Neuer VW Touareg im Fahrbericht:Alles so schön harmonisch hier

Der neue VW Touareg im Gelände.

Der neue VW Touareg kostet mindestens 52 125 Euro und erweist sich im Gelände als talentierter Kraxler.

(Foto: Stephan Sittig)

VW hat den Touareg überarbeitet. Das SUV legt sich etwas Schmuck an, ist gewohnt komfortabel, einen Tick fahraktiver und irgendwie langweilig - bis man mit ihm ins Gelände fährt. Aber wer macht das schon?

Von Thomas Harloff

Langsam, aber mit Nachdruck erklimmt der 4,80 Meter lange und 2,2 Tonnen schwere Geländewagen den steilen Schotter-Anstieg. Fährt mühelos durch die große Pfütze, deren Wasser die Räder am tiefsten Punkt vollständig einschließt. Bewältigt souverän Verschränkungs-Passagen, obwohl ein Rad komplett in den Radkasten eintaucht und ein anderes mehrere Zentimeter über dem Boden hängt. Rollt dank seiner serienmäßigen Bergabfahrhilfe langsam und sicher einen steilen Abhang hinunter, obwohl der Fahrer den Fuß von der Bremse nimmt.

Der Touareg, der am 17. Oktober aufgefrischt zu den VW-Händlern rollt, zeigt auf einer Runde durch die Kiesgrube, dass er im Segment der als "Soft-Offroader" belächelten Luxus-SUVs einer der talentiertesten Kraxler ist. Zumindest dann, wenn grobstollige Reifen ihren Beitrag zu den Kletterkünsten leisten und das 2000 Euro teure "Terrain-Tech"-Paket installiert ist, das zwei Differenzialsperren und eine Geländeuntersetzung umfasst.

Alles schön und gut, aber eigentlich völlig irrelevant. Denn wie Stephan Sittig, langjähriges Mitglied des Forums Internationale Touareg-Freunde schätzt, sehen weit mehr als 90 Prozent aller verkauften Touareg-Exemplare in ihrem Autoleben nicht einmal einen Feldweg. Und wenn, dann höchstens den, der zum Reitstall oder zum Weingut führt.

Der Hass trifft die anderen

Umso öfter trifft man den großen Volkswagen im Kreise anderer "Sport Utility Vehicles" morgens und nachmittags vor Kindergärten und Grundschulen an. Oder ganztägig in Innenstädten, Vorstadtsiedlungen, auf Supermarkt- und Golfplatzparkplätzen. Wer so ein Auto fährt, schätzt dessen Platzangebot, die erhöhte Sitzposition, sein entspanntes Fahrverhalten und natürlich dessen Ausstrahlung. "Seht her, ich habe es geschafft", könnte quer über den Heckscheiben dieser Vehikel, die dem Namen nach Sport und Nutzwert verbinden, stehen.

Der neue VW Touareg Facelift.

Ein paar Chromleisten, neue Leuchten sowie andere Farben und Felgen - fertig ist das Facelift.

(Foto: Ingo Barenschee; Volkswagen AG)

Doch je beliebter SUVs werden, umso mehr ziehen sie den Zorn ihrer Gegner auf sich. "Alles nur spritvernichtende Statussymbole", so der weitverbreitete Vorwurf. BMW X5, Mercedes M-Klasse, Range Rover und zuvorderst der Porsche Cayenne scheinen Paradebeispiele dafür zu sein, was falsch läuft in der Autowelt. Doch der Touareg schafft es, von diesem Hass einigermaßen verschont zu bleiben. Vielleicht deshalb, weil er "nur" ein Volkswagen ist? Weil er als langweiliger Bruder des Cayenne wahrgenommen wird? Oder weil ihm die selbstbewusste, zuweilen ins Arrogante abdriftende Ausstrahlung seiner Wettbewerber fehlt? Ist er deshalb das einzige große SUV, das das Attribut "sozialverträglich" tragen darf? Dabei kostet auch der Touareg viel Geld, das Basismodell mit 204 PS starkem V6-Diesel schlägt mit mindestens 52 125 Euro zu Buche. Das sind 1274 Euro mehr als bislang und nicht viel weniger, als für vergleichbar motorisierte Modelle aus München oder Stuttgart verlangt wird.

Etwas Schmuck für den Touareg

Da das gemeinsam mit dem Cayenne in Bratislava gebaute SUV bislang recht bieder aussah, haben ihm die Designer beim Facelift etwas Schmuck angelegt und mehrere Chromleisten spendiert. Die stilistisch fragwürdigen Perlenketten-Tagfahrlichter wichen eleganteren LED-Linien. Neue Stoßstangen sowie andere Farben und Felgen runden das neue Styling ab. Innen gibt es nun Drehregler im Metall-Look, zwei neue Holzarten und eine andere Ambientebeleuchtung. Behutsame Maßnahmen, von denen neue Kunden profitieren sollen, ohne dass die Besitzer des bisher produzierten Modells plötzlich ein altes Auto fahren. Und die vor allem auf die Hauptmärkte in China und den USA abzielen, wo Autokäufer alles schätzen, was Luxus und Hochwertigkeit suggeriert.

Auch auf technischer Seite hat es VW bei Detailänderungen belassen. Der V8-Diesel mit 340 PS und der einzig verbliebene Benziner, ein maximal 380 PS starker Hybridantrieb aus V6-Kompressor und Elektromotor, bleiben unangetastet, was auch bedeutet, dass sie weiterhin nur die Euro-5-Abgasnorm erfüllen. Der schwächere V6-Diesel verfügt mit 204 PS über die gleiche Leistung wie zuvor, ist nun aber dank weitreichender Abgasnachbehandlung nach Euro 6 eingestuft. Gleiches gilt für die stärkere Version dieses Motors, die auch ein leichtes Powerplus verzeichnen kann. Mit 262 PS ist dieses Triebwerk nun 17 PS stärker als zuvor. Gleichzeitig ist das maximale Drehmoment um 30 auf 580 Newtonmeter gewachsen.

