Neuvorstellung Alfa Romeo Giulia:Julchen muss es richten

Alfa Romeo leitet seine Modelloffensive mit einem Knall ein: Die neue Giulia versucht es mit Design, starken Motoren und großen Emotionen. Es ist ihre einzige Chance.

Von Thomas Harloff

7 Bilder

Alfa Romeo Giulia

Quelle: FCA Germany AG

1 / 7

Ein Mythos ist dem Duden zufolge eine "Person, Sache, Begebenheit, die (aus meist verschwommenen, irrationalen Vorstellungen heraus) glorifiziert wird, legendären Charakter hat." Folgt man dieser Definition, passt sie perfekt zu Alfa Romeo. Denkt man an die Autos mit dem legendären "Scudetto" (Schildchen) genannten dreieckigen Kühlergrill, denkt man an wunderschön geformtes Blech. An wohlkomponierte, von kräftigen Motoren erzeugte Klänge. An Modelle wie die sportlichen GTAs und den Spider, der es bis nach Hollywood schaffte. Natürlich auch an Giulietta und Giulia (Foto), die schönsten und feurigsten Autos, die die automobile Mittelklasse damals zu bieten hatte.

Ein Mythos ist aber auch etwas von Gestern. Bei Alfa Romeo sogar im Vorgestern. Die Alfas der Fünfziger-, Sechziger- und Siebzigerjahre haben den Mythos befeuert, noch mehr als die sagenumwobenen Modelle der Vorkriegszeit. Nichts was kam, nachdem Fiat 1986 die Regentschaft in Mailand übernahm, hat wirklich etwas zur Legendenbildung beigetragen. Die aktuellen Modelle schon gar nicht. Entsprechend düster sieht das Heute für die Italiener aus: Etwa 74 000 Autos verkaufte Alfa Romeo im gesamten Jahr 2014, nicht einmal 3400 davon in Deutschland. Gäbe es den Mythos nicht, die Marke stünde vor der Irrelevanz.

Die neue Alfa Romeo Giulia.

Quelle: REUTERS

2 / 7

Bis 2018 will Alfa Romeo nicht mehr nur ein Mythos, sondern endlich wieder erfahrbarer Kult sein. 400 000 Autos sollen dann jährlich verkauft werden. Die Modellpalette, die heute lediglich den Kleinwagen Mito, den Kompakten Giulietta und den in kleiner Stückzahl gefertigten 4C umfasst, wird bis dahin ordentlich aufgepolstert. Acht neue Modelle hat Konzernpatriarch Sergio Marchionne bis 2018 versprochen, von denen das erste die neue Giulia ist. Ein reaktivierter Name mit gutem Klang. Doch diesmal soll mehr dahinter stecken als bei der Giulietta. Die Mittelklasselimousine geht ihre Aufgabe mit vielversprechenden Zutaten an.

Die neue Alfa Romeo Giulia.

Quelle: FCA Germany AG

3 / 7

Einerseits mit einem Karosseriedesign, das beim bloßen Ansehen der Fotos Begehrlichkeiten weckt. Da ist er wieder, der in Blech gepresste Sexappeal, das Alfa unter der Fiat-Ägide zwischenzeitlich abhanden gekommen war. Die Giulia präsentiert einen Mix aus Eleganz und Aggressivität, ist nur mit dem nötigsten Zierrat geschmückt, nicht mit überflüssigem Firlefanz.

Die neue Alfa Romeo Giulia.

Quelle: AFP

4 / 7

Doch echte Alfa-Fans lassen sich von einem schönen Äußeren allein nicht blenden. Auch die Technik muss des Scudetto würdig sein. Waren die jüngsten Mailänder Kreationen in dieser Hinsicht enttäuschend, könnte die Giulia die Tifosi dazu bringen, zu vergessen, was zuletzt war. Dafür gibt es zwei Hauptgründe: Erstens die Rückkehr zum Hinterradantrieb mit einer Allradoption bei leistungsstarken Varianten. Zudem eine Plattform, die hilft, das Gewicht in Grenzen zu halten. Die Topversion Quadrifoglio Verde soll nur etwa 1,5 Tonnen wiegen. Die Gewichtsverteilung zwischen den beiden Achsen beziffert Alfa Romeo mit 50:50, dem Idealwert.

Die neue Alfa Romeo Giulia.

Quelle: FCA Germany AG

5 / 7

Dass es Alfa Romeo bei der Giulia ernst meint, zeigt die Tatsache, dass bei der Weltpremiere im renovierten Werksmuseum in Arese - und exakt am 105. Geburtstag der Marke - das Topmodell im Fokus stand. Der Sechszylinder-Turbobenziner der Sportversion Quadrifoglio Verde (QV) leistet 510 PS und beschleunigt die Limousine laut Datenblatt in 3,9 Sekunden von Null auf Hundert. Darüberhinaus rüstet Alfa seinen Neuling mit Vier- und Sechszylindermotoren aus. Es kommen sowohl Benzin- als auch Dieselmotoren zum Einsatz, deren genaue technische Daten noch geschickt geheimgehalten werden.

Die neue Alfa Romeo Giulia.

Quelle: FCA Germany AG

6 / 7

Echten Alfa-Enthusiasten würde das wahrscheinlich reichen. Nicht aber dem gemeinen Mittelklassewagenkäufer. Der verlangt nach zahlreichen elektronischen Fahrassistenten und umfassenden Konnektivitätsmöglichkeiten. Zu Ersteren gehört das Hinterachs-Sperrdifferenzial, das das Drehmoment variabel zwischen den Rädern aufteilen und so für Traktion sorgen soll. Die Fahrdynamikregelung haben die Ingenieure neu abgestimmt. Darin sind verschiedene Modi integriert, von "Racing" bei den leistungsstarken Varianten bis "Advanced Efficient", mit dem die Giulia besonders sorgsam mit dem Treibstoff umgehen soll. Details zu eventuellen Vernetzungsmöglichkeiten mit Smartphones und Tablets wollte Alfa noch nicht verraten. Der Pressetext vermeldet ein "Höchstmaß an Entertainmentmöglichkeiten".

Die neue Alfa Romeo Giulia.

Quelle: REUTERS

7 / 7

Im Interieur versprechen die Italiener ein auf den Fahrer ausgerichtetes Cockpit. Kohlefaser- oder Holzapplikationen sollen edle Akzente setzen. Die zentralen Bedienelemente gruppieren sich am Lenkrad und auf der Mittelkonsole, wo zwei Drehknöpfe die Fahrdynamikregelung und den Bordcomputer befehligen.

Nach den vielen erfolglosen Jahren - dem "Selbstreinigungsprozess", wie es Konzernboss Sergio Marchionne nennt -, soll die Giulia wieder jenes Feuer entfachen, von dem die Marke früher profitierte. Oder wie es Harald Wester formuliert: "Moderne Autos sind verwechselbar geworden - viel Technik, null Emotionen." Der Alfa-Romeo-Markenchef impliziert damit, dass es bei der Giulia anders sein wird. Und, so viel steht jetzt schon fest, das ist auch Alfas einzige Chance.

Ob auch potenzielle Käufer Feuer fangen, wird sich auf der Frankfurter IAA im September zeigen, wo die neue Giulia ihren ersten Auftritt hat. Die Markteinführung ist für das Frühjahr 2016 anvisiert, danach soll es auch einen Kombi geben. Die Preise sollen bei unter 30 000 Euro starten.

© SZ.de/harl/ihe/rus
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: