Süddeutsche Zeitung

VW Golf GTE:Der Neue soll alles können

Zwischen Sportlerherz und Umweltgewissen: Der Golf mit Plug-in-Hybridantrieb ist laut VW ein Tausendsassa. Sauber soll er sein, sportlich sowieso und ideal für die Langstrecke. Doch Zweifel sind angebracht, denn all das zu vereinen, hat vor ihm noch keiner geschafft.

Von Thomas Harloff

Der Golf soll zum automobilen Tausendsassa werden. Es gibt ihn bislang mit Benzin- oder Dieselmotor und in einer Erdgasversion. Hinzu kommen die Sportvarianten GTI sowie Golf R und der e-Golf mit Elektroantrieb. Die Verbindung zwischen Sportlerherz und Umweltgewissen soll künftig der Golf GTE sein - die goldene Mitte, die den besten Kompromiss bietet. Das neue Modell, das sowohl von einem 110 kW/150 PS starken Benzin- als auch einem 75 kW/102 PS starken Elektromotor angetrieben wird, debütiert auf dem Genfer Autosalon, der vom 6. bis 16. März 2014 stattfindet.

Der VW Golf GTE hat also einen Hybridantrieb. Und zwar einen, dessen 120 Kilogramm schwere Lithium-Ionen-Batterie sich extern aufladen lässt. In der Fachsprache heißt das "Plug-in-Hybrid" - ein Konzept, das die Autohersteller derzeit mit Vorliebe verfolgen. Der Toyota Prius Plug-In-Hybrid ist schon länger erhältlich, BMW hat gerade den X5 mit dieser Antriebstechnik vorgestellt und Volvo bietet Modelle mit Diesel-Plug-In-Hybridsystem an.

Konzept mit vielen Vorteilen

Das Konzept ist einleuchtend und bietet einige Vorteile: Den kurzen Trip zum Supermarkt um die Ecke oder die Fahrt zum Arbeitsplatz soll man rein elektrisch zurücklegen können. Dann kommt das Auto an die Steckdose, damit der Akku für die nächste Fahrt wieder gefüllt wird. Doch im Gegensatz zu reinen Elektroautos, in denen die Insassen manchmal die Reichweitenangst beschleicht, ist auch eine Urlaubsreise möglich, denn der Treibstoff für den Benzinmotor kann ganz normal nachgetankt werden.

Diese Lösung soll besonders effizient agieren und den Spritverbrauch niedrig halten. Im Fall des generell viertürigen Golf GTE verspricht VW einen Normverbrauch von 1,5 Litern auf 100 Kilometer, was einem CO2-Ausstoß von 35 g/km entspricht. Zum Vergleich: Die EU schreibt ab 2020 für Neuwagen einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 95 g/km vor.

Enger Kontakt zum GTI

Der Golf GTE will aber noch einen Schritt weiter gehen. Volkswagen verpasst dem Neuling, der den Antriebsstrang des Schwestermodells Audi A3 e-tron übernimmt, einen betont sportlichen Anstrich und rückt ihn nicht nur optisch nahe an den aktuellen GTI heran. Mit einer Systemleistung von 150 kW/204 PS sucht er auch in dieser Hinsicht Kontakt zum dynamischen Bruder, der je nach Ausführung 220 oder 230 PS leistet.

Seine dynamische Seite zeigt der Hybride nach Druck auf die GTE-Taste. Im Sportmodus sollen die beiden Antriebe ihre Kräfte bündeln und für besonders viel Durchzugskraft sorgen. Das maximale Drehmoment von 350 Nm - übrigens exakt das Niveau, das der GTI erreicht - lässt dies durchaus erwarten. Die Fahrleistungen sind ebenfalls fast GTI-like: Von 0 auf 100 km/h geht es bei Bedarf in 7,6 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 217 km/h.

Es gibt aber noch die E-Taste, die den Elektromodus aktiviert und den Golf GTE für maximal 50 Kilometer zum "Null-Emissionen-Auto" macht. Sorgt nur der Elektromotor für Vortrieb, ist der Topspeed auf 130 km/h limitiert, damit die Batterie nicht über Gebühr beansprucht wird. Ist die Batterie komplett leer, dauert ein Ladevorgang an der Haushaltssteckdose bis zu dreieinhalb Stunden. Wer die optionale Wallbox in der heimischen Garage oder eine öffentliche Ladesäule nutzt, hat nach zweieinhalb Stunden eine volle Batterie.

Verlockend klingt die Gesamtreichweite von 939 Kilometern. Einigermaßen realistisch ist dieser Wert jedoch nur, wenn sich diese Strecke vor allem aus Touren in der Stadt zusammensetzt, wo der E-Motor den 1,4-Liter-Turbobenziner möglichst oft unterstützen kann. Auf Langstrecken mit hohem Autobahnanteil dürfte ein sparsamer Dieselmotor die bessere Wahl bleiben. Interessant ist jedoch das intelligente Batteriemanagement. Der Fahrer kann den Hybridantrieb so konfigurieren, dass am Reiseziel, das womöglich in der Innenstadt liegt, noch viel elektrische Energie in der Batterie gespeichert bleibt. So kann er die letzten Kilometer rein elektrisch zurücklegen und den Akku an der Steckdose wieder aufladen, sobald er sein Ziel erreicht hat.

DSG mit drei Kupplungen

Der Golf GTE bietet einige bemerkenswerte technische Lösungen. Beispiel Getriebe: Das serienmäßige Direktschaltgetriebe "DSG", das bei Modellen, die ausschließlich von Verbrennungsmotoren angetrieben werden, mit zwei Kupplungen arbeitet, verfügt hier über drei. Zudem haben die VW-Ingenieure den Elektromotor in das Getriebegehäuse integriert, um den Antrieb möglichst kompakt zu halten.

Den Energiefluss zwischen den einzelnen Antriebskomponenten und der Batterie kann der Fahrer über den 6,5-Zoll-Monitor beobachten. Im Drehzahlmesser sitzt zudem ein Powermeter, das darüber informiert, ob die Batterie gerade Energie abgibt oder ob sie durch zurückgewonnene Bremsenergie wieder geladen wird.

Ein Problem haben die bisher erhältlichen Plug-in-Hybride jedoch gemein: Meist sind deren Batterien zu schwach, um dauerhaft den Spritverbrauch auf den von ihren Herstellern angegebenen Wert zu senken. Der Golf GTE steht nun in der Pflicht, hier einen Fortschritt zu bringen und den großen Ansprüchen Taten folgen zu lassen.

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