Mehr Leistung für den beliebtesten Motor

Der 262 PS starke V6-TDI-Motor des neuen VW Touareg Facelift.

Der stärkere der beiden V6-TDI-Motoren leistet nun 262 statt 245 PS.

(Foto: Ingo Barenschee; Volkswagen AG)

Die Fortschritte machen sich gut auf dem Datenblatt, beim Fahren wirken sie sich nicht spürbar aus. Der Motor bleibt ein souveräner Antrieb für den in dieser Version mindestens 55 625 Euro teuren Touareg. Er beschleunigt den Fünfsitzer kraftvoll und ohne erkennbares Turboloch und bildet mit der sanft schaltenden Achtgang-Automatik ein harmonisches Duo, dem jegliche Hektik fremd ist. Ruft der Fahrer die volle Leistung ab und tritt das Gaspedal durch, reagiert das Getriebe jedoch etwas träge auf diesen "Kickdown"-Befehl. Zudem brummt das Triebwerk dann angestrengt, was umso mehr auffällt, da beim gemütlichen Dahingleiten kaum Motor-, Reifen- oder Windgeräusche in den Innenraum dringen. Doch selbst mit leichtem Gasfuß wird es nichts mit dem versprochenen Durchschnittsverbrauch von 6,6 Litern. Der Bordcomputer errechnet während der Testfahrt 8,7 Liter.

Der Benziner soll 8,2 Liter verbrauchen, genehmigt sich trotz Hybridantriebs aber mindestens zehn Liter. Sprit lässt sich auch schwer sparen, wenn die zusätzlichen Antriebskomponenten und die Batterie das Gewicht um etwa 130 Kilogramm anheben und der Elektromotor nicht einmal beim langsamen Losrollen alleine agieren darf. Sobald man das Gaspedal streichelt, springt der V6 mit Kompressoraufladung an, weshalb lautloses Dahinrollen im Stadtverkehr unmöglich ist.

Hybrid - die teure Alternative

Der Elektromotor hat eher die Aufgabe, den Benziner beim Beschleunigen zu unterstützen. Tatsächlich marschiert der Touareg Hybrid bei voller Beanspruchung etwas bulliger nach vorne als der V6-Diesel. Dennoch ist der V8-Diesel die besser Wahl für all jene, die Wert auf besonders kraftvolle und kultivierte Leistungsentfaltung legen. Zudem kostet der große Diesel mit 74 725 Euro 2800 Euro weniger als der Hybrid. Kein Wunder, dass sich hierzulande nicht einmal drei Prozent aller Touareg-Kunden für diese Variante entscheiden.

Nach der Modellpflege lenkt der Touareg etwas direkter und präziser ein als zuvor. Wählt der Fahrer die Sport-Einstellung des 2700 Euro teuren Luftfahrwerks, liegt er auch zudem fast unerschütterlich auf der Straße. Trotzdem spielt das SUV vor allem bei ruhiger Gangart seine Stärken aus: Es packt seine Insassen in Watte, fühlt sich an wie eine unerschütterliche Trutzburg, die selbst bei widrigsten Bedingungen sicher das Ziel erreicht. Ein Eindruck, den die im "Normal"- und "Comfort"-Modus komfortable Federung und die zahlreichen elektronischen Fahrassistenten verstärken. Allerdings sind nur die Berganfahrhilfe, ESP und die Multikollisionsbremse, die nach einem Crash selbständig bremst, um weitere Unfälle zu vermeiden, serienmäßig an Bord.

Der Innenraum des VW Touareg Facelift.

Wie schon vor dem Facelift verfügt der VW Touareg über einen hochwertig eingerichteten und geräumigen Innenraum.

(Foto: Ingo Barenschee; Volkswagen AG)

Fragwürdige Aufpreispolitik

Andere Technologien wie der Abstandsregeltempomat, die dynamische Fernlichtregulierung, der Spurhalte- und Spurwechselassistent oder die 360-Grad-Rundumsicht, bei der vier Kameras die Umgebung des Autos überwachen, funktionieren tadellos, kosten aber teils empfindliche Aufpreise. Wer das Fahrassistenzpaket bestellen möchte, muss auch das "Licht-und-Sicht"-Paket, das teure Radio-Navigationssystem und ein Multifunktionslenkrad kaufen. Die Frage, was das Eine mit dem Anderen zu tun hat, dürfte einige VW-Verkaufsberater bei der Preisverhandlung mit hartnäckigen Kunden in Verlegenheit bringen.

Punkten kann der Verkäufer dagegen mit dem Innenraum. An Platz mangelt es weder im Passagier- noch im Gepäckabteil. Im Gegenteil, vor allem die Knie und Köpfe genießen die große Freiheit und der Kofferraum ist mit 697 bis 1642 Liter großzügig bemessen. Angenehme Kunststoffe, eine narrensichere Bedienung und bequeme Sitze verstärken das Gefühl der Geborgenheit, das einen während einer Fahrt im Touareg nie verlässt - selbst dann nicht, wenn man sich samt Auto durch schroffes Gelände quält. Vielleicht sollten genau das einige Besitzer des großen Volkswagens einfach mal ausprobieren, denn so komfortabel, sicher und souverän er auf gut ausgebauten Straßen Kilometer verschlingt, ist er dabei irgendwie auch immer... etwas langweilig.

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