Nissan Juke 1.6 DIG-T:Hingucker mit Fehlern

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Der Grundpreis des 190 PS starken Nissan Juke 1.6 DIG-T liegt bei 22 290 Euro. Die Basisversion mit 94 PS kostet 15 450 Euro. (Foto: SOM)
  • Trotz eigenwilliger Optik hat sich der Juke zum Überraschungserfolg entwickelt. In Deutschland verkauft Nissan pro Jahr etwa 10 000 Exemplare.
  • Die kürzlich aufgefrischte Version bietet einen kräftigen 1,6-Liter-Turbomotor und ein agiles Fahrwerk. Auch die Preise stimmen.
  • Doch der Juke hat auch viele Nachteile, darunter einen knapp geschnittenen Innenraum und ein träges Automatikgetriebe.

Von Thomas Harloff

Die Karriere des Nissan Juke ist eine seltsame. Zum einen ist es ein Auto, das sich strikt weigert, sich einem klassischen Pkw-Segment zuordnen zu lassen. Zudem musste der Juke seit seiner Markteinführung im Herbst 2010 viel Häme über sich ergehen lassen. Zu extravagant sähe dieser Japaner aus, mit seinen zweigeteilten Leuchten, dem grinsenden, sich fast über die gesamte Fahrzeugbreite erstreckenden Kühlergrill, und den so wundersam gewölbten Kotflügeln. Ein solches Auto müsse zwangsläufig scheitern, so die einhellige Meinung der Kritiker.

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Doch was passierte stattdessen? Die Japaner verkauften in den ersten dreieinhalb Jahren eine halbe Million Exemplare ihrer skurrilen Auto-Mixtur, die nach dem konservativen Qashqai zum zweitbeliebtesten Nissan-Modell in Europa avancierte. Beachtlich ist dabei vor allem die Eroberungsquote: Laut Nissan fuhren mehr als 80 Prozent der Juke-Käufer vorher ein Modell einer anderen Marke.

Weiterhin ein polarisierender Farbklecks

In Deutschland kaufen jährlich etwa 10 000 Menschen einen Juke. Derzeit belegt er hierzulande Platz vier in der markeninternen Absatz-Rangfolge. Damit es noch ein bisschen mehr werden, hat Nissan seinen Eroberer zur Jahresmitte per Facelift aufgefrischt. Radikal geändert haben die Designer die Formgebung nicht, sondern sie mit einigen modifizierten Details an Front, Heck und Rädern sowie neuen Farben betont. Doch auch nach der Modellpflege bleibt der Juke ein polarisierender Individualist auf Deutschlands Straßen. Und weiterhin wird die Mehrzahl der Deutschen das Auto hässlich finden.

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Dem Besitzer eines Juke kann das egal sein. Er verbringt ja mehr Zeit im Auto, als es sich von außen anzuschauen. Umso wichtiger ist ein ansehnlicher Innenraum, den Nissans Interieurdesigner mit einigen Farbakzenten abwechslungsreicher gestalten wollten als bei der Konkurrenz. Leider sieht gerade der mit buntem Plastik verkleidete Bereich zwischen den vorderen Sitzen nicht nur billig aus, sondern fühlt sich auch so an. Auch die anderen verwendeten Kunststoffe sind keine Musterbeispiele in Sachen Materialqualität. Schick ist dagegen der mit Leder bezogene Blendschutz für die Instrumente, der im 550 Euro teuren Interieurpaket enthalten ist.

Wenig Platz im Innenraum

Das Paket ist in der gefahrenen Tekna-Topausstattung serienmäßig an Bord. Genau wie das Technologiepaket, das ein Navigationssystem, ein CD-/MP3-Radio, eine von diversen Kameras dargestellte 360-Grad-Rundumsicht sowie ständig piepende Fahrassistenten, unter anderem für den toten Winkel und das Halten der Fahrspur, enthält. Die Systeme funktionieren weitgehend tadellos, nur die Tastfelder auf dem 5,8-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole könnten etwas größer sein.

Der Juke-Innenraum ist verspielt, aber eng geschnitten. Dafür lässt er sich ordentlich bedienen. (Foto: Nissan)

Das knappe Platzangebot schränkt den Umgang mit dem Juke jedoch unabhängig von der gewählten Ausstattungsvariante ein. Die vorderen Passagiere sitzen noch am bequemsten, für Crossover-Verhältnisse vergleichsweise tief und damit nah an der Straße. Im Fond geht es dagegen eng zu. Mittelgroße Erwachsene stoßen mit ihren Knien an die Rückwände der Vordersitze und mit ihren Köpfen an den Dachhimmel.

Für das Gepäck stehen in der gefahrenen Allradversion lediglich 207 Liter zur Verfügung. Klappt man die Rücksitzlehnen um, ist das Gepäckabteil mit 506 Litern kaum größer. Wer mehr Platz braucht, sollte zur frontgetriebenen Variante greifen, deren Kofferraum zwischen 354 und 797 Liter groß ist.

