Eine ganze Generation ist nach mir benannt worden: "Generation Golf". Man kennt mich, man hat mich lieb gewonnen, aber nun bin ich wieder kantiger. Und länger, breiter und flacher. Ihr da draußen habt mich, die Markenpersönlichkeit aus Wolfsburg, offenbar als zu mollig empfunden, als zu rund und zu weich. Ihr habt ja recht, ich bin keine Frau, ich bin ein Auto. Das Lieblingsauto der Europäer - und darauf sind meine Erbauer bei Volkswagen stolz. Damit das so bleibt, haben die Ingenieure an mir getüftelt wie der Spezialist für plastische Chirurgie an bestimmten Damen, zum siebten Mal schon. Ich soll wieder so aussehen und mich so anfühlen wie ein echter Golf, wenn ich von November an beim Händler stehe.
Die müssen wirklich aufpassen bei VW, wenn sie etwas ändern. Immerhin geht es um viel Tradition und um eines der am meisten verkauften Fahrzeuge der Welt. Ich, der Golf, rolle fast überall. Mehr als 29 Millionen Menschen haben mich schon gekauft: Deutsche, Brasilianer, Chinesen. Geboren wurde ich vor 38 Jahren in der Provinz, wie so viele Erfolgsschlager "made in Germany". Vermutlich langweilen sich deutsche Ingenieure in Kleinstädten so sehr, dass sie erfinderisch sind.
Als ich Ende März 1974 vom Band rollte, war die Stimmung bei Volkswagen schlecht. Deutschland strauchelte in der Ölkrise, das Geld der Autofahrer saß nicht mehr locker. VW hatte jahrelang meinen älteren Bruder richtig verhätschelt, den Käfer. Der lief und lief, aber er lief schließlich ohne Gewinn. Am Ende kam der ganze VW-Konzern so sehr in die roten Zahlen, dass Vorstandschef Rudolf Leiding abtrat. Es wurde Zeit für mich.
So wurde ich größer als der Käfer und bekam einen quer eingebauten Motor mit Frontantrieb. In den Kofferraum passte mehr als eine Sprudelkiste. Und ein Italiener durfte an meinen Formen arbeiten, Giorgio Giugiaro, ein Mann mit Stil. Er verpasste mir das eckige Aussehen. Klar, kantig, schlicht. Das traf den Nerv. Wie die Leute mein schräges Heck mochten!
Ich wurde gekauft und gekauft. Knapp sieben Millionen Leute leisteten sich meine erste Version, den Golf I. Bald überholte ich den VW-Käfer, war "Mister Wolfsburg" und schaffte es sogar, den Konzern zu retten. Von diesem Erfolg zehre ich bis heute. Das vergisst keiner in den Chefbüros. Auch in der DDR wollten sie mich lieber als den Trabant. 1978 gab es einen klandestinen Tausch: 10.000 Golf wurden über die Grenze geschafft, dafür bekam VW Blechpressen der Firma Erfurt, die bis heute in Wolfsburg im Werk vor sich hin stampfen.
1979 verpassten sie mir ein Cabrio-Dach. Manche nannten mich "Erdbeerkörbchen", wegen des Überrollbügels. Der Spitzname war süß. Wer mich schneller wollte, konnte eine GTI-Version kaufen, mit einem Motor von Audi. Was mich erstaunte, war der Status des Allerweltsautos. Bald stand ich vor dem Reihenhaus in Castrop-Rauxel ebenso wie vor der Villa in Grünwald- dann eben als Zweitwagen. Mit mir konnte man sich sehen lassen. Die Ingenieure änderten nur vorsichtig etwas, und ich blieb bezahlbar. So konnten der Student, der Rentner und der Chef mich kaufen. Das soll auch künftig so bleiben. Bei Volkswagen schweigen sie zwar über meinen neuen Preis, aber ich verrate ihn: Als Basisversion koste ich 17.000 Euro.
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Meine zweite Version, der Golf II, bekam übrigens eine ganz besondere Fahrerin. Ich wurde im September 1990 das erste West-Auto von Angela Merkel. Vielleicht ist das der Grund, warum die Kanzlerin die Firma VW bis heute so gerne hat. Mit dem jetzigen Chef Martin Winterkorn telefoniert sie oft. Ob sie da auch über die neue Form meiner Scheinwerfer reden?
Es gibt zwei Dinge, auf die ich stolz bin. Eine ganze Autoklasse ist nach mir benannt worden - und eigentlich glaube ich, dass die ganzen Ford-Focusse, Renault-Meganes oder Peugeot-308er bloß neidisch sind. Außerdem hat man ja ein Lebensgefühl nach mir benannt - wer kann das schon von sich sagen? "Generation Golf" hieß eben der Roman des Journalisten Florian Illies. Darin beschreibt er die Merkmale all jener, die in den 1980er Jahren aufwuchsen und hinter meinem Steuer das Fahren erlernten. Das ist übrigens praktisch: Die Kinder der ersten Käufer sind mir häufig treu.
Eigentlich ist alles gut, von Midlife-Crisis kann keine Rede sein. Bloß vor Hyundai und Toyota fürchten sie sich etwas bei VW. Der Toyota-Corolla wurde noch häufiger gekauft als ich, fast 40 Millionen Mal. Deshalb bin ich überarbeitet worden - um dagegenzuhalten. Deshalb haben sie sich mehr getraut als beim letzten Facelifting vor vier Jahren.
Jetzt wollten sie die große Schönheitsoperation. Das fängt schon beim Bau an: Ich werde auf einem modularen Querbaukasten produziert - klingt komisch, spart aber Geld. Das ist ein neues Produktionssystem für 40 Modelle von VW, neben mir sind das kleinere Autos der Tochtermarken Audi, Skoda, Seat. Mein Innenleben und das des neuen A3 ähneln sich total, aber von außen sieht man das nicht. Weil wir so viele gleiche Teile brauchen, spart Volkswagen beim Bau und Einkauf; angeblich kosten wir alle 20 Prozent weniger. Zudem bin ich leichter, das spart beim Tanken. Ich verbrauche als Benziner nur 4,8 Liter. Greenpeace findet das noch viel zu viel, aber für meine Größe ist das ganz okay. Ich wiege immer noch mehr als eine Tonne. 100 Kilo habe ich schon abgenommen, fast so viel, wie der Umweltminister laut seinem aktuellen Stern-Interview wiegt.
Auch innen ist vieles neu: Es gibt mehr Platz für die Beine und sogar Sitze mit Massage-Funktion. Und der Kofferraum wird so breit, dass ein Golf-Bag hineinpasst. Ich biete auch Internet, WLan und ein Navi mit Touchscreen, bin also eine Art iGolf. Nur fahren muss man immer noch selbst. Aber bei einem Unfall kann ich mich selbst mit Multikollisionsbremse runterbremsen - das lobt sogar der ADAC. Wer in der Stadt zu dicht auffahrt, den stoppe ich und vermeide so Auffahrunfälle. Schließlich kann ich erkennen, wenn der Fahrer am Lenkrad einschläft und wecke ihn dann.
Nur eines will ich nicht: Ein Foto von mir, von Golf VII. Am 4. September darf mich VW-Chef Winterkorn enthüllen.