Ramsauers neue Verkehrssünderdatei:Einfachheit schlägt Wirksamkeit

Die Autofahrer-Lobby jubelt: Bundesverkehrsminister Ramsauer will die Verkehrssünderkartei in Flensburg reformieren. Nach seinem Entwurf würde das Register zwar einfacher, aber das ist kein Selbstzweck. Die Reform muss auch der Verkehrssicherheit dienen. Eben das ist aber zu bezweifeln.

Michael Bauchmüller

Von den einfachen Mitteln der Bestrafung ist der Eintrag im Flensburger Verkehrsregister ganz sicher eines der effektivsten. Wer sich im Straßenverkehr daneben benimmt, und zwar so richtig daneben, der erfährt neben einem Bußgeld auch einen Eintrag im Register. Akribisch addieren dort Beamte die Punkte von derzeit neun Millionen Autofahrern - bis hinauf zur Höchststrafe: Dann ist der Führerschein weg. Man darf annehmen, dass im autophilen Deutschland kaum eine Strafe so wirkt wie der Verlust dieser Plastikkarte. Oft genug steht ein Job mit auf dem Spiel.

German Transport Minister Ramsauer addresses news conference in Berlin

Mit acht Punkten soll der Führerschein künftig weg sein. Jedenfalls wenn es nach Verkehrsminister Ramsauer geht.

(Foto: REUTERS)

Geht es nach Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, soll das System nun gründlich reformiert werden. Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC), der bei der Reform ganz offensichtlich Pate stand, spricht gar von einer "Revolution in Flensburg". Dabei sind die Veränderungen so einschneidend nicht. Nur noch mit ein oder zwei Punkte sollen Vergehen künftig belegt werden (statt mit maximal sieben wie bisher), und das auch nur noch für Vergehen, die im engeren Sinn die Verkehrssicherheit gefährden.

Anders als bisher sollen die Punkte künftig nach einer festgesetzten Frist restlos verfallen, ganz unabhängig davon, ob ein Autofahrer in der Zwischenzeit weitere Vergehen begangen hat. An der grundsätzlichen Arbeit und Aufgabe des Registers ändert sich nichts.

Nur: Besser wird das System durch diese Reform noch nicht. Denn was der Minister an der einen Stelle an Einfachheit gewinnt, verliert er andernorts an Wirksamkeit. So wird das Punktesystem für den Einzelnen fraglos durchschaubarer, wenn die Flensburger Arithmetiker künftig nur noch mit ein und zwei Punkten hantieren. Auch wird es mehr Rechtssicherheit geben, denn bisher meldeten die Bundesländer für ein und dasselbe Vergehen mitunter verschieden hohe Punktestrafen nach Flensburg.

Doch umgekehrt kennt das gestraffte System kaum noch Unterschiede zwischen mittelschweren und schweren Vergehen. Beide gehen mit zwei Punkten in das Register ein, unterschieden nur durch die Höhe des Bußgelds und den Zeitpunkt der Verjährung. Dieses Raster ist zu grob.

Bei der Verjährung selbst liegen die Dinge ähnlich: Das neue System ist einfacher, aber noch nicht besser. Ist die Zeit verstrichen, sind die Punkte weg. Das Verkehrsregister wird damit zu einem Konto mit Zu- und Abgängen, der einzelne Autofahrer zum Buchhalter seines Sündenkatasters. Doch der disziplinierende Effekt von Einträgen, die sich bisher immer weiter auftürmten, fällt weg.

Viele Autofahrer mag solche Vereinfachung freuen. Auch die Lobby jubelt, in Gestalt des ADAC. Doch Einfachheit ist kein Selbstzweck, die Reform muss auch der Verkehrssicherheit dienen. Eben das ist aber - zumindest in Teilen des Pakets - zu bezweifeln. Daher wird auch Ramsauer noch an seinem Entwurf feilen müssen. Wäre doch ein Jammer, wenn das schöne Register zwar einfacher würde, aber dafür weniger wirksam.

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