Nissan Leaf:Die Kraft aus der Dose

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Nissan stellt mit dem Leaf das erste konsequent als Elektrofahrzeug entwickelte Auto vor.

Joachim Becker

Ein Mann, eine Mission. "Wir sind froh, dass andere Autohersteller die falsche Entscheidung treffen und noch nicht konsequent auf den elektrischen Antrieb setzen", freute sich Carlos Ghosn vor wenigen Tagen bei der Vorstellung des E-Mobils Nissan Leaf. Denn der Konzernchef von Renault-Nissan hält bis zum Jahr 2020 einen Elektro-Anteil von zehn Prozent am Automobilmarkt für sehr realistisch: "Wir sehen Elektroautos nicht als Nische, sondern als Massenmarkt."

Watt ihr Volt: Mit dem Leaf hat Nissan ein reines Elektroauto auf die Räder gestellt. (Foto: Foto: oh)

Der fünfsitzige Öko-Pionier Leaf - zu deutsch: Blatt - kommt Ende 2010 zunächst in Japan auf den Markt, dann in den USA sowie in Portugal, Irland und Dänemark. 2011 soll das erste konsequent als Elektrofahrzeug entwickelte Auto in Deutschland angeboten werden. Allerdings ohne die 250 Kilo schwere Batterie: Der Lithium-Ionen-Akku, der mindestens 100.000 Kilometer halten soll, muss geleast werden.

Nissan-Spitzenmanager Noboru Tateishi nennt 7500 Euro als Zielpreis für den Energiespeicher mit einer Kapazität von 24 Kilowattstunden. "Allgemein wird damit gerechnet, dass für das Batteriepack bis in das Jahr 2015 Kosten von rund 350 Euro pro Kilowattstunde erreicht werden können", sagt Joachim Fetzer, Executive Vice President von SB LiMotive.

Dieses Joint Venture zwischen Bosch und Samsung SDI wird unter anderem auch BMW Lithium-Ionen-Batterien für künftige Elektrofahrzeuge liefern. Entscheidend ist, dass die Batteriehersteller schnell auf hohe Stückzahlen kommen, denn mit ihren heutigen Manufakturpreisen sind die Elektroautos nur den wenigsten Kunden zuzumuten.

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Ein Beispiel: Der Mitsubishi i-MiEV, der Ende 2010 nach Deutschland kommen soll, wird rund 34 000 Euro inklusive Batterie kosten. So ist der alternative Antrieb erst durch beträchtliche Subventionen marktfähig. Allerdings hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bereits sein Veto dagegen eingelegt, den Kauf der ersten 100.000 E-Autos mit jeweils 5000 Euro zu fördern.

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Die japanische Regierung hingegen unterstützt den Kauf des i-MiEV mit 11.000 Euro, die Landesregionen wie Tokio legen noch einmal bis zu 4000 Euro drauf. Damit kostet der 3,40 Meter kurze City-Stromer mit 47 kW (64 PS) dann nur noch so viel wie ein gut ausgestattetes Kompaktauto - ein Preis, den auch Nissan für den 80 kW (109 PS) starken Leaf anvisiert.

Allerdings müssen sich die Kunden bei dem einen wie dem anderen Fahrzeug mit rund 150 Kilometer Reichweite im EU-Zyklus begnügen. Erste Fahrversuche zeigen, dass im Alltag aber schon bei rund 100 Kilometer Schluss ist. Dann muss der i-MiEV sieben Stunden lang an die Steckdose. Der Nissan Leaf soll an Schnellladestationen in weniger als 30 Minuten gut 80 Prozent der Batteriekapazität nachfüllen können. Doch die starke Hitze, die bei solchen Blitzbetankungen in den Zellen entsteht, lassen Lithium-Ionen-Batterien schnell altern.

Mit 4,44 Meter Länge will der Nissan Leaf ein voll alltagstaugliches Familienauto sein. Deshalb kalkulieren seine Erbauer für 2011 schon mit einem Volumen von rund 50.000 Einheiten; zwei weitere E-Modelle von Nissan sollen folgen. Partnerfirma Renault wird auf der IAA im September seine Elektro-Offensive mit vier Konzeptfahrzeugen starten, darunter ein Zweisitzer auf Basis der nächsten Smart-Generation; von 2012 an sollen jährlich allein 100.000 E-Mobile in Flins nahe Paris vom Band laufen.

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Die Batterien kommen von einem Gemeinschaftsunternehmen zwischen Nissan und dem japanischen Elektronikspezialisten NEC. 65.000 Akkus sollen jährlich in Japan produziert werden, zwei weitere Batteriewerke sollen im englischen Sunderland und an einem Standort in Portugal entstehen. Mit dem geplanten Gesamtvolumen von 180.000 Energiespeichern und E-Mobilen will Carlos Ghosn nicht nur Markt-, sondern auch Technologieführer werden: "Elektroautos sind das Herz unserer künftigen Strategie. Die Batterien dafür sind derartig wichtig, dass wir sie nicht aus der Hand geben."

Während Carlos Ghosn total elektrisiert ist und von einer "neuen Ära der Mobilität mit null Emissionen" spricht, kalkuliert Mitsubishi-Firmenchef Osamu Masuko deutlich nüchterner: "Wir rechnen damit, dass bis 2020 ein Fünftel der produzierten Fahrzeuge mit Strom fahren werden. Darunter fallen aber auch Plug-in-Hybridfahrzeuge, die zusätzlich noch einen Benzinmotor haben."

2012 will Mitsubishi 30.000 Elektrofahrzeuge verkaufen, wirklich profitabel ist das Projekt Zukunft dann aber immer noch nicht. Auf die Frage, ob der i-MiEV das Unternehmen vor der Krise retten und eine neue Ära der Profitabilität einläuten kann, antwortet Osamu Masuko ziemlich trocken: "So hoch hängt das Projekt nun auch wieder nicht."

© SZ vom 10.8.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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