Neues Gutachten:Transrapid ausgebremst?

Ist der Transrapid wirklich sicher? Das Gutachten einer Bürgerinitiative legt gravierende Mängel offen. Für die Betreiber ist das "blanker Unsinn".

Dominik Hutter

Neue Geschütze gegen den Transrapid: Ein von Magnetbahn-Gegnern beauftragtes Verkehrsberatungsbüro bescheinigt dem Flughafen-Flitzer gravierende Sicherheitsmängel. Vor allem die Bremsen entsprächen nicht der Sicherheitsphilosophie herkömmlicher Eisenbahnsysteme. Die DB Magnetbahn wies die Vorwürfe als "blanken Unsinn" zurück.

"Wir waren selbst überrascht, was wir alles ausgegraben haben", berichtet Martin Vieregg, dessen Büro "Vieregg-Rössler" von der Unterschleißheimer Anti-Transrapid-Einwendergemeinschaft "Ateg" mit einem Sicherheitsgutachten beauftragt worden war. Dessen Kernthese: Die bei Eisenbahnen übliche Redundanz, also die mehrfache Auslegung aller Sicherheitssysteme, sei beim Transrapid ebenso missachtet worden wie das so genannte Fail-Safe-Prinzip: Funktioniert überhaupt nichts mehr, kommt ein Zug automatisch zum Stillstand.

Mit Tempo 280 an die Wand

Die Bremse der Magnetschwebebahn, so bemängelt Vieregg, setze aber das tadellose Funktionieren von immerhin neun hintereinander geschalteten Komponenten voraus und sei ohne Strom gar nicht mehr einsatzfähig. Im schlimmsten Fall, also bei einem kompletten Ausfall aller Bordsysteme, rase der Zug am Streckenende mit Tempo 280 an die Wand.

Auch die unter den Waggons angebrachten Kufen, auf denen der Transrapid nach einem Ausfall der Tragmagnete ausgleiten soll, helfen laut Vieregg nicht weiter. Beim Abbremsen von Tempo 350 auf null, so der Gutachter, entstünden durch die Reibung Temperaturen von bis zu 4400 Grad Celsius, die die Kufen verdampfen ließen und so eine Bauchlandung auf den leicht brennbaren Bordbatterien auslösten.

"Selbst die Hitzeschutzkacheln des Space Shuttle sind nur auf 1500 Grad ausgelegt", erklärt Vieregg. Monika Barzen, Vorsitzende der "Ateg", und ihr Rechtsanwalt Wolfgang Baumann fordern angesichts des Gutachtens den sofortigen Stopp des derzeit laufenden Planfestellungsverfahrens. Der Transrapid sei "nicht genehmigungsfähig".

Der grüne Landtagsabgeordnete Martin Runge forderte erneut, das offizielle Sicherheitskonzept des Transrapid zu veröffentlichen. Es sei schon erstaunlich, dass ein Papier genehmigt werde, bevor der Fahrzeugbrand in Schanghai und die Katastrophe mit 23Toten auf der Teststrecke im Emsland offiziell aufgearbeitet seien.

"Unbegründete Ängste"

Bayerns Verkehrsminister Erwin Huber (CSU) reagierte empört auf das Gutachten der Transrapid-Gegner. "Hier werden völlig unbegründete Ängste geschürt." Ein derartiges "Gefälligkeitsgutachten" könne die monatelange Arbeit unabhängiger Experten des Eisenbahn-Bundesamts nicht widerlegen. Die Behörde hat, wie berichtet, erst vergangene Woche das Sicherheitskonzept des Transrapid genehmigt.

Laut Huber verfügt die Magnetschwebebahn "selbstverständlich über ein zweites Bremssystem", das auch ohne Stromzufuhr von außen funktioniert. Es gebe daher überhaupt keinen Grund, an der Sicherheit des Transrapids zu zweifeln.

Ähnlich reagierte auch Ulrich Krenn, Sprecher der DB Magnetbahn, auf den Vorstoß der Magnetbahn-Gegner. Der Transrapid verfüge über zwei völlig unabhängige Bremssysteme, die so ausgelegt seien, dass sie niemals gleichzeitig ausfallen könnten. Eines davon werde über die Strecke, das andere vom Fahrzeug aus mit Strom versorgt - wobei in jeder der drei Zugsektionen vier unabhängige Energienetze installiert seien.

Sollte der Zug trotz Notstromversorgung zu schweben aufhören, seien die Kufen auf bis zu 140Kilometer Gleiten bei vollem Tempo ausgelegt. Krenn verweist ausdrücklich auf die Behörden: "Wenn der Transrapid solch gravierende Mängel hätte, wäre das Sicherheitskonzept niemals genehmigt worden."

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