Wer aber Fahrspaß sucht, kommt um den Allradantrieb nicht herum. Zumindest dann, wenn er sich für einen der leistungsstärkeren 1,6-Liter-Turbomotoren entscheidet. In der gefahrenen 1.6-DIG-T-Variante leistet das Aggregat 190 PS, das maximale Drehmoment von 240 Newtonmetern liegt zwischen 1600 und 5200 Umdrehungen. Im Frontantriebs-Modus zerrt die Kraft arg an den Vorderrädern, die gerade bei rutschiger Fahrbahn nur zu gerne durchdrehen oder bei eingeschlagener Lenkung nach außen wegschmieren, statt der Ideallinie zu folgen. Schaltet der Fahrer die Hinterachse per Tastendruck zu, verteilt das Allradsystem die Kraft nicht nur variabel von vorne nach hinten und umgekehrt, sondern auch zwischen den Hinterrädern. Nun hält der Juke souverän die Spur und ist selbst bei widrigen Fahrbahnverhältnissen in der Lage, die Kraft auch in Beschleunigung umzuwandeln.

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So eingestellt nimmt der Juke Kurven mit einer herzerfrischenden Leichtigkeit. Auch dank seiner gut abgestimmten, weil feinfühligen und nicht zu leichtgängigen Lenkung untermauert er seinen Ruf als eines der agilsten kleinen SUVs. Am Volant ist stets zu spüren, was unter den Vorderrädern so los ist. Im Sitzfleisch übrigens auch, und das ist das Manko des straff abgestimmten und kaum Seitenneigung zulassenden Fahrwerks. Fahrbahnunebenheiten passieren die Räder, Dämpfer und Sitze weitgehend ungefiltert, weshalb der Juke vor allem bei geringem Tempo unbeholfen und unkomfortabel über schlechte Straßen holpert. Und zwar unabhängig davon, welchen der drei Fahrmodi (Normal, Sport oder Eco) der Fahrer aktiviert hat.

Träges Getriebe, spontaner Motor

Auf die Sieben-Gang-Automatik wirkt sich die Auswahl an Fahrmodi sehr wohl aus. In der Eco-Einstellung liegt die Drehzahl möglichst niedrig, in der Sport-Abstimmung eher hoch. Überzeugen kann das Getriebe aber in keiner der drei Alternativen: Zu träge ist es beim Kickdown und beim Gangwechsel, zu oft röhrt der Motor im mittleren Drehzahlbereich in einer unangenehmen Tonlage. Etwas besser ist es im manuellen Modus. Dazu muss man den Automatik-Wählhebel in einer separaten Schaltgasse vor und zurück schieben, denn Schaltwippen gibt es für den Juke nicht.

Übernimmt man als Fahrer selbst die Schaltarbeit, zeigt sich, wie stark das Getriebe den Motor limitiert. Der geht nämlich durchaus kräftig ans Werk, lässt kaum ein Turboloch erkennen und schiebt den zwischen 1,4 und 1,5 Tonnen schweren Nissan mühelos nach vorne. Ein völlig anderes Bild im Eco-Modus. Hier reagiert der 1,6-Liter-Turbobenziner träge auf Gaspedalbefehle und beschleunigt eher sachte. Gut so, denn so erzieht er zur Gemütlichkeit und spritsparender Fahrweise. Wirklich erfolgreich ist der Motor beim Zügeln seiner Trinksitten allerdings nicht. 9,8 Liter Testverbrauch sind schlicht zu viel.

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Allrad gibt es nur mit Automatik

Dafür darf der Juke 1.6 DIG-T als Schnäppchen gelten: Mit manuellem Sechsganggetriebe und der mittelprächtig bestückten Acenta-Ausstattung kostet er 22 290 Euro. Billiger gibt es 190 PS in der Klasse der kleinen SUVs nicht. Die empfehlenswerte Tekna-Topausstattung kostet 1500 Euro extra. Leider gibt es den Allradantrieb nur in Verbindung mit der Automatik, was zusammen 3000 Euro Aufpreis kostet.

So günstig der Juke mit diesem Motor auch sein mag, er erkauft sich sein Anderssein und dynamisches Wesen doch mit zu vielen Nachteilen. Andere Nissan-Modelle wie der Qashqai oder der Pulsar mögen langweiliger aussehen und im täglichen Straßenbild kaum auffallen. Sie sind aber zweifellos die besseren Autos.

Technische Daten Nissan Juke 1.6 DIG-T 4WD X-Tronic:

R4-Benzinmotor mit 1,6 Litern Hubraum und Turboaufladung; Leistung 140 kW (190 PS); max. Drehmoment: 240 Nm bei 1600/min - 5200/min; Leergewicht: 1431 kg; Kofferraum: 207 - 506 l; 0 - 100 km/h: 8,1 s; Vmax: 200 km/h; Testverbrauch: 9,8 l / 100 km (lt. Werk: 6,5; CO2-Ausstoß: 153 g/km); Euro 5; Grundpreis: 22 290 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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