Süddeutsche Zeitung

Nobel-Sportwagen Bugatti:Stärker, schneller, teurer

Der Markt für automobile Preziosen wie den Bugatti Veyron ist winzig. Trotzdem ist der mindestens 1,3 Millionen Euro teure Supersportwagen ausverkauft. Und VW plant bereits einen Nachfolger. Der soll noch etwas teurer, noch schneller und bis zu 1500 PS stark sein.

Von Eckhard Schimpf

Bugatti, die nobelste Sportwagenmanufaktur der Welt, hat ihre Absatzziele erreicht. In diesem Jahr werden die letzten 18 Veyron-Roadster gebaut und zu kaufen sein. Doch wie geht es dann weiter? Der neue Präsident Wolfgang Dürheimer, der nach einem Intermezzo bei Audi jetzt wieder seine frühere Position als Chef bei Bugatti und Bentley einnimmt, steht vor einer echten Herausforderung. Er muss genau zehn Jahre nach dem Debüt des Bugatti Veyron (2005) die zweite Modellgeneration auf den Markt bringen. 2015 wird der Nachfolger präsentiert werden - noch attraktiver, noch etwas teurer, noch schneller, bis zu 1500 PS stark. Der neue Zweisitzer soll etwa in der gleichen Stückzahl wie der Veyron produziert werden, maximal 450 Exemplare sind derzeit im Gespräch.

Was manchen Zeitgenossen als schiere Provokation erscheinen mag, ist für die exklusivste Volkswagen-Tochter pures Kalkül. Die Zielrichtung heißt: Bugatti darf nie vergleichbar sein. Die Marke ist das Kronjuwel, die absolute Spitze des Volkswagen-Konzerns, der somit Autos aller Art zwischen 9000 Euro und für weit mehr als eine Million Euro anbietet. Der Markt für automobile Preziosen wie Bugatti ist winzig. Aber er blüht. Das ist kein Wunder, intensivstes Vergnügen bereiten den Menschen nun mal Dinge, die sie eigentlich zum Leben gar nicht brauchen. Egal, ob sie 1000 Euro kosten oder das Tausendfache. Keiner benötigt einen Bugatti Grand Sport, der zweieinhalb Millionen Euro kostet, schneller als 400 km/h schnell ist und 1200 PS leistet. Aber es gibt eben weltweit genügend Leute, die sich das leisten können und wollen. Wie eine Segelyacht, einen Falcon-Jet, ein Gemälde von Picasso oder ein Werk von Monet.

Auch ein Bugatti ist eigentlich ein Kunstwerk, ein technisches. Die Besitzer sind Sammler und Investoren gleichermaßen. Ein Bugatti, so lehrt das erste Jahrzehnt der Renaissance dieser Marke, ist ein Produkt, von dem man sich selten wieder trennt. Im Autogeschäft ist das eine neue Qualität, die bisher nur historisch außergewöhnliche Fahrzeuge boten. Oder eben der Handel mit Kunst.

Der Veyron ist längst ausverkauft

Allen Zweiflern zum Trotz: Längst ist die auf 300 Stück limitierte Serie von Veyrons ausverkauft: 253 Coupés mit 1001 PS und 47 Supersport-Typen mit 1200 PS. Von den 150 Roadstern - bei Bugatti Grand Sport genannt - werden im Lauf der nächsten Monate nun die letzten produziert. Dann endet die Veyron-Ära, die insgesamt 450 rollende Solitäre mit 16-Zylindermotoren hervorbrachte und seit 2005 - den weltweiten Service inbegriffen - insgesamt rund eine Milliarde Euro Umsatz bescherte. Schwarze Zahlen schreibt Bugatti aber trotzdem nicht. Noch nicht.

Die Skepsis war groß, als 1998 der damalige VW-Chef Ferdinand Piëch, dieser Grenzgänger der Technik, die legendäre Marke neu belebte und ein einmaliges Auto initiierte - mit 1001 PS, märchenhaft wie die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht, gestylt von Hartmut Warkuss. Es dauerte sieben Jahre, bis 2005 am Traditionsstandort Molsheim/Elsass eine neue Produktionsstätte herangewachsen war und der Typ Veyron ausgeliefert werden konnte. Der technische Anspruch erwies sich - selbst für das geballte Know-how im VW-Konzern - als gigantisch. Wolfgang Schreiber und Franz-Josef Paefgen gehören zu denen, die diesem Kraftpaket alltagstaugliche Manieren und absolute Zuverlässigkeit beibrachten. Das erwies sich als extreme Herausforderung für die Ingenieure. Andere Unternehmen demonstrieren ihre Kompetenz in der Formel 1 und nicht wenige - wie BMW oder Toyota - sind dort gescheitert. Dagegen trägt Volkswagens Formel 1 den Namen Bugatti.

