Neue EU-Vorschriften:Diese Motorräder verschwinden bald vom Markt

Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis mit seinem Motorrad

Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis pflegte mit der Yamaha XJR 1300 sein Rebellen-Image. Nun verschwindet das Motorrad vom Markt.

(Foto: Reuters)
  • Von 1. Januar 2017 an gelten verschärfte Abgas- und Sicherheitsvorschriften für neu zugelassene Motorräder.
  • Deshalb laufen bei fast allen Herstellern traditionsreiche Baureihen aus. Nur BMW kann sein Modellprogramm unverändert beibehalten.
  • Viele Auslaufmodelle kommen deshalb jetzt mit starken Nachlässen auf den Markt.

Von Thilo Kozik

Für viele beliebte Motorradmodelle ist mit dem Jahresende Schluss. Denn ab dem 1. Januar 2017 dürfen in Europa keine Motorräder mehr zugelassen werden, die nicht der neuen EU-Norm entsprechen - und die hat es in sich. Denn die EU-Verordnung 168/2013 schreibt unter anderem die strengeren Abgasgrenzwerte nach Euro 4 vor. Gleichzeitig gelten härtere Bedingungen für die Geräuschemission, alle Zweiräder über 125 Kubik müssen ein ABS besitzen, außerdem werden viele zusätzliche Merkmale verlangt, die nicht im Handumdrehen implantiert sind - wie beispielsweise eine Onboard-Diagnose.

Diese Hürden sind für einige Modelle einfach zu hoch, oder die technische Umrüstung lohnt sich wegen zu geringer Verkaufszahlen nicht mehr. Vor allem kleinere Hersteller tun sich damit richtig schwer, denn die Elektronik muss auf Datenbus umgestellt, ein Aktivkohlefilter von der Größe einer Bierdose untergebracht und die Dauerhaltbarkeit abgasrelevanter Bauteile nachgewiesen werden - um nur ein paar weitere Anforderungen zu nennen. Diesen Umstand nutzen viele Hersteller, um ihre Produktpaletten kräftig zu entrümpeln. Gerade Motoren mit Fahrtwindkühlung halten dem Euro-4-Gegenwind nicht stand.

Varoufakis' Rebellen-Bike verabschiedet sich

Deshalb verabschiedet Yamaha seine XJR 1300 - das Motorrad, mit dem Yanis Varoufakis gern sein Rebellen-Image pflegte - und die SR 400 als "Legenden" in den Ruhestand. Kawasaki feiert eine "Final Edition" seiner kultigen W 800. Die 900er- und 1700er-Cruiserflotte mit den V2-Motoren fällt ebenfalls aus dem künftigen Programm. Das gilt auch für die V-Rod-Modelle von Harley-Davidson und die großen Zweizylinder von Aprilia wie Caponord und Dorsoduro. Bei Suzuki sind die Bandit- und GSR-Modelle betroffen, für die V-Strom 650 und die V-Strom 1000 wurden hingegen auf der Intermot in Köln die Nachfolger präsentiert.

Bei Triumph erwischt es die mächtige Rocket III. Der 2,3-Liter-Dreizylinder soll irgendwann wiederkommen, doch wann das sein wird, darüber schweigt man sich bei Triumph aus. Auch die Street Triple fehlt zunächst als Euro-4-Modell, doch bei diesem sehr populären Naked Bike will Triumph dem Vernehmen nach möglichst bald eine EU-konforme Umrüstung anbieten. KTM verzichtet auf die 690 Enduro und SMC sowie die Freeride-Modelle, die Adventure-Palette wurde komplett überarbeitet. Honda streicht unter anderem die CB 1000R, CBF 1000F und die Crossrunner.

BMW hat alle Modelle rechtzeitig fit gemacht

Der amerikanische Hersteller Victory hat sein Modellprogramm auf nur noch vier "Modern American Muscle"-Bikes gestrafft. BMW hat dagegen frühzeitig reagiert und nahezu alle Modelle im Laufe des Jahres fit für die neuen Vorschriften gemacht - unter anderem die flüssigkeitsgekühlten Boxermotoren und die kleinen F-Modelle.

Angesichts der Restbestände an Euro-3-Modellen räumen viele Hersteller großzügige Rabatte ein, denn je näher der Stichtag 31. Dezember rückt, um so größer wird der Druck, diese Motorräder loszuwerden. Alternativ greifen viele Händler für schwer verkäufliche Modelle zu einer bewährten Methode: die Tageszulassung; diese Motorräder gelten dann offiziell zwar als gebraucht, doch können sie auch 2017 noch an den Mann gebracht werden. Dass es auch anders geht, beweist Honda mit der für 2017 neu aufgelegten CB 1100: Der Neoklassiker besitzt einen großvolumigen luftgekühlten Reihenvierzylinder mit cleverer Öl-Innenkühlung und ist damit der Letzte seiner Art.

Alte Motorräder müssen nicht umgerüstet werden

Ein Schlupfloch hält die Neuregelung aber noch bereit: Mit einer speziellen Ausnahmegenehmigung namens "Auslaufende Serie" können auch nach dem Stichtag 1. Januar 2017 noch Euro-3-Modelle verkauft werden - in limitierter Stückzahl. Je Modell sind zehn Prozent der Neuzulassungen aus den Jahren 2015 und 2016 erlaubt, mindestens dürfen es aber 100 Fahrzeuge pro Modell sein. Für Nischenanbieter könnte diese Ausnahmeregelung einen nicht zu unterschätzenden Zeitgewinn darstellen, allerdings dürfen diese Fahrzeuge nur noch in den Jahren 2017 und 2018 zugelassen werden.

Wer schon ein Motorrad besitzt, kann sich zurücklehnen und der Verschärfung gelassen entgegen sehen, denn es gilt Bestandsschutz - nichts braucht nach- oder umgerüstet werden. Bei der regelmäßigen TÜV-Prüfung müssen nur die zum Zeitpunkt der Zulassung gültigen Bedingungen erfüllt werden.

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