite des Armaturenbretts betätigen (beim Starten des Motors ist nicht mehr als ein kleines Klacken zu vernehmen) und schon geht es zumindest motorisch lautlos über das holprige Pflaster. Die Saubermann-Knutschkugel beschleunigt zaghaft, ächzt, stöhnt, wankt und holpert hin und her. Dünne 145er-Reifchen und der hohe Schwerpunkt setzen dem Greeny deutlich zu. Schließlich liegt das Leergewicht nicht zuletzt durch den schweren Akkupack unter den Sitzen bei 680 Kilogramm. Bleiben exakt 227 Kilogramm Zuladung für zwei Passagiere, zwei zusätzliche Kleinkinder auf der eher deklaratorischen Rückbank und das Gepäck. Die zwei schmalen Mini-Plätze in der zweiten Reihe kann man besser nutzen - wenn man die Lehnen gleich umklappt und sie als wertvollen Stauraum nutzt.

In der überfüllten Innenstadt spielt der Greeny von Reva seine Stärken allerdings kompromisslos aus und lässt damit selbst seinen ärgsten Konkurrenten, den Smart, im Regen stehen. Mit seinen winzigen Abmessungen und insbesondere durch den fabelhaften Wendekreis von gerade einmal 3,50 Metern presst er sich in jede noch so unscheinbare Lücke. Da vergisst man fast den nicht vorhandenen Innencharme, die schwachen Sitze und die wenig zeitgemäßen Schiebefenster, die kaum Luft in den Innenraum bringen.

Es muss nicht immer Hybrid sein

Der Greeny zeigt, wie wenig Power nötig ist, um in der Innenstadt mobil zu sein. Der Elektromotor leistet gerade einmal 13 kW/18 PS und ein maximales Drehmoment von 54 Nm. Reicht allemal, um lautlos und unter den nervösen Blicken der Umgebung durch Berlin zu rollen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 80 km/h - emissionslos. Maximal 80 Kilometer beträgt auch die Reichweite, bis der Greeny wieder an die Steckdose muss. Getankt werden kann an jedem beliebigen 220-Volt-Anschluss. Nach rund zweieinhalb Stunden hat das 260 Kilogramm schwere Akkupaket bereits wieder eine Kapazität von 80 Prozent. Wer die unter den beiden Vordersitzen befindliche Bleibatterie komplett aufladen will, muss jedoch bis zu sechs Stunden einkalkulieren.

Die Ladezeiten variieren: von zweieinhalb bis sechs Stunden

Der Greeny würde auch prächtig in die deutschen Städte passen - wenn da nicht der hohe Preis wäre. Ob er die Chancen zu einem Erfolgsmodell hat, wird der Markt zeigen: Denn 13.000 Euro sind auch für einen Saubermann kein Pappenstiel. Dass man die Selbstverständlichkeit einer Klimaanlage, Alufelgen und klimatisierte Sitze nochmals teuer extra bezahlen muss, sei nur am Rande erwähnt. Zum Vergleich: Der 61 PS starke Basis-Smart kostet gerade einmal 9490 Euro. Der 45 PS starke Commonrail-Diesel Smart cdi mit einem CO2-Ausstoss von 88 g/km liegt mit 11.200 Euro ebenfalls deutlich unter dem Reva Greeny.

So teuer der Inder in der Anschaffung auch ist - günstiger kann man jedoch kaum fahren. "100 Kilometer kosten angesichts der aktuellen Stromkosten derzeit gerade einmal 1,80 Euro", so Borjana Eghbalian von der Firma Visiongreen.

In Deutschland will Visiongreen bis 2010 so weit sein, jährlich mindestens 500 Fahrzeuge loszuwerden. Das Servicenetz wird derzeit aufgebaut. Neben dem Verkauf wird auch der Betrieb zentral aus Potsdam gesteuert. In den großen Zentren soll es Werkstätten mit einer A- und B-Lizenz für Inspektionen und Reparaturen geben. Geschäftsführer Stefan Eghbalian: "Der Großteil etwaiger Serviceleistungen soll jedoch von einem mobilen Team erledigt werden, das in ganz Deutschland unterwegs sein wird."

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