Die letzten Veyron-Roadster, die jetzt noch entstehen, sind Stück für Stück individuell gestaltet. Abnehmer gibt es genug. Es begann mit einem Hermès-Bugatti, später folgte ein KPM-Bugatti - also ein blau-weißes Auto mit den Designmerkmalen der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin. Schließlich lockte die Liebhaber von Raritäten die Karbonvariante mit dem Namen Rekordmodell - immerhin schraubte ein Veyron die Höchstgeschwindigkeit auf 431 km/h.

Zurzeit entsteht eine sechsteilige Edition von je drei Wagen unter dem Motto "Legenden". Das sind wiederum ganz speziell ausgestattete Autos, benannt nach Persönlichkeiten aus der Historie der Marke. So trug das erste Trio von drei Legenden-Roadstern den Namen Wimille und erinnert an jenen Grand-Prix-Star Jean-Pierre Wimille, der - neben vielen anderen Siegen - 1937 mit seinem Kopiloten Robert Benoist auch die 24 Stunden von Le Mans gewann. Zum Genfer Salon in diesem März erschien die Dreierserie "Rembrandt". Der Name erinnert an Ettore Bugattis Bruder, den Bildhauer Rembrandt Bugatti, dessen Werke übrigens gerade in einer Ausstellung in der Alten Nationalgalerie in Berlin zu sehen sind. Auch bei diesen drei Rembrandt-Modellen musste Bugatti um Kunden nicht lange buhlen. Das Trio war schlagartig verkauft.

Es ist wie in der Welt der Kunst: Einmaligkeit garantiert höchste Wertschöpfung. Interessenten für solche Objekte gibt es vor allem in den USA, im Mittleren Osten und den Emiraten, in China, in Russland, aber auch in Singapur, Japan und England.

In Zukunft: Größerer Gepäckraum und Frontmotor?

Von den Plänen, eine Luxuslimousine mit 16-Zylinder-Motor zu bauen, hat sich Bugatti nach dem Bau eines Prototyps namens Galibier schon vor vier Jahren verabschiedet. Bugatti sucht seine Zukunft - genau wie Ferrari - künftig ausschließlich bei den Sportwagen. Das neue Modell ist von Bugattis Designer Achim Anscheidt und seinem Team entworfen worden. Und schon denkt man weiter, an die Zeit nach 2020. Ferdinand Piëch hatte in einem Interview mal den Ferrari F 12 als attraktiv und vorbildlich bezeichnet. Ähnliche Proportionen - also erstmals mit Frontmotor und mit größerem Gepäckraum - könnte die dritte Generation von Bugatti haben, verbunden mit einem atemberaubenden Design, wie es einst den heute längst legendären Bugatti Atlantic prägte.

Die Frage ist, ob derartige Supersportwagen reichen, um zufriedenstellende Umsätze zu liefern. Eher nicht. Denn Mode, sowie Accessoires und Uhren - wie jetzt angeboten - sind ja kein ausreichend ergiebiges Geschäftsfeld. Und profitabel soll Bugatti nach den Wünschen von Konzernchef Martin Winterkorn auf jeden Fall werden. Den Anspruch technischer Einmaligkeit hätte Bugatti auch schon auf andere Weise definieren können. Zum Beispiel durch Technologie-Highlights nach Art des Elektrorenners Tesla oder mit dem sensationellen Einliterauto XL1 von VW.

Bugatti und seiner Rolle würde das durchaus gerecht. Deshalb könnte sich mittelfristig durchaus eine Modellreihe neben dem Veyron-Nachfolger etablieren; beispielsweise ein Fahrzeug mit Zukunftstechnik (Hybrid, Brennstoffzelle), ein einmaliger Technologieträger. Das würde die generelle Ausrichtung keineswegs ins Wanken bringen. Denn die Topmarke Bugatti soll absolute Spitze bleiben, auch gegenüber Ferrari. Es gilt nach wie vor die Maxime des Konzern-Patriarchs Piëch: "Bugatti muss nicht unbedingt viel Geld verdienen. Aber Bugatti muss der ,Leuchtturm der Motorwelt' bleiben."

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SZ vom 05.07.2014/reek
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