Neuer Verkehrswegeplan:Milliarden für neue Straßen - diesmal ist Westdeutschland dran

Baustelle auf der Autobahn A9

Eine Baustelle auf der A9 in der Nähe von Allershausen (Bayern). Dem neuen Verkehrswegeplan zufolge soll vor allem in Westdeutschland investiert werden.

(Foto: dpa)
  • Verkehrsminister Dobrindt will so viel Geld wie noch nie in die deutschen Verkehrswege stecken.
  • Insgesamt sind Ausgaben von mehr als 260 Milliarden Euro geplant. Zwei Drittel sollen in den Erhalt bestehender Verkehrswege fließen, ein Drittel in Neubauprojekte.
  • Nachdem zuletzt vor allem in Ostdeutschland investiert wurde, legt Dobrindt den Schwerpunkt diesmal auf Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Von Markus Balser, Berlin

Im Audimax der Technischen Universität Dresden wurde Rainer Bomba am Dienstagabend feierlich: "Brücken sind ein zentraler Teil unserer Infrastruktur", sagte der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und verlieh den Deutschen Brückenpreis 2016 an die Kochertalbrücke bei Geislingen - für "überragende Ingenieursleistungen" auf dem Gebiet der Brückenerhaltung.

Deutschlands Straßenplaner müssen schon nach guten Anlässen suchen, denn zu feiern gibt es für sie seit Jahren nur noch wenig; gleiches gilt für die Planer anderer Verkehrswege. Straßen, Schienen und Wasserstraßen sind vielerorts in einem desolaten Zustand - vor allem Brücken. Es bröckelt und bröselt allerorten. Zwei Drittel haben mehr als dreißig Jahre auf den Pfeilern. Viele sind kaum noch befahrbar. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sind derzeit allein mehr als 2500 Brückenabschnitte in mangelhaftem oder sogar ungenügendem Zustand.

Dobrindt plant Rekordausgaben

Am Mittwoch präsentierte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit seinem Entwurf eines neuen Bundesverkehrswegeplans, wie er den Problemen begegnen will. Nur alle 15 Jahre wird festgelegt, wie viel in die Infrastruktur fließen soll, es sind Rekordausgaben. Der Plan sieht Investitionen von über 260 Milliarden Euro vor - 91 Milliarden mehr als im Plan von 2003.

Die Hälfte davon soll in die Straße fließen, 40 Prozent in die Schiene, der Rest in Wasserwege. Wegen des schlechten Zustands vieler Verkehrswege muss der Bund zwei Drittel in den Erhalt des bestehenden Systems stecken, nur ein Drittel steht für neue Bauabschnitte und den Ausbau etwa von Autobahnen zur Verfügung. Für den Straßenbau bleiben damit 50 Milliarden Euro.

Die Ost-Länder müssen zurückstecken

Wenigstens die meisten Schlaglöcher sollen der Vergangenheit angehören. "Der neue Bundesverkehrswegeplan ist das stärkste Investitionsprogramm für die Infrastruktur, das es je gab", sagte Dobrindt. Nachdem zuletzt vor allem in Ostdeutschland investiert wurde, legt das neue Papier den Schwerpunkt auf die alten Länder. Vor allem in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen soll gebaut werden. Die Ost-Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen wie auch Berlin, Rheinland-Pfalz und das Saarland müssen zurückstecken.

Fast 700 000 Kilometer Straße und fast 40 000 Kilometer Schienen gibt es in Deutschland. Seit Monaten buhlen die Bundesländer um die Finanzierung von Projekten. Tausende wurden an den Bund gemeldet. Der hatte zuletzt die Aufgabe, die wichtigsten zusammen mit Fachleuten herauszufiltern. Der neue Plan umfasst im ersten Entwurf etwa 1000 Projekte, die der Bund als vordringlich einstuft und die laut Verkehrsministerium alle eine gute Chance auf eine Realisierung bis 2030 haben.

Vor allem um die Großstädte herum soll investiert werden

Im Zentrum stehen dabei die großen Verkehrsachsen, für die Dobrindt in den nächsten Jahren deutlich mehr Verkehr erwartet. Der Personenverkehr soll bis 2030 um 15 Prozent, der Güterverkehr sogar um 40 Prozent zunehmen. Vor allem stauträchtige Nord-Süd- und Ost-West-Achsen sollen ausgebaut werden.

Das mehrere Hundert Seiten starke Papier listet Engpässe auf 1700 Autobahnkilometern auf, die beseitigt werden sollen - und auf 700 Kilometern Schiene. So sollen etwa die Staustellen an der A5 zwischen Hemsbach und Walldorf und auf der A6 zwischen Mannheim und Schwetzingen für mehrere Hundert Millionen Euro entschärft werden. In Bayern fließen 400 Millionen Euro in den Ausbau der Inntalautobahn A8 bei Traunstein sowie in den Autobahnring um München. Vor allem um deutsche Großstädte wie Hamburg, Frankfurt oder München nehme der Verkehr stark zu, sagt Ulrich Lange, verkehrspolitischer Sprecher der Union.

Die Öffentlichkeit soll sich an der Planung beteiligen

Der Entwurf der Bundesregierung gilt zwar als Vorentscheidung über die Bauprojekte. Doch erstmals können Bürger und Fachleute mitreden. Ab Montag kann sich für sechs Wochen die Öffentlichkeit in die deutsche Verkehrsplanung einbringen. "Nur wenn wir Akzeptanz schaffen, werden sich die Pläne auch umsetzen lassen", sagte Sören Bartol, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. Erst nach den Anhörungen wird der Entwurf zum Gesetz. Die Opposition übt harte Kritik. "Wir müssen prüfen, ob damit die Klimaziele von Paris erreicht werden können", warnte die Grünen-Verkehrspolitikerin Valerie Wilms. "Es darf nicht um Strategien für mehr Verkehr gehen. Wir müssen überlegen, wie wir den Verkehr reduzieren können", sagte Sabine Leidig von der Linken. Heikler könnte für Dobrindt allerdings der Ärger im eigenen Kabinett werden. Denn auf die übliche Ressortabstimmung hatte der Verkehrsminister verzichtet, ehe er seinen Plan öffentlich zur Diskussion stellte. Vor allem Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) rebelliert. "Das entspricht nicht der Geschäftsordnung der Bundesregierung", erklärte ihr Sprecher. "Und wir legen Wert darauf, dass sie eingehalten wird."

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