Nissan Pulsar 1.2 DIG-T im Test:Praktisches Anti-Aggressivum

Der neue Nissan Pulsar.

Der Nissan Pulsar kostet mindestens 17 940 Euro.

(Foto: WGO)
  • Der Nissan Pulsar ist einer der größten und geräumigsten Vertreter der Kompaktklasse, leistet sich aber leichte Schwächen in der Bedienung.
  • Zwei Motoren stehen zur Wahl: Ein 110-PS-Diesel und ein Benziner mit 115 PS. Der Benziner ist flott in der Stadt und über Land, doch auf der Autobahn geht ihm die Luft aus.
  • Das Fahrwerk ist komfortabel, der Antrieb leise. Die vielen Assistenzsysteme funktionieren gut.
  • Der Basispreis liegt bei 17 940 Euro. Empfehlenswert ist die mittlere "Acenta"-Ausstattung samt "Technology"-Paket für 1600 Euro.

Von Thomas Harloff

Sie haben Kühlergrills und Scheinwerfer, die sie aggressiven Raubtieren ähneln lassen. Schmal um das Auto laufende Fensterbänder, die an Schießscharten erinnern. Hier ein Spoiler, dort ein Flügel, als wollten sie beim Autorennen eine Hauptrolle spielen. Oder zumindest beim nächsten Tuningtreffen auf dem Tankstellenparkplatz an der Ausfallstraße. Dabei sind sie allesamt Fahrzeuge der Kompaktklasse, haben meist kaum mehr als 100 PS und überschaubare fahrdynamische Talente.

Auch der Nissan Pulsar weckt Assoziationen an die Tierwelt. Beim ersten Hinsehen erinnert er - mit Verlaub - an einen Buckelwal. Der ist für sein friedliches Wesen bekannt und wirkt trotz seiner Größe von durchschnittlich 13 Metern kaum bedrohlich. Aggressionen leben nur die männlichen Tiere in der Paarungszeit aus, und das auch nur untereinander.

Größer und geräumiger als der VW Golf

Als schön empfinden den Buckelwal wohl die wenigsten Betrachter - eine weitere Parallele zum Pulsar, der mit einer Länge von 4,39 Meter den aktuellen VW Golf um etwa vier Zentimeter überragt und somit zu den größeren Vertretern des Kompaktsegments gehört. Sexy ist das nicht, aber es bringt Vorteile.

Der Fond des Nissan Pulsar.

Im Fond macht sich der Radstand von 2,70 Meter positiv bemerkbar. Hier herrschen Platzverhältnisse wie in der Mittelklasse.

(Foto: Nissan)

Zum Beispiel im Innenraum. Für die Passagiere beider Sitzreihen gibt es nach vorne, nach oben und zur Seite so viel Platz, dass man sich in einem Mittelklasseauto wähnt. Für das Gepäck stehen 385 bis 1395 Liter zur Verfügung - ebenfalls Spitzenwerte in der Golf-Klasse. Dank großer Fenster und einer etwas erhöhten Sitzposition bietet er zudem bessere Übersicht als viele seiner Konkurrenten.

Bedienkonzept mit Schwächen

Für sein Bedienkonzept gilt das mit der Übersichtlichkeit leider nicht. Zwar sind die Menüs des zentralen Touchscreens logisch aufgebaut, die Icons aber oft etwas zu klein geraten. Wer etwas zu hastig nach dem gewünschten Befehl tapst oder zu breite Finger hat, erwischt schon mal den falschen Radiosender oder ein nicht gewünschtes Navigationsziel. Das aus Hart- und Weichplastik bestehende, mit etwas Klavierlack aufgehübschte Armaturenbrett ist kein Design-Glanzstück. Dafür sind alle Tasten und Funktionen gut erreichbar.

Nicht nur beim Design, auch bei den Antrieben geht Nissan andere Wege als die Konkurrenz. Mancher Kompaktwagen bietet eine Motorenpalette, in der sich etwa ein Dutzend verschiedene Benzin- und Diesel-Triebwerke tummeln. Beim japanischen Kompakten muss ein Motorenduo reichen: Ein 1,5-Liter-Turbodiesel mit 110 PS, der im Schnitt nur 3,6 Liter verbrauchen soll, und ein 1,2-Liter-Turbobenziner mit 115 PS stehen zur Auswahl. Vorteil Benziner: Es gibt ihn knapp 2000 Euro günstiger als den Diesel. Nachteil: Er verbraucht mehr Treibstoff. Nach Norm sollen es im Schnitt fünf Liter sein, im Test verbrennt der Vierzylinder 7,1 Liter pro 100 Kilometer - ein mittelmäßiger Wert.

