Neuer Luftreinhalteplan:Stuttgart sperrt alte Diesel aus - unter Vorbehalt

Feinstaubalarm in Stuttgart

An Tagen mit Feinstaubalarm soll die Stuttgarter Innenstadt für ältere Diesel künftig tabu sein.

(Foto: dpa)
  • Stuttgart hält am Vorhaben fest, von 2018 an ältere Diesel an bestimmten Tagen nicht in die Innenstadt fahren zu lassen.
  • Das steht in der neuesten Version des Luftreinhalteplans, den Baden-Württembergs grün-schwarze Landesregierung heute vorgestellt hat.
  • Verkehrsminister Hermann kündigte dabei Ausnahmen an. Außerdem hofft er auf wirksame Nachrüstlösungen der Autoindustrie.

Von Stefan Mayr und Thomas Harloff

Baden-Württembergs grün-schwarze Landesregierung zieht es durch - zumindest ist der Wille da. Heute stellte der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann die neue Version des Luftreinhalteplans vor. Darin festgehalten: Ein temporäres Fahrverbot für Dieselautos, die maximal die Abgasnorm Euro 5 erfüllen, für die Stuttgarter Innenstadt. "Im Interesse der Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner sind Beschränkungen für ältere Dieselfahrzeuge unerlässlich", sagt Hermann. "Sie gelten ab 1. Januar 2018, das ist der Plan."

Dennoch steht noch nicht fest, ob wirklich Fahrverbote kommen. Noch hofft die Landesregierung auf die Industrie, die "wirksame Nachrüstlösungen" anbieten soll. Sollten Nachrüstungen mindestens so viel bringen wie Fahrverbote, könnte man auf letztere verzichten. "Man wäre doch blöd, dass man dann auf den Verboten beharrt, wenn die Industrie glaubhafte Konzepte vorlegt, die belegen, dass es auch ohne sie geht", sagt Hermann.

Der Plan: Die Autohersteller sollen das Abgasverhalten von Euro-5-Selbstzündern, die etwa 40 Prozent des gesamten Dieselbestandes ausmachen, mit Updates deutlich verbessern. In der kommenden Woche soll es dazu eine weitere Verhandlungsrunde geben. Dabei geht es vor allem um die gesundheitsschädlichen Stickoxide, die bei diesen Autos mindestens halbiert werden sollen - auf Kosten der Hersteller.

Falls sich Baden-Württembergs Regierung mit der Autoindustrie nicht einigen kann und die Fahrverbote tatsächlich kommen, soll es zahlreiche Ausnahmen geben. "Wenn man eine Verkehrsbeschränkung macht, muss man auch wirtschaftliche Aspekte abwägen", sagt Hermann. Dabei denkt er an Taxis, Busse, Wohnmobile oder auch Versorgungsfahrzeuge. Auch individuelle Sonderfälle sollen berücksichtigt werden. Hermann schätzt, dass es für etwa 20 Prozent der betroffenen Autos Sonderregelungen geben könnte.

Baden-Württemberg hofft auf die nächste Bundesregierung

Noch ist der Luftreinhalteplan ein Entwurf. Er soll von Montag an bis zum 9. Juni öffentlich ausgelegt und im Internet verfügbar gemacht werden. Bis zum 23. Juni können Behörden, Verbände und Bürger Stellungnahmen abgeben, Ende August muss der Plan dann dem Verwaltungsgericht Stuttgart vorgelegt werden.

Weiterhin wünscht sich die Landesregierung, dass der Bund die rechtlichen Grundlagen für Diesel-Fahrverbote schafft, etwa durch eine blaue Plakette. Die ist aber weiterhin nicht in Sicht. Während Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) dafür plädiert, sperrt sich Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vehement dagegen. Daran werde sich laut Hermann bis zur Bundestagswahl im September auch nichts ändern. Dennoch will er Dobrindt einen Brief schreiben. Größere Hoffnungen setzt er aber in eine neue Bundesregierung: "Nach der Wahl wird sich da etwas bewegen", sagt Hermann - auch weil die EU-Kommission weiter Druck mache, dass ihre Schadstoff-Grenzwerte eingehalten werden. Ab 2020 könnten Hermann zufolge auch in anderen Städten Fahrbeschränkungen für ältere Diesel kommen.

Die im neuen Luftreinhaltungsplan verankerten Maßnahmen betreffen aber nicht nur Stuttgarts Straßenverkehr. So soll es neue Metropolexpresslinien geben, die die S-Bahnen entlasten. Außerdem sollen die Zugverbindungen vom und zum Stuttgarter Hauptbahnhof um 37 Prozent ausgebaut werden. Bessere Takte, zusätzliche Busspuren und sauberere Busse sollen ebenso zu einer besseren Luftqualität beitragen wie neue Tempobeschränkungen. Die Landesregierung plant, die zulässige Höchstgeschwindigkeit an einigen innerorts gelegenen Steigungsstrecken von 50 auf 40 km/h zu reduzieren. Auch auf Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften könnte das Tempolimit an Tagen mit hoher Schadstoffbelastung deutlich sinken.

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