Gemütlicher Antrieb

Nissan Pulsar

Nissan bietet den Pulsar aktuell mit einem 110-PS-Diesel- und einem 115 PS starken Benzinmotor an. Bald folgt noch ein weiterer Benziner mit 190 PS.

(Foto: WGO)

Dieses Attribut beschreibt den Antrieb insgesamt sehr treffend. Der Motor ist leise und der Pulsar 1.2 DIG-T hält im Stadt- und Überlandverkehr gut mit, wenn man ihn bei mindestens 2000 Umdrehungen arbeiten lässt. Dank des in den unteren Gängen kurz gestuften und exakt zu schaltenden Sechsgang-Getriebes fällt es leicht, das Auto flott in Gang zu bringen. Zäh wird es auf der Autobahn, wo der Japaner viel Anlauf braucht, um die Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h zu erreichen.

Mit seinem gemütlichen Charakter passt der Motor gut zum Fahrwerk, das eher weich und komfortabel abgestimmt ist. Das bedeutet nicht, dass er in Kurven ziellos durch die Gegend schaukelt, aber die präzise Agilität eines Ford Focus oder Seat Leon bietet er nicht. Dazu ist die leichtgängige Lenkung auch etwas zu gefühllos ausgelegt.

Zahlreiche Fahrassistenten

Der Nissan Pulsar ist ein ruhiger Begleiter, kein fordernder Antreiber. Er hat eher Sicherheit statt Abenteuer im Blick. Deshalb bietet er eine Reihe an Assistenzsystemen, die unübersichtlichen oder unvorhersehbaren Situationen den Schrecken nehmen. Dazu gehören die Notbremsfunktion und Assistenten, die den toten Winkel überwachen oder vor dem Verlassen der Fahrspur warnen, sowie die Bewegungserkennung, die den Fahrer optisch und akustisch warnt, falls sich hinter dem Auto etwas bewegt.

Das Cockpit des Nissan Pulsar.

Das Cockpit ist nicht gerade schön, aber gut zu bedienen. Ein Lob verdient das hervorragende Bild, das die Kameras auf den zentralen Monitor schicken.

(Foto: Nissan)

Basis dieser Technologien sind verschiedene, rundum platzierte Kameras, die sich als sehr hilfreich erweisen. Das von der Rückfahrkamera in sehr guter Qualität auf den zentralen Touchscreen gesendete Bild hat Oberklasseniveau. Auch die Umfeldbeobachtung per 360-Grad-Kamera aus der Vogelperspektive ist beim Rangieren sehr hilfreich.

Am besten zur mittleren Ausstattung greifen

Serienmäßig ist das Paket, das neben den Assistenten noch ein Navigationssystem, CD/MP3-Radio und elektrisch anklappbare Außenspiegel enthält, jedoch nur in der höchsten Ausstattungslinie "Tekna" an Bord. Damit kostet der Pulsar mit Benzinmotor mindestens 23 720 Euro. Wer auf 17-Zoll-Räder, Ledersitze und abgedunkelte Scheiben verzichten kann, greift besser zur 20 580 Euro teuren "Acenta"-Version und bucht das 1600 Euro teure Paket hinzu. In der Basisversion "Visia" kostet der Pulsar 17 940 Euro, bringt aber nur eine notdürftige Ausstattung mit, die kaum erweiterbar ist.

Übrigens: Falls doch jemand im Pulsar die Ruhe des Alltags in Hektik am Steuer verwandeln möchte, lohnt sich das Warten auf 2015. Dann bringt Nissan seinen Kompakten mit einem 190 PS starken 1,6-Liter-Turbomotor. Damit bleibt er weiterhin ein automobiler Buckelwal - aber immerhin mit gelegentlichen Aggressionen, wie die männlichen Vertreter zur Paarungszeit.

Technische Daten Nissan Pulsar 1.2 DIG-T:

R4-Benzinmotor mit 1,2 Litern Hubraum und Turboaufladung; Leistung 85 kW (115 PS); max. Drehmoment: 190 Nm bei 2000/min; Leergewicht: 1265 kg; Kofferraum: 385 - 1395 l; 0 - 100 km/h: 10,7 s; Vmax: 190 km/h; Testverbrauch: 7,1 l / 100 km (lt. Werk: 5,0; CO2-Ausstoß: 117 g/km); Euro 5; Grundpreis: 17 